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„Wie eine Operation am offenen Herzen“

Rektor Dr. Harald Kogel erklärt, wie sich die Polizeihochschule Rothenburg auf die Erweiterung vorbereitet.

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© André Schulze

Eigentlich sollten sich auf dem Gelände der Polizeihochschule schon die Baukräne drehen. Doch zu sehen ist bisher außer ein paar Aktivitäten auf dem Parkplatz nichts. Wie ist der aktuelle Stand?

Es stimmt, wir wären auch gern schon weiter. Mit ziemlich großer Sicherheit können wir jetzt aber sagen, dass es 2019 losgehen wird. Im Moment stehen alle Ampeln auf Grün. Unser Projekt ist in der sächsischen Haushaltsplanung berücksichtigt worden, auch der Raumbedarf wurde anerkannt. Wir konnten uns mit allen uns wichtigen Wünschen durchsetzen. Aktuell befinden wir uns im Genehmigungsverfahren. Die Entscheidungsunterlagen werden beim Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) sowie im Finanzministerium geprüft. Gibt es von dort grünes Licht, beginnt die scharfe Planungsphase. Was Sie auf dem Parkplatz gesehen haben, sind die Vorarbeiten für ein Containerdorf, in dem wir während der Bauphase die Seminar- und Kursräume unterbringen wollen. Ähnliches entsteht in Kürze auch neben der Oberschule. Dort wird dann für Studenten und Schüler gekocht und das Essen ausgereicht.

Bevor Sie nicht über alle Erweiterungsflächen verfügen, kann nichts gebaut werden. Wie sieht es momentan aus?

Wir werden unsere Nutzfläche in den kommenden Jahren mehr als verdoppeln. Ich weiß, dass sich die Verkaufsverhandlungen mit der Stadt über das Gelände, auf dem jetzt das Bürgerzentrum und die Oberschulgebäude stehen, aber auch über den Sportplatz, auf einem guten Weg befinden. Da wird es eine Einigung geben. Ich verstehe die Stadt natürlich, dass sie mit einem möglichst positiven Ergebnis aus den Verhandlungen herausgehen will. Denn auch der Neubau der Oberschule und das neue Bürgerzentrum kosten viel Geld. Fest steht: Unsere Hochschule kann erst expandieren, wenn wir das Band zur Eröffnung dieser Gebäude durchschnitten haben. Ziel für die Inbetriebnahme unserer Erweiterungsbauten bleibt nach wie vor 2021.

Wo wird man zuerst Bauaktivitäten beobachten können?

Ganz klar auf dem Areal des jetzigen Bürgerzentrums. Es wird komplett abgerissen. An seiner Stelle entstehen ein Handlungs- und Trainingszentrum, inklusive einer Raumschießanlage und Unterkünfte. Denn die bisherigen Möglichkeiten auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz und dem Schießplatz in Steinbach sind doch sehr eingeschränkt.

Wie bereitet sich die Hochschule auf die Veränderungen vor?

Es ist wie eine Operation am offenen Herzen. Wir hätten ja lieber die Südvariante gesehen, mit der Erweiterung in Richtung Gewerbegebiet. Aber jetzt nehmen wir die Situation, wie sie eben ist, müssen Bauen und Lehren unter einen Hut bringen. Mit dem Unterricht ziehen wir in Container, von denen die ersten im August nutzbar sein sollen. Wenn wir die Unterkunftsgebäude sanieren, wohnen einige der Studenten in der Stadt. Wir müssen Wohnungen anmieten, um bis zu 380 Studenten vorübergehend unterbringen zu können.

Hält der Lehrkörper mit der Entwicklung der Studentenzahlen mit?

Vor 20 Jahren hatten wir 120 Studenten pro Jahrgang, jetzt sind es 225. Wir haben also permanent rund 450 Studenten am Standort Rothenburg, die natürlich unterrichtet werden wollen. Es ist aber nicht ganz leicht, Lehrkräfte zu gewinnen. Man muss die Ruhe und Abgeschiedenheit schon mögen. Denn wir suchen ja nicht allein nach geeigneten Kräften. In allen Bundesländern und auch beim Bund, gehen die Einstellungszahlen nach oben. Überall werden Dozenten gebraucht. Wir können weder mit höheren Gehaltsgruppen locken, noch mit Dienstwohnungen. Das Innenministerium hat die angespannte Situation aber erkannt und spricht gezielt höhere Dienstgrade an, um sie für die Ausbildung zu gewinnen.

Wie schwer wiegt vor diesem Hintergrund der bevorstehende Abschied des Verkehrsrechtlers Dieter Müller?

Für unsere Hochschule ist das natürlich ein fachlicher Verlust. Aber es ist seine persönliche Entscheidung. Wir haben es momentan generell mit einem Generationswechsel zu tun. Mehrere „Urgesteine“ werden bald altersbedingt ausscheiden. Mit Marcel Schöne, Tom Thieme und Henning Schwier konnten wir für die Fachgebiete Kriminologie, politische Bildung und Recht schon drei neue Professoren gewinnen. Die junge Generation soll perspektivisch auch die Forschung intensivieren.

SZ-Gespräch: Frank-Uwe Michel