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Wie läuft es mit dem Mindestlohn?

Vor allem kleine Unternehmen fürchteten Einbußen durch die neue Regelung. Doch die Erfahrungen sind unterschiedlich.

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© Uwe Soeder

Bautzen. Lange war er heftig umstritten. Seit Januar ist er Realität: der Mindestlohn. Acht Monate nach der Einführung wollte die SZ wissen, welche Auswirkungen die Neuerung auf Handwerksbetriebe im Landkreis Bautzen hat. Die Erfahrungen sind überraschend positiv.

Das sagt der Taxiunternehmer:

Im Wilthener Taxiunternehmen von Ronny Bansemeier hat man sich auf den Mindestlohn eingestellt. „Die ersten Monate waren problematisch. Die Fahrer mussten sich erst an die neue Situation gewöhnen“, sagt der Taxichef. Er musste aber keinen Fahrer entlassen, stattdessen ging er mit den Stunden runter. „Wir wollten erst mal schauen, wie sich alles entwickelt“, erklärt Ronny Bansemeier. Mittlerweile läuft sein Taxiunternehmen sehr gut – auch wenn die Preise fürs Taxifahren um 25 bis 30 Prozent gestiegen sind. Ronny Bansemeier will die Stunden seiner Fahrer aufgrund der guten Auftragslage ab September wieder erhöhen. „Die privaten Fahrten haben wieder zugenommen.“ Allerdings bemerkt Ronny Bansemeier einen Unterschied zu früher. „Heute fragen die Leute immer gleich am Telefon, was die Fahrt kostet.“ Zudem habe er noch Verträge mit Krankenkassen. Die machen im Unternehmen bis zu 70 Prozent aus. Einen Auftrag musste er aber wegen des Mindestlohns abgeben. „Ich mache keine Schülerbeförderung mehr, denn die Auftraggeber wollten für die Leistung nicht mehr bezahlen. Das funktioniert beim Mindestlohn aber nicht.“

Das sagt die Friseurmeisterin:

Eine besondere Regelung zum Mindestlohn gibt es bei den Friseuren. Erst ab 1. August müssen dort 8,50 Euro gezahlt werden. Friseurmeisterin Szilvia Schiffel vom Bautzener Salon Das Friseuratelier hat die Lohnkosten für ihre Mitarbeiter schon in den letzten drei Jahren schrittweise angepasst. Die Preise musste sie aufgrund des Mindestlohns ebenfalls schrittweise erhöhen. Ein Trockenhaarschnitt für Männer kostet heute 18,50 Euro. Vor drei Jahren gab es den noch für 8,50 Euro. „Die Kunden haben dafür Verständnis. Es gab keine Revolte oder so. Viele zeigen sich eher interessiert und fragen auch gezielt nach, ob das Geld dann wirklich bei meinen Mitarbeitern landet. Sie machen sich Gedanken“, sagt Szilvia Schiffel. Einen Rückgang der Kunden aufgrund der höheren Preise kann die Bautzener Friseurmeisterin nicht bestätigen. „Allerdings merken wir, dass die Abstände der Friseurbesuche größer werden.“ Den Mindestlohn findet sie aber insgesamt wichtig. „Er trägt auch zur Wertschätzung unserer Arbeit bei. Denn wir machen Menschen schöner und das schätzen die Leute heute mehr, eben weil sie auch mehr dafür bezahlen müssen“, sagt sie.

Das sagt der Bäckermeister:

Der Bautzener Bäckermeister Lutz Neumann hat in seinem Geschäft die Preise erhöhen müssen. „Überraschenderweise haben das die Kunden gut aufgenommen“, sagt das Vorstandsmitglied der Bäckerinnung Bautzen. Dabei hat die Bäckerei Neumann ihre Kunden langsam die Preissteigerungen rangeführt. Kuchen und Torten wurden nach und nach teurer. „Bei Brot und Brötchen haben wir die Preise sofort angepasst.“ So kostet ein großes Brötchen heute 50 Cent und damit fünf Cent mehr als vor der Einführung des Mindestlohns. Längst nicht alle Kunden können sich das leisten. „Es gibt einige, die kommen nur noch am Wochenende. Sie wollen sich dann etwas Gutes gönnen“, weiß Lutz Neumann. Größte Konkurrenz bleiben die Discounter. „Das ist unser Nachteil, denn dort wird in größeren Chargen eingekauft und deswegen können dort niedrigere Preise angeboten werden.“ Allerdings bietet die Bäckerei Neumann eine ganz andere Qualität. Es wird nur mit Produkten aus Sachsen gearbeitet. „Das ist die Qualität, die den Unterschied zur Industrie macht.“ Den Mindestlohn nimmt er in Kauf. „Für die Mitarbeiter ist es gut.“ (SZ/fsz)