Merken

Wie aus einem anderen Jahrhundert

Die Ebersbacher lassen Bänke für das Schulmuseum bauen. Die sind neu und zugleich alt.

Teilen
Folgen
© André Braun

Von Jens Hoyer

Döbeln/Hartha. Es macht Spaß, mit der Hand über das glatte verleimte Buchenholz zu streichen. Solide sieht sie aus und ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Mitten in der Holzwerkstatt steht die Schulbank für Ebersbach. Sitzbank und Tischplatte sind über das Gestell miteinander verbunden. Die beiden leicht abgerundete Bretter an der Vorderseite bilden die Rückenlehne für die Bank davor. Sie befinden sich in Reichweite der Aussparungen für die Tintenfässer. „Jetzt weiß man, wieso die Jungs die Zöpfe der Mädchen immer in die Tintenfässer tunken konnten“, meint Gruppenleiter Markus Kaphegyi grinsend.

Sieben Stück der historischen Schulbänke hat der Ortschaftsrat Ebersbach fürs Schulmuseum bestellt, für den „Unterricht wie vor 100 Jahren“. Die Mannschaft um Markus Kaphegyi hat sie nach historischem Vorbild gebaut. Es ist eine fast vollkommene Rekonstruktion geworden. Dabei waren Techniken gefragt, die heute selten geworden sind. „Die Verbindung zwischen den Holzteilen nennt man eingraten. Das habe ich in meiner Lehrzeit bei Tischler Thiele in Roßwein noch gelernt“, erzählt er. Heute wird diese Art des Zusammenfügens wenig verwendet. Mit Sinn fürs Detail wurden Teile hergestellt. Das Untergestell wird von Wiener Schrauben zusammengehalten. Die damals verwendeten Vierkantmuttern sind für die Nachbauten extra angefertigt worden, erzählt der Tischler. Normmuttern sind heute sechseckig. Für die Werkstatt der Diakonie in Hartha sind solche Einzelstücke abseits der täglichen Arbeitsroutine für die Ausbildung der Mitarbeiter wichtig. „Da kann man einmal die verschiedenen Techniken anwenden“, sagte Kaphegyi.

Als Vorlage für die Sitzbänke dient ein altes Stück, das auf dem Dachboden der Harthaer Schule stand. Die Stadt hatte die Bank dem Ebersbacher Schulmuseum leihweise überlassen, erzählte Christine Müller vom Freundeskreis Schulmuseum. Der wichtigste Unterschied: Das Vorbild hat zwei Sitzplätze, die Nachbauten dagegen drei. „Damit haben wir Platz für eine ganze Schulklasse“, sagte Christine Müller. Der „Unterricht wie vor 100 Jahren“ ist ein Renner. Viele Schulklassen besuchen das Museum. Die Kinder werden kostümiert, es geht streng zu. „Das wird stark genutzt. Wir wissen manchmal gar nicht, wo uns der Kopf steht“, sagte Christine Müller. Auch die Teilnehmer von Klassentreffen lassen sich gerne in den Bankreihen nieder – darunter auch solche, die in Ebersbach gar nicht zur Schule gegangen sind. „Es kommen auch Geburtstagsgesellschaften, die sich von uns bespaßen lassen.“ Bisher standen im Museumsraum zwar schon Holztische, aber es gab dazu keine passenden Stühle – diese waren noch Stücke aus DDR-Bestand. Der Ortschaftsrat hatte die Chance, Fördermittel aus dem Programm „Landaufschwung Ost“ zu bekommen. Er übernimmt einen Teil der Kosten aus seinem Budget.

Das Klassenzimmer in Dorfgemeinschaftshaus ist gerade ausgeräumt und wird umgestaltet. Im März kommenden Jahres soll die Wiedereröffnung sein. Dann nehmen die Besucher in den neuen historischen Bänken Platz – übrigens, ohne sich verbiegen zu müssen. Die Maße der Nachbauten wurde an den modernen Menschen angepasst.