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Wie eine Wundertüte

400 Gespräche sind für das 5.  Job-Speed-Dating angemeldet. Ein Erfolgsmodell, das immer mehr Firmen gern nutzen.

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© nikolaischmidt.de

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Daniel Sernow ist permanent auf der Suche nach guten Leuten. Der Personalchef von SQS Görlitz hat schon einige auf ganz moderne Art und Weise finden können. Per Job-Speed-Dating. Unternehmer und Bewerber sitzen sich nur wenige Minuten gegenüber, beschnuppern sich gegenseitig und gehen in den meisten Fällen schon mit dem Gefühl auseinander: Das ist genau der richtige oder da stimmen unsere Vorstellungen ganz und gar nicht überein.

Der Softwaretester SQS ist eines der Unternehmen, die bisher bei allen von der städtischen Wirtschaftsförderung organisierten Speed-Datings dabei waren. Mit wachsender Begeisterung und Erfolgsquoten. „Wir hatten immer tolle, interessante Bewerber, die auf uns zugekommen sind. Außerdem schätzen wir die persönliche Ebene.“ Im Schnitt seien nach jeder dieser Veranstaltungen zwei Leute eingestellt worden. Beim letzten Speed-Dating, das am Rande des Altstadtfestes stattfand, ist der Rumäne Sergiu Brinza gekommen, hat sich vorgestellt und wurde genommen.

Doch Daniel Sernow sucht weitere Leute. 2017 sollen wieder um die 50 Mitarbeiter eingestellt werden. Sie werden alle möglichen Computerprogramme zu testen haben: für Küchengeräte, für Auto-Navis, für Bankenprogramme. Deshalb freut sich das Unternehmen auch über Quereinsteiger, Banker zum Beispiel. Wichtig sei natürlich IT-Erfahrung.

Erstmals steigt beim Job-Speed-Dating der Handel ein. Mehrere Unternehmen suchen Mitarbeiter bzw. Unternehmensnachfolger wie im Fall von Angelika Dedeleit, die das Bekleidungshaus Goldmann auf der Berliner Straße leitet und Heidrun Lange von der Schuhlounge in der Straßburgpassage. „Wir wollen uns langfristig schon mal umhören, was die jungen Leute so für Vorstellungen haben in puncto Unternehmensnachfolge“, sagt Angelika Dedeleit. Außerdem sucht ein holländisches Unternehmen, das in Rauschwalde einen Markt im Niedrigpreissektor eröffnen will, 20 Mitarbeiter. Zum ersten Mal ist auch die Sächsische Zeitung Görlitz dabei, die Mitarbeiter für den Verlag sucht, etwa Zeitungszusteller oder Standwerber.

Und so sind die Absichten der 25 teilnehmenden Unternehmen genauso bunt wie die Erwartungen der Bewerber. Weit über 100 haben sich angemeldet, darunter Interessenten, die schon länger arbeitslos ist ebenso wie Leute, die einen Job haben, sich aber neu orientieren wollen. Auch Rückkehrwillige halten ihre Augen und Ohren bei solchen Jobbörsen immer offen.

Für die Europastadt Görlitz-Zgorzelec Gmbh (EGZ) als städtische Wirtschaftsförderung jedenfalls ist das Job-Speed-Dating eine Erfolgsgeschichte. Was die EGZ klein und ruhig im Wichernhaus begann, wird immer größer und eben auch lauter. Immerhin 400 Gespräche sind für Dienstag schon eingetaktet. Damit die jeweils acht Minuten dennoch in halbwegs ruhiger Atmosphäre stattfinden können, war dringend ein größerer Raum nötig, sagt Eva Wittig von der EGZ. Daher zur 5. Jobbörse nun der Umzug ins Berufsschulzentrum. Zurück geht die Idee der Kurzvorstellungen auf eine der Umfragen, die die EGZ unter Görlitzer Firmen regelmäßig macht. „Da wurde immer wieder Fachkräfte als Thema genannt, deswegen wir sind da sehr aktiv“, so Eva Wittig. Dass sich inzwischen immer mehr Mittelständler und Händler melden, spricht für den Erfolg. „Die Unternehmer finden das selbst ganz spannend.“ Für sie sei es wie eine Wundertüte: Sie wüssten nie, wer kommt, und hätten schon viele Überraschungen erlebt.