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Wie gute Krimis gehen

Astrid Völker pendelt zwischen Görlitz und Berlin. Sie ist Filmdramaturgin und hat eine klare Meinung zu „Wolfsland“.

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© Pawel Sosnowski

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Es kommen ja nur noch Krimis im Fernsehen. Astrid Völker rollt zwar leicht mit den Augen, als sie das sagt, aber sie lacht auch. Für die Zuschauer ist das schön, offenbar wollen das viele sehen. Und für sie als Dramaturgin erst recht, denn sie weiß vor den meisten anderen, was im Drehbuch eines Krimis steht. Astrid Völker liest Drehbücher und analysiert sie, verbessert sie gegebenenfalls. „Bis ein Stoff umgesetzt wird, vergeht normalerweise viel Zeit, dass es mehrere Fassungen eines Drehbuchs gibt, ist normal“, sagt die 52-Jährige, die seit zehn Jahren mit dem Görlitzer Heilpraktiker Thomas Knechtel verheiratet ist, des Jobs wegen aber nach wie vor zwischen Berlin und Görlitz pendelt.

Gerade erst lief erneut ein Krimi in der ARD, an dem sie ihren Anteil hat: „Der Tel-Aviv-Krimi“ – eine ganz neue Reihe. Astrid Völker schaut genau hin, wie die Handlung aufgebaut ist, ob der Stoff zum Ermittlerteam passt, ob die Hauptfiguren genug Raum haben, sich entwickeln zu können. Ob „Unter anderen Umständen“, „Helen Dorn“, „Neben der Spur“ oder „Nachtschicht“ – bei allen Drehbüchern hat oder hatte sie ihr Auge drauf. Bei der Görlitzer Krimireihe „Wolfsland“ zwar nicht, aber angeschaut hat sie sich die bislang zwei gelaufenen Teile als halbe Görlitzerin natürlich mit größtem Interesse. „Zunächst mal freue ich mich bei ‚Wolfsland‘, dass diese großartige Filmstadt genutzt wird, und zwar nicht nur als Kulisse“, sagt sie. Man merke den bisherigen Teilen deutlich an, dass sich Drehbuchautoren und Produktionsfirma mit der Stadt wirklich befasst haben. Da spielt die Sage vom Klötzelmönch eine Rolle, da heißt ein Kollege Jakob Böhme, solche Dinge. „Und sie versuchen, mit aus der Atmosphäre zu schöpfen, die in der Stadt herrscht, das wird gekonnt in die Handlung mit eingesponnen.“ Wäre sie hier am Drehbuchprozess beteiligt, würde sie wahrscheinlich noch etwas an den Hauptfiguren Butsch und Delbrück feilen. „Das Ermittlerduo müsste nicht ganz so auf Kontrast sein, aber das entspannt sich vielleicht in den nächsten Teilen.“

Ihren professionellen Blick wird sie selbst an neutralen Fernsehabenden mit ihrem Mann nicht los. Einfach so Krimi schauen – geht nicht. Es wird immer analysiert und Gespräche mit Ehemann Thomas Knechtel auf Augenhöhe zum Filmstoff gibt’s oft. Diesen analytischen Blick bei Filmen hatte Astrid Völker nicht immer. Zunächst war das Theater ihre berufliche Bühne. Von der Kindheit verbrachte sie die meiste Zeit in der Pfalz, in Gießen studierte sie später angewandte Theaterwissenschaften, ging als Diplom-Theaterwissenschaftlerin nach Berlin. Hier machte sie neun Jahre lang freiberuflich Theater – und zwar von der Organisation bis zur Umsetzung, wirkte bei Körper- und Tanztheater auch auf der Bühne mit.

Um die Jahrtausendwende absolvierte sie erste Praktika beim Fernsehen und ist heute sehr froh darüber, inzwischen vor allem in der sogenannten Primetime, also ab 20.15 Uhr, Filme betreuen zu können. Das sei für eine Freiberuflerin wie sie einfach ein sichereres Pflaster als der Kino-Markt.

Wie viele Drehbücher sie im Jahr liest, sie kann es nicht sagen. Vielleicht 30, vielleicht 50. Es spielen auch andere Dinge eine Rolle, Drehbuchautoren, die direkt anrufen und um Rat bitten zum Beispiel. Ist ein Film erst im Dreh, hat sie nichts mehr damit zu tun. „Ich sehe dann erst das fertige Werk im Fernsehen, bin manchmal verblüfft, was alles noch geändert wurde, manchmal aber auch nur begeistert.“

Doch Film ist nicht alles in Astrid Völkers Leben. Meditation und innere Einkehr spielt ebenso eine wichtige Rolle. Seit 20 Jahren meditiert sie – auf ganz besondere Weise. Lichtmeditation nennt sich das und Astrid Völker beschreibt es als Reise durch alle Körperzellen, die man sich je nach Stimmung in einer bestimmten Farbe vorstellt. Das könne befreiend, tröstend, inspirierend sein. Seit drei Jahren gibt sie in Görlitz auch Kurse in Meditation. Manchmal zusammen mit der Malerin Christine Mann, bei der man etwa heilsames intuitives Malen lernen kann. Im Alltag loslassen können ist ihr wichtig.

Ins Filmgeschäft zurückzukommen aber auch, denn dass sie ihren Job mit Leidenschaft macht, merkt man deutlich. Für Görliwood sieht sie großes Potenzial, das die Stadt ruhig noch mehr nutzen sollte – vor allem in der Vermarktung. „Es gab hier inzwischen so viele große Produktionen, dass es wichtig und richtig ist, damit zu werben“, findet sie. Den Filmort als Entdeckungsreise anbieten, Leute beispielsweise per App an Kulissen führen, das fände sie schön für Görlitz. „Ich glaube, dass es dafür vor allem junge Leute braucht, die Ideen haben. Hier gibt es den Studiengang Kultur und Management – warum sollten junge Menschen nicht auch eine kleine Produktionsfirma gründen und Dienstleistungen für die Filmteams anbieten?“ Dass diese hier weiter präsent sein werden, davon ist Astrid Völker als eine, die selbst aus der Branche kommt, überzeugt.

„Farbe: malen und meditieren – ein Tages-Workshop zum Kraftschöpfen“: am 27. Januar von 10 bis 18 Uhr mit Astrid Völker und Christine Mann im Atelier über dem Café Kugel.

Anmeldung: [email protected]