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Wie ein kleiner Verein sein großes Treffen stemmt

In Kemnitz werden über 400 Traktoren erwartet. Für die Treckerfreunde ist dieses Jahr eine besondere Herausforderung.

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Von Steffen Gerhardt

Es ist bereits 18 Uhr, als der Lkw mit dem in alle Einzelteile zerlegten Festzelt auf dem Reitplatz in Kemnitz eintrifft. „Das wird noch ein langer Abend heute“, tönt es aus der Reihe der Wartenden. Denn sie haben sich am Dienstag eingefunden, um das Zelt aufzustellen und für die Gastronomie bezugsfertig zu machen. Diese Verzögerung ist nicht eingeplant gewesen, aber so ist es manchmal, wenn das Zelt mit Verspätung vom Vorbesitzer an den Verleiher zurückgegeben wird. Aber mit vereinter Muskelkraft von zwei Dutzend Helfern steht das Zelt vor Einbruch der Dunkelheit.

„Geschafft!“, sagen sich die Kemnitzer Treckerfreunde und ihre Helfer an diesem Abend. Einer, der immer mit anpackt, ist Günter Schwager. Das Traktorentreffen ist für ihn eine Herzensangelegenheit, sagt der Kemnitzer beim Halten der Zeltstangen, als sie mit Spanndraht gesichert werden. Das fünfte Jahr ist er als helfende Hand dabei. Baut mit auf und nach dem Treffen auch wieder mit ab. „Solange ich rüstig bin, helfe ich gern dem Verein“, sagt der 76-Jährige und greift sich die nächste Zeltstange. Dem Verein beizutreten, das möchte der Senior aber nicht.

Die Treckerfreunde sind dankbar für jede helfende Hand, sagt Vereinssprecher Wolfgang Eichler. „Am Wochenende haben wir hier rund 100 Helfer im Einsatz, die mit unserem Verein die Veranstaltung absichern.“ Denn die Treckerfreunde sind nur 25 in der Zahl, die sich in ihrem Verein organisiert haben. Eine über die Jahre konstante Größe, die Wolfgang Eichler gern weiter steigen sehen würde. „Von Mitte zwanzig bis Ende achtzig bewegt sich das Alter unserer Vereinsmitglieder“, sagt er. Klar, dass die „Alten“ irgendwann nicht mehr im Verein sein können und wollen. Bisher haben sich die Ab- und Zugänge immer die Waage gehalten.

„Dennoch liegt uns daran, junge Leute für alte Landtechnik zu begeistern – und wenn es für kleine Fahrzeuge ist“, sagt Wolfgang Eichler. Er spielt damit auf das Siku-Treffen an, bei dem Kinder und Jugendliche die Fahrzeuge dieses deutschen Spielzeugherstellers sammeln, tauschen und kaufen können. Nach dem Erfolg des Vorjahres veranstalten die Kemnitzer am 18. und 19. November das zweite Ostsächsische Siku- und Modellbautreffen im eigenen Traktorenmuseum.

Apropos Museum, das wird an diesem Wochenende einige leere Standplätze haben. Denn einige Traktoren sind in diesem Jahr wieder mit beim großen Korso vertreten. Dabei haben die Treckerfreunde in diesem Jahr eine besondere Herausforderung zu meistern. Sie heißt Umleitung. Denn die Hauptstraße im Oberdorf ist gesperrt, und der parallel führende Schleichweg ist für große Fahrzeuge nicht vorgesehen. „Wir haben die Genehmigung, dass die Traktoren und Gespanne über die Umleitung fahren dürfen. Die Teilnehmer wurden von uns vorab darüber informiert“, erklärt Vereinsvorsitzender Jens Fischer. Also dürfte es am Freitag, wenn der Großteil der Traktoren anreist, zwar etwas eng auf der Umleitungsstrecke werden, aber dadurch bleibt den Gästen der weite Umweg nach Kemnitz erspart.

Mit der Umleitung tat sich aber für die Treckerfreunde noch ein zweites Problem auf: der Traktorkorso am Sonntagvormittag. Denn bisher, so Wolfgang Eichler, führte dieser quer durch den Ort. Das ist während des Brückenbaus im Mitteldorf nicht mehr möglich. „Also haben wir uns entschlossen, die Ausfahrt nach Bernstadt auf den Markt zu machen und dort die Erdachse einmal zu umfahren.“ Auch dafür brauchten die Kemnitzer wieder eine Genehmigung. Denn wenn der Pulk Traktoren den kurvenreichen und steilen Anstieg nach Bernstadt hoch tuckert, ist für den übrigen Verkehr kein Platz mehr. Daher ist die Straße von Kemnitz nach Bernstadt am Sonntag von 9 Uhr bis Mittag voll gesperrt, um den Traktoren freie Bahn zu lassen.

Das Einholen von Genehmigungen gehört ebenfalls dazu, wie das Anschreiben von Ausstellern. Denn die Treckerfreunde widmen ihr Treffen immer einem speziellen Thema. „In diesem Jahr ist es die Holzbearbeitung. Da wollen wir zeigen, wie früher und heute Holz verarbeitet wurde und wird“, erzählt Wolfgang Eichler. Mit der Axt angefangen bis zur mobilen Sägemaschine wird einiges am Sonntagnachmittag zu sehen und zu erleben sein.

Ein weiterer wichtiger Programmpunkt ist die Weltmeisterschaft im „Steinwalze ziehen“, die zum elften Mal ausgetragen wird. Der Verein erwartet wieder rund 80 Teilnehmer in verschiedenen Leistungsklassen. Die Treckerfreunde stellen die Kampfrichter selbst, schließlich war es ihre Idee, Schlepper eine Steinwalze über einen Sandberg ziehen zu lassen. Auch wenn es inzwischen einige Nachahmer gibt.

Damit sind längst noch nicht alle Punkte auf der Organisationsliste abgearbeitet. Toilettenwagen sind aufzustellen, ein Sicherheitsdienst zu verpflichten, der auch nachts seine Runde dreht, bis hin zur gastronomischen Versorgung. Denn die wird selbst gemacht – von den Vereinsfrauen und zahlreichen Helfern. Früh, 6 Uhr, geht es mit dem Frühstückmachen los. Das Zelt dafür steht bereits, aufgebaut unter Anleitung des eigenen Richtmeisters und Vereinschefs Jens Fischer. Am Dienstag ist er in dieser Funktion wieder gefragt, denn dann muss das Zelt abgebaut sein, damit am Mittwoch die Reiter wieder trainieren können. Bis zum nächsten August.