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Wie es um Pirnas Laubenpieper steht

Überalterte Pächter, Leerstand, neuer Nachwuchs – die Kleingartenwelt ist im Umbruch. Werden alle Sparten bleiben?

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© Sebastian Schultz

Von Thomas Möckel

Pirna. Viele Gartenvereine in Pirna standen jahrelang vor einem Problem: Es gab zwar ausreichend Gärten, aber immer weniger, die sich dafür interessierten. Gärten standen leer, Vereine suchten händeringend Nachwuchs – bis auf einmal selbst gezogene Möhrchen und die Ackerscholle mit Laube drauf bei jungen Menschen plötzlich wieder in wurden. Das Ergebnis: Die Kleingartenwelt ist gewaltig im Umbruch. Um Angebot und Nachfrage für die kommenden Jahre zu sondieren und zu lenken, schreibt Pirna jetzt den Kleingartenentwicklungsplan fort. Die SZ fasst wichtige Punkte des Papiers zusammen.

Warum schreibt Pirna das Kleingarten-Konzept jetzt fort?

Das ursprüngliche Kleingartenentwicklungskonzept stammt aus dem Jahr 1996. Ziel dessen: Pirna wollte sämtliche Standorte von Kleingartenanlagen in einen einheitlichen Plan aufnehmen und sie mit städtebaulichen Entwicklungszielen abgleichen. Oberste Priorität: Kleingärten sollten erhalten und gefördert werden. Die Eingemeindung von Graupa und Birkwitz-Pratzschwitz, die demografische Entwicklung, ein verändertes Freizeitverhalten, neue gesetzliche Anforderungen an den Umweltschutz sowie die Flutereignisse erfordern nun, das 20 Jahre alte Papier aktuellen und künftigen Gegebenheiten anzupassen.

Wie ist es um Pirnas Kleingartenlandschaft bestellt?

Das Gebiet der Verwaltungsgemeinschaft Pirna verfügt über einen reichen Bestand an Kleingärten. Nach Auskunft der Stadt gehören zu den Grünflächen 111 Hektar Kleingartenland. Hier werden in 62 Gartenvereinen 2 927 Gärten bewirtschaftet. Das organisierte Kleingartenwesen hat in Pirna bereits eine lange Tradition. Der älteste Kleingartenverein feierte 2012 sein 100-jähriges Bestehen.

Wie sieht es mit der Altersstruktur der Pächter aus?

Das neue Papier kommt zu dem Fazit: Die Kleingartenvereine gelten grundsätzlich als deutlich überaltert. 46 Prozent der Pächter sind über 65 Jahre alt. Für die nächsten fünf bis 15 Jahre wird daher ein umfassender Generationenwechsel in den Vereinen prognostiziert, da ein Großteil der Pächter ihre Gärten altersbedingt aufgeben wird. Das Durchschnittsalter der Pirnaer Gartenpächter liegt derzeit bei 48 Jahren.

Wie viele Gärten in den Sparten stehen leer?

Von den in Pirna gelisteten Kleingärten stehen 85 Parzellen leer, damit beträgt der durchschnittliche prozentuale Leerstand 2,9 Prozent. Damit liegt Pirna weit unter dem sächsischen Durchschnitt von 5,6 Prozent. Laut des Entwicklungskonzeptes entsprechen Leerstandsquoten unter fünf Prozent weitgehend der normalen Fluktuation und können als unproblematisch angesehen werden. Von 62 Vereinen in Pirna verzeichnen 48 keinen oder nur geringen Leerstand. Höhere Leerstände von über fünf bis zehn Prozent bestehen in zehn Vereinen. Lediglich vier Vereine weisen einen problematischen Leerstand von über zehn bis 20 Prozent auf. Bei zwei von ihnen entsteht die hohe Leerstandsquote aufgrund der wenigen von Parzellen im Verein, da hier einzelne leer stehende Gärten stärker ins Gewicht fallen. Betroffen sind die Vereine „Zur Schwertkiefer“ mit 28 sowie „Weiße Taube“ mit fünf Parzellen.

Wie groß ist der Bedarf an Kleingärten in den kommenden Jahren?

Bleibt die Nachfrage nach Kleingärten so wie bisher, ist laut des Konzepts bis 2030 nicht mit einem massiven Leerstand zu rechnen. Entstehende Lücken können aufgrund des einsetzenden Generationenwechsels vermutlich gut geschlossen werden. 2030 wird es vermutlich nur rund 100 Gärten mehr geben als benötigt.

Haben sämtliche Gärten in Pirna auch künftig Bestand?

Das Entwicklungskonzept kommt zu dem Schluss: grundsätzlich ja. Ziel der Stadt ist es, eine bedarfsgerechte Anzahl an Kleingärten zu erhalten und zu entwickeln. 92 der Pirnaer Kleingartenflächen liegen auf kommunalen Grundstücken und sind im Flächennutzungsplan mit der Bestimmung „Dauerkleingarten“ dargestellt und damit sowohl planerisch als auch rechtlich gesichert. Bei Gartenanlagen auf Privatgrund soll je nach Bedarf geprüft werden, dass sie nicht durch konkurrierende Planungen gefährdet werden. Darüber hinaus ist geplant, bestehende Kleingarten-Standorte attraktiver zu gestalten. So haben beispielsweise die Sparten “Am Flugplatz“, „Gartenfreude“, „Fortschritt“ oder „Am Mädelgraben“ Potenzial, an das städtische Radwegenetz angebunden zu werden.

Werden dennoch Gärten in Zukunft verschwinden?

Pirna will mit dem Konzept auch sogenannte Nutzungskonflikte abbauen. Solche bestehen beispielsweise, wenn Gärten in festgesetzten Überschwemmungsgebieten liegen. So sollten Sparten, die komplett im Überflutungsgebiet liegen, langfristig verlagert werden – allerdings nur, wenn sich zunehmend Leerstand einstellt. Das betrifft beispielsweise Vereine nahe der Elbe, der Seidewitz sowie der Gottleuba. Sind nur Teilflächen vom Hochwasser gefährdet, könnten leer stehende Parzellen teilweise rückgebaut werden. Und weil Gewässerrandstreifen von mindestens zehn Metern außerorts und fünf Meter innerorts künftig freigehalten werden sollen, muss in den Sparten „Zuschendorf 1919“ und „Seidewitzaue“ langfristig die Zahl der Parzellen um etwa 13 reduziert werden.