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Wie der Glaube den Adel spaltete

Die Thesen Luthers entzweiten auch sächsische Familien, wie eine Ausstellung im Schloss zeigt. Nach der Schau wird es länger keine neue geben.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Nossen. Bekenne dich!, lautet der Titel der neuen Ausstellung, die derzeit zusammen von Mitarbeitern von Schloss Nossen und der westsächsischen Burg Gnandstein vorbereitet wird. Ab 1. April beleuchtet sie zunächst in der Muldenstadt die Schicksale sächsischer Adelsfamilien vor dem Hintergrund der im 16. Jahrhundert einsetzenden Reformation. Bis Anfang November 2017 wird sie im hiesigen Schloss, in der kommenden Saison in Gnandstein, präsentiert.

„Der Clou dabei ist unsere Konzeption“, sagt Schloss-Museologe Peter Dänhardt. Denn die neue Ausstellung wird nicht etwa in den obergeschossigen Prinzenkammern stattfinden, sondern dort einziehen, wo bisher die Dauerausstellung zur Geschichte der Adelsfamilie von Schönberg zu sehen war. Die zugehörigen Gemälde und andere Relikte verschwinden aber nicht. „Dafür haben wir gar keinen Platz im Schloss“, erzählt Dänhardt. Vielmehr wird die neue Ausstellung in die vorherige hineingesetzt.

Und das geht so: Mittels ineinandergesetzter Bretter aus Kunststoff wird eine Wand vor die alte Schau gesetzt. „Somit entsteht ein Raum im Raum. Der Betrachter nimmt gar nicht wahr, dass die Fläche eigentlich noch größer ist, sieht nur die neuen Ausstellungsstücke“, so der Experte. Mit seinem Gnandsteiner Kollegen Falk Schulz kann Dänhardt eine Vielzahl einzigartiger Stücke vorweisen. So warten auf die Besucher zwei original erhaltene Gemälde aus dem 17. Jahrhundert, Skulpturen, ein Weihrauchgefäß und ein Degen der bekannten Adelsfamilie Einsiedel.

Die Exponate werden an den Brettern befestigt – passend zum Thema Reformation und Luthers Thesenanschlag. Eines der genannten, originalen Gemälde zeigt Kardinal Nikolaus von Schönberg, das andere den Berghauptmann Christoph von Schönberg. Die Adelsfamilie steht sinnbildlich für das eigentliche Thema der Ausstellung. „Es geht um den Glaubensstreit in Sachsen, der durch Luthers Ideen auch hier entbrannte und teilweise Familien entzweite“, erläutert der Museologe.

Selbst einmal Adeliger spielen

So auch die Brüder von Schönberg Kardinal Nikolaus und Anton. Während Nikolaus (1472-1537), geboren bei Nossen, im albertinischen Sachsen als Dominikanermönch dem Katholizismus anhing, zog es seinen Bruder Anton (gest. 1554) zum Glauben Luthers hin.

Als damaliger Rat des albertinischen Herzogs Georg drohte Anton Ämter und Würden zu verlieren. Wenig später sollte es für kurze Zeit dazu kommen, bevor sich die im ernestinischen Sachsen längst populär gewordenen Ideen Luthers im gesamten Kurfürstentum Sachsen durchsetzten.

Neben anderen innerfamiliären Glaubensstreitereien spielt vor allem die Geschichte der Familie von Einsiedel in der neuen Schau eine Rolle. „Sie nahm eine wichtige Vorreiterrolle während der Reformation ein. Da ihr Sitz die Burg Gnandstein gewesen ist und hier viele Relikte des Clans vorhanden sind, nutzen wir sie natürlich für das gemeinsame Projekt“, sagt Peter Dänhardt. Die Ausstellung, die verstärkt auf Biografien und Lebensbrüche Adeliger während der Reformation setzt, wird ihren Besuchern einige kurzweilige Angebote machen. „Es wird zum Beispiel einen interaktiven Fragebogen geben, mit dem sich der Gast via Berührungsbildschirm selbst als Adeliger fühlen kann“, schaut Dänhardt voraus. Wie hätte man damals selbst reagiert, wenn der Lehensherr den Glauben bestimmt?, oder: Wie weit würde man für seine Überzeugung gehen?, lauten diese Fragen etwa. Abhängig von den Antworten verrät der Computer, welches Schicksal die jeweiligen Entscheidungen heraufbeschwören würden.

„Darüber hinaus wird es Trickfilme geben, die auf einem einfachen, anschaulichen Weg in die Materie einführen.“ Wie Schlossherrin Ingrid Welzig verrät, wird die Ausstellung „Bekenne dich!“ wohl für längere Zeit die letzte im Schloss sein. Ab 2018 wolle man alle Kräfte bündeln, um die großangelegte Adelsschau im Südflügel des Schlosses zu konzipieren. Vorher muss dieser aber vom Freistaat saniert werden. Zuletzt hatte es positive Signale vom Schlösserland Sachsen gegeben. So sollen die Räume bis 2021 für die Ausstellung bereitstehen. „Noch laufen meines Wissens Ausschreibungen für die Planung. Im April oder Mai sollten die Architekten namentlich feststehen“, sagt Welzig.