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Wie kommt der Berliner Bär hierher?

Seit zwei Wochen steppt an der Mozartallee der Bär. Er macht das, was er soll: neugierig auf die Firma, vor deren Tür er steht.

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© Anne Hübschmann

Von Susanne Plecher

Großenhain. Das sächsische Großenhain gehört eigentlich nicht zum Habitat eines Bären. Vor allem nicht, wenn es sich dabei um einen waschechten Preußen handelt. Das war Matthias Kurrey ziemlich egal. „Ich fand die Bärchen schon immer niedlich“, sagt der erfolgreiche Unternehmer. Und: „Sie sind aus Berlin, genau wie ich.“

In der Bundeshauptstadt sind die Kunststoffpetze der Firma Buddy Bear reichlich vertreten. Seit 2001 bevölkern sie öffentliche Plätze und Hauseingänge, schmücken Firmengelände, tummeln sich in Parks. Einige Exemplare sind auf Tournee um die Welt gegangen, andere stehen in Botschaften der Bundesrepublik in Bangkok, Brasilia, Tokio oder Washington. Ein ganz Spezielles ist im Besitz der Queen. Dieser kleine Bruder des Großenhainer Bären ist aus Porzellan und bleibt einem extrem erlesenen Besucherkreis vorbehalten. Nicht so der blaue Buddy Bear, der vor zwei Wochen auf das Außengelände der Fassadenbau-BK an der Mozartallee gezogen ist. Dort ist er für alle und zu jeder Zeit gut sichtbar. Das soll er auch, denn er hat einen Auftrag. „Wir wollten damit ein Symbol für unsere Firma setzen. Die Leute sollen nachdenken, was er zu bedeuten hat“, so Matthias Kurrey.

Werbung für ein exklusives Nischenprodukt

Eine Deutung könnte sein, dass sein Berliner Bär von der Mozartallee aus nicht weniger als die Weltherrschaft anstrebt. Schließlich findet sich ein abstrahierter Globus quer über seinem Bauch, darunter die Silhouette der Röderstadt mit den charakteristischen Türmen der Marienkirche und des Rathauses. Blau sind die Farben des Unternehmens, auch die Kacheln in Erdballrundung kommen im Firmenauftritt vor. Der Bär soll für die Fassadenbauer werben, die sich mit ihrem „exklusiven Nischenprodukt“, wie Kurrey sagt, zumindest europaweit einen Namen gemacht haben. Fassaden in der speziellen Alucobondausstattung, die sich die Firma selbst auf dem ehemaligen Firmengelände der Druckerei Starke und Sachse gegönnt hat, geben privaten und öffentlichen Einrichtungen eine futuristische Außenhaut. Autohäuser gehobener Marken buchen Kurrey, in Bremen wird das Steigenberger Hotel mit den Fassadenteilen bestückt, das IT-Rathaus in München, eine Zahnradfabrik in Passau. Gelegentlich führen Aufträge die Großenhainer Monteure nach Dänemark, Österreich, Italien, England. „Eigentlich werben wir nicht, weil unser Produkt so speziell ist, dass es sich herumspricht. Aber der Bär bleibt in Erinnerung, vielleicht so lange, bis jemand unsere Hilfe einmal braucht“, meint Kurrey. Sicherheitshalber, sozusagen.

Dass sich keine direkte Werbung auf dem Bärenbauch befindet, hat aber noch einen ganz anderen Grund. Firmen- oder Markenlogos, Webadressen oder direkte Werbeaufdrucke gestattet der Bärenhersteller nämlich nicht. „Buddy Bären sind Kunstgegenstände. Sie dürfen nicht für direkte werbliche oder kommerzielle Zwecke verwendet werden“, heißt es in dessen AGBs. Wer ein Exemplar erwerben und gestalten will, verpflichtet sich vor dem Kauf dazu, dem Unternehmen einen Gestaltungsentwurf zuzuschicken. Die Buddy Bear Berlin GmbH behält sich ausdrücklich vor, Entwürfe, die ihrem künstlerischen Anspruch nicht gerecht werden, abzulehnen. Passiert das, muss man umplanen oder aber der Kauf kommt gar nicht erst zustande.

Noch keinen Namen

Diese Tippel-Tappel-Tour ist Matthias Kurrey gemeinsam mit Sebastian Bieler gegangen. Ihm hat er die Gestaltung seines zwei Meter großen „Bärchens“ anvertraut. Der diplomierte Künstler hatte vorher noch nie eine dreidimensionale Figur mit der Sprühdose bemalt. Auch das sei eine Herausforderung gewesen, nicht ganz tückenfrei. „Man muss anders herangehen als an eine zweidimensionale Gestaltung und in Blickwinkeln denken. Die Figur muss ja von allen Seiten gut aussehen“, so Bieler. Das sieht sie, wie sie so im Hof steht: spiegelglatt lackiert, die Vorderbeine tanzend nach oben gereckt, den voluminösen Hintern zur Seite geschwungen, die Knie leicht eingeknickt. Als die Berliner seinen Entwurf abgenickt hatten, wurde der Bär nach Ebersbach in die Lackierwerkstatt Wirthgen geliefert, wo Bieler alle seine Lackarbeiten vornimmt. Weil der Graffitilack auf dem glasfaserverstärkten Kunststoff eher matt und kraftlos gewirkt hätte, hat Bieler ihn mehrfach geschliffen und mit Autoklarlack behandelt. „Dadurch bekommt die Farbe richtige Tiefe und sieht einfach knackig aus“, sagt er.

Einen Namen hat Kurreys Bär noch nicht. Er will eine interne Abstimmung anleiern, um das zu ändern. Außerdem soll der tanzende Dicke nicht das einzige „Bärchen“ bleiben. Ein kleiner Bär wird demnächst durch das Foyer tanzen. „Ich fühle mich hier wohl“, sagt Kurrey, der vor 21 Jahren nach Sachsen gezogen ist. Seine Bären könnten dabei helfen, dass es so bleibt.