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Wie ein Nieskyer in Äthiopien hilft

Christoph Schmidt arbeitete sieben Jahre in einer Förderschule in Addis Abeba. Im März kehrt er dahin zurück.

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© privat

Von Steffen Gerhardt

In gut zwei Wochen wird Christoph Schmidt seine Nieskyer Praxis für Ergotherapie verlassen, um für zweieinhalb Wochen anderen Menschen zu helfen. Jungen Äthiopiern, die in Addis Abeba in einem Zentrum für geistig behinderte Kinder betreut werden. Für den Nieskyer ist diese evangelische Einrichtung sehr vertraut, dort leistete er von 2003 bis 2010 seine Arbeit als Entwicklungshelfer.

Was ihn nun wieder in das afrikanische Land führt, erklärt er selbst: „Über Spendengelder konnten wir eine Backmaschine für Hostien, wie sie beim Abendmahl in Kirchen verwendet werden, kaufen. Diese ist seit dem 7. Februar in Addis Abeba und wartet darauf, in Betrieb genommen zu werden. Dafür werden wir im März sorgen.“ Mit wir meint Christoph Schmidt neben seiner Person den Elektriker Thomas Hillmann, der das Gerät an das Stromnetz anschließt und die Maschine zum Backen bringt. „Ein Anschluss vom Fachmann ist notwendig, um Sicherheit zu haben, damit das Stromnetz nicht überlastet wird“, betont Schmidt.

In den evangelischen Kirchen Äthiopiens besteht ein großer Bedarf nach diesen Hostien, berichtet Christoph Schmidt. Die Nachfrage ist größer als das Angebot. Diesen Mangel zu verringern, dafür will das Center for Mentally Challenged Children (CMCC) mit seiner eigenen Produktion sorgen. Zu dem Backautomaten gehört noch ein Ausschneidegerät für den Teig, das gleich mit angeschafft wurde. Bedient werden beide Geräte von ehemaligen Schülern der Einrichtung. Sie haben dadurch einen festen Arbeitsplatz. Eine Seltenheit für Menschen mit Behinderung. Die Einnahmen aus dem Hostien-Verkauf kommen dem Zentrum zugute.

Christoph Schmidt freut sich schon auf das Wiedersehen mit dem Personal und den Schülern, nachdem er im vergangenen Jahr mit seiner Familie während einer Urlaubsreise dort war. Bereits da konnte er feststellen, dass sich das Zentrum weiterentwickelt hat. Es bietet ein Frühförderprogramm und physiotherapeutische Hilfe an. Die Vorschule besuchen derzeit 24 Kinder, am Schulprogramm nehmen 167 Kinder teil und eine handwerkliche Ausbildung absolvieren 45 Jugendliche. „In Äthiopien ist so eine Einrichtung noch die Ausnahme“, sagt Schmidt. Oft werden behinderte Menschen von ihren Familien verstoßen und müssen sich allein durchs Leben schlagen. „Seit vielen Jahren wird nun schon diese Hilfe angenommen und Familien bringen ihre Kinder zu uns“. Dass es diese Einrichtung gibt, ist Doris Bornhäuser zu verdanken. Die in Reutlingen-Betzingen lebende ehemalige Sonderschulpädagogin leitet den bundesweiten Förderverein Behindertenhilfe für Äthiopien. Dieser unterstützt mit Spendengeldern das 1986 gegründete Zentrum für geistig behinderte Kinder in Äthiopiens Hauptstadt. Mit acht Kindern wurde begonnen, heute sind es 376 Kinder und Jugendliche, die aus armen Familien stammen.

Christoph Schmidt fand zu diesem Hilfsprojekt, als er sich als Entwicklungshelfer beim Evangelischen Entwicklungsdienst bewarb. Dieser sucht zur zeitlich befristeten Mitarbeit berufserfahrene Fachkräfte in verschiedenen Projekten und Programmen örtlicher Träger. Bereits 2002 hatte sich Christoph Schmidt dafür beworben, nachdem seine Stelle als Tischler gestrichen wurde. „Ich musste mir etwas Neues suchen und bin dabei auf eine Anzeige gestoßen, in der Entwicklungshelfer gesucht werden. Dadurch bin ich für sieben Jahre in Addis Abeba gelandet“, erzählt der Tischlermeister.

Diese Entscheidung hatte Auswirkungen auf seine Familie. Um Englisch zu lernen, eine Amtssprache in Äthiopien, verbrachte die Familie zwei Monate im englischen Birmingham. Christoph Schmidt unterzog sich zudem einem dreimonatigen intensiven Sprachkurs, bevor es mit Frau, Sohn und Tochter nach Addis Abeba ging. Ursprünglich waren drei Jahre dafür eingeplant. Daraus wurden sieben und auch danach hat der Nieskyer diese Einrichtung nicht mehr losgelassen.

„Wir haben neben den Schul- und Förderprogrammen auch eine kleine Landwirtschaft aufgebaut, einschließlich einer Milchkuhhaltung. Gleichfalls erzeugen wir unsere Energie über eine Biogasanlage selbst. Der Strom aus Stallgülle reicht aus, um täglich 150 Mittagessen zu kochen“, zählt Christoph Schmidt auf. Aber nicht nur Christoph Schmidt leistet Hilfe. Auch der Nieskyer Eine-Welt-Laden unterstützt das Projekt. So wurde aus den Einnahmen des Ladens eine einheimische Arbeitskraft bezahlt, die in der Einrichtung als Tischler tätig war. „Ohne diese Unterstützung hätte Daniel nie einen Beruf ergreifen können, und er machte diesen Job gut“, nennt Christoph Schmidt einen der vielen Erfolge. Zusammen mit seiner Frau Brita führt er seit 2014 in Niesky die gemeinsame Praxis für Ergotherapie.