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Wie der Wind weht

Frank Bündig gehörte vor 20 Jahren zu den Windkraftpionieren. Damals war viel Enthusiasmus dabei – und auch ein bisschen Naivität.

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© André Braun

Von Jens Hoyer

Waldheim. Die erste Windkraftanlage, die Frank Bündig gebaut hat, dreht sich immer noch. Sie steht seit 20 Jahren auf der Höhe bei Eichhardt und wird wohl laufen, bis sich eine Reparatur nicht mehr lohnt. Eine neue darf an dieser Stelle nicht mehr gebaut werden, sagte Bündig. Damit steht diese „Windmühle“ als Beispiel für die Veränderungen, die der Windkraftexperte in den vergangenen zwei Jahrzehnten mitgemacht hat – auf technischem und rechtlichem Gebiet. 55 Windkraftanlagen hat die Firma Energieanlagen Frank Bündig seitdem errichtet. Der Waldheimer ist sozusagen ein Pionier der alternativen Stromerzeugung, die damals noch ganz in den Anfängen steckte. „Das war ein Gebiet, wo uns die Wessis mal nichts vormachen konnten“, meint er.

Die Genehmigungsunterlagen für den Bau der Windkraftanlage in Eichhardt passten noch in ein paar dünne Hefter. „Die Anträge waren die gleichen wie für einen Garagenbau“, sagt Bündig. Heute nehmen die umfangreichen Untersuchungen für das Genehmigungsverfahren 20 dicke Ordner ein. Wenn es früher zur Genehmigung nach dem Baugesetzbuch vielleicht ein halbes Jahr brauchte, werden für so ein Projekt heute Entwicklungszeiten von zwei bis drei Jahren benötigt. „Da sitzen viele Ingenieure dran“, so Bündig. Einige davon arbeiten in seiner Firma. Bündig hatte allein angefangen, heute beschäftigt er 15 Mitarbeiter.

In das Geschäft ist er vor mehr als 20 Jahren mehr oder weniger hineingerutscht. Anfang der 90er Jahre war ein Windpark im Erzgebirge errichtet worden. Bündig sah sich das an – und war fasziniert. Damals sei viel Idealismus dabei gewesen, sagte Bündig. „Die Überlegung, damit Geld zu verdienen, kam erst später. Bei diesem Arbeitsaufwand ging es nicht mehr, alles nebenbei zu machen.“ Er interessierte sich für die alternative Stromerzeugung, hatte dabei geholfen, die Wasserkraftanlage eines Bekannten wieder in Schwung zu bringen. Dann bekam er das Angebot, die erste Windkraftanlage zu entwickeln. „Die Anlage in Eichhardt war am Anfang als wesentlich kleinere Anlage und für die Eigenversorgung gedacht“, sagt Bündig. Dann wurde es eine der größten, die damals auf dem Markt war – eine Anlage mit 600 Kilowatt Leistung.

„Wir sind ziemlich naiv an die Sache rangegangen“, gibt Bündig zu. Es sei ihnen damals erst gar nicht in den Sinn gekommen, ob sie denn überhaupt Strom erzeugen dürfen. Das war damals nämlich noch ein Privileg der großen Versorger. Es wurde eine Ausnahmegenehmigung gebraucht, um Strom zu produzieren und einzuspeisen, sagt Bündig. Am Anfang hätten die Stromkonzerne den neuen Trend nicht ernst genommen, später habe man in den alternativen Energieerzeugern Konkurrenten gesehen. „Die Energieversorger wollten das nicht.“

Auch das ist Geschichte: Einige Jahre später kam das Erneuerbare Energien Gesetz, das mittlerweile schon wieder ein paarmal angepasst wurde. Heute wird die Einspeiseleistung unter den Betreibern ausgeschrieben. „Neuanlagen, die nicht wirtschaftlich sind, dürfen nicht gebaut werden“, sagt Bündig.

Vor einigen Jahren hatte Bündig eine Anlage mit drei Megawatt Leistung im nahen Erlau gebaut, die damals größte Sachsens. „Die Anlage war ganz neu auf dem Markt“, so Bündig. Übertroffen wird sie von einer Anlage in Streumen bei Zeithain, die Bündigs Büro gerade entwickelt: Leistung 3,45 Megawatt, Nabenhöhe 120 Meter, 126 Meter Rotordurchmesser.

Der Enthusiasmus der frühen Jahre ist mittlerweile einer gewissen Ernüchterung gewichen. Vieles ist heute reglementiert – vielleicht zu sehr. Stichwort: Regionalplanung. In der werden auch die sogenannten Vorranggebiete für Windkraftanlagen festgelegt. „Diese Regionalplanung ist so etwas von praxisfern“, sagt Bündig. Beispiel Erlau. Dort seien laut dieser Planung bis zu 41 Windkraftanlagen möglich. „Das da die Leute auf die Barrikaden gehen, das kann ich verstehen.“ Bündig wünscht sich auch klarere Positionen der Politik. „Jeder weiß, dass etwas gegen die Klimaerwärmung getan werden muss. Es ist ein großes Versagen der Politik, dass sie sich nicht klarer positioniert“, meint Bündig. Auch die Diskussion über die neuen Energietrassen müsse endlich versachlicht und nicht den Lobbyisten überlassen werden. „Meiner Meinung nach sind nicht so viele Trassen notwendig. Und die könnten schon lange fertig sein.“

Die Nutzung der Windenergie ist heute umstritten. Emotional wird die Diskussion bei Vögeln und Fledermäusen, die angeblich in den Windrädern ihr Leben lassen. Bündig sieht das differenziert. Zugvögel haben mit den Anlagen keine Probleme, glaubt er. Er habe schon selbst Graugänse durchziehen sehen. „Da ist keiner etwas passiert.“ Ein kreisender Raubvogel, der sich langsam einer Anlage nähert, könne aber durchaus in den Rotor geraten. Bündig hat auch schon von jungen Fledermäusen gehört, die erschlagen wurden. Selbst hat er das noch nicht beobachtet. „Wir waren mit zwei Anlagen am Wald an einer Untersuchung beteiligt. Wir haben das Gebiet zweimal abgesucht und keine einzige Fledermaus gefunden.“