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WGP tauft Wohnquartier

Die Häuserzeile in Pirna erinnert an das frühere Waisenhaus, das einmal ganz in der Nähe stand. Doch nicht nur der Name ist neu.

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© Kristin Richter

Von Thomas Möckel

Pirna. In den Anfangsjahren der DDR waren Wohnungen rar, so musste sich Ingeborg Franze etliche Zeit gedulden, ehe sie ein Quartier bekam. Doch sie und ihr Mann, beide beschäftigt beim VEB Strömungsmaschinen Pirna, hatten Glück: Der Betrieb ließ Mitte der 1950er-Jahre Werkswohnungen errichten, das Paar konnte kurz darauf gemeinsam ins eigene Heim ziehen. „Wir haben uns auf Dauer hier eingerichtet, das war seinerzeit so“, sagt die inzwischen 89-Jährige. 1957 war das, und die Wohnung im Haus Schandauer Straße 4 blieb ihre stete Heimstatt. Nun, 60 Jahre später, wird ihr dafür eine Ehre zuteil: Ihr Vermieter, die Städtische Wohnungsgesellschaft Pirna (WGP), schenkt ihr und anderen langjährigen Mietern jeweils ein Fläschchen Sekt, weil sie ihren Wohnungen über all die Jahrzehnte treu geblieben sind.

Anlass der Ehrung war allerdings auch noch ein anderer: Die WGP hat den Wohnkomplex jetzt auf einen neuen Namen getauft. Die Häuserzeile mit den Gebäuden Schandauer Straße 2 und 4 sowie Seminarstraße 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14 und 16 heißt nun „Am alten Waisenhaus“, es ist eine Art Überbegriff, keine Postanschrift. Die WGP vergibt schon seit einiger Zeit solche Namen für Wohnquartiere, der jüngste nun soll an ein Stück Pirnaer Historie erinnern – an das ehemalige Waisenhaus, das von 1814 bis 1922 auf dem Nachbargrundstück stand. Pirnas Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos) kalauerte bei der Namensgebung, nun sei es doch noch gelungen, dem alten Waisenhaus die Ehre zu erweisen. Sachsens Finanzminister Georg Unland (CDU) hatte in den vergangenen beiden Jahren vergeblich versucht, sowohl die Clara-Zetkin-Straße in Waisenhausstraße umzubenennen als auch den kleinen Platz vor dem Finanzamt Waisenhausplatz benennen zu lassen. Der Grund des Ansinnens: Der Minister wollte offenbar nicht den Namen Clara Zetkin in der Anschrift für das neue Finanzamt haben. Doch Pirnas Stadtrat spielte nicht mit, Clara durfte bleiben, und der Platz vorm Finanzamt ist noch immer namenlos.

Beim benachbarten Wohnquartier ist unterdessen nicht nur der Name neu: Die WGP ließ in den vergangenen Wochen die Außenanlagen hinter den Häusern herrichten. Dort gibt es nun einen neuen Spielplatz mit Rutsche, Kletterturm, Nestschaukel und Sitzgruppen. Quasi zum Abschluss der Arbeiten pflanzten WGP-Chef Jürgen Scheible und Hanke symbolisch ein Bäumchen – eine Gemeine Fichte, Baum des Jahres 2017. Auch im Innern der Häuser tat sich einiges: Handwerker erneuerten die Wohnungseingangstüren, strichen die Geländer neu und beseitigen kleine Makel. In Kürze sollen noch die Tore der Garagen im Hof frisch gestrichen werden – jedes in einer anderen Farbe.

Ingeborg Franze schwelgt währenddessen in Erinnerungen. „Das war damals eine schöne Zeit“, sagt sie, „als so viele Menschen aus ein und demselben Betrieb hier zusammen wohnten.“