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Wohnung für junge Leute entwerfen

Gymnasiasten machen sich Gedanken über die Wünsche von Wohnanfängern. Sie dürfen sogar eine Wohnung einrichten.

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© Symbolfoto: SZ-Archiv

Von Jens Hoyer

Döbeln. Wie sollte eine Wohngemeinschaft für Neueinsteiger beschaffen sein? Maria Berger, Schülerin der 12. Klasse, hat sich darüber Gedanken gemacht. Im gemeinschaftlich genutzten Wohnzimmer muss eine große Couch stehen, auf der alle Mitbewohner Platz finden. Auch die Küche sollte schon möbliert sein. Fürs Bett im eigenen Zimmer kann dagegen jeder Bewohner selbst sorgen: Mancher mag es vielleicht etwas breiter – womit sie die Lacher auf ihrer Seite hatte.

Seit Jahren macht man sich bei der Wohnungsgenossenschaft Fortschritt Gedanken darüber, wie Wohnungen für ältere Leute aussehen müssen. Die jüngeren Leute seien da ein bisschen hinten runtergefallen, sagte Vorstand Stefan Viehrig. Das soll sich aber nun ändern. Nachdem die Wohnungsgenossenschaft schon in anderen Bereichen mit dem Lessing-Gymnasium kooperiert hatte, gibt es jetzt eine ganz neue Aufgabenstellung. Schüler sollen sich darüber Gedanken machen, wie die Wohnung aussehen müsste, in die sie gerne einziehen würden.

Schüler der 11. und 12. Klasse beschäftigen sich mit dem Projekt „Junges Wohnen – Wohnen für Neueinsteiger“. Im Unterricht von Sieglinde Kastner fassten am Freitag acht Zwölftklässler die ersten Ergebnisse ihrer Überlegungen in Präsentationen zusammen. Unter den Schülern saßen Vertreter der Wohnungsgenossenschaft Fortschritt und hörten aufmerksam zu. Vorstand Stefan Viehrig war überrascht. „Ich dachte nicht, dass so viele Standpunkte zusammenkommen“, sagte er. „Ich dachte wirklich, die Jugend tickt anders. Die sagen deutlich, was sie nicht wollen.“ Auch der Anspruch an moderne Technik in den Wohnungen sei kleiner als gedacht. Einer der Schüler machte es deutlich: Ordentlicher Internetanschluss muss sein. Entweder per Draht in möglichst vielen Zimmern oder per WLAN. Und viele Steckdosen für Ladegeräte.

Die mit allerlei Technik ausgestatteten „Smart Homes“, die die WG Fortschritt auch schon als Musterwohnungen eingerichtet hat, fand eine Schülerin nicht so wichtig. Nützlich sei aber die Kamera am Eingang, wegen der Sicherheit, und dass die Wohnung beim Herausgehen stromlos wird. „Weil man vielleicht anderes im Kopf hat als den Herd“, meinte Olivia Pahn aus der 12.

Eine kleine Einraumwohnung halten die Schüler für den Anfang für gut – vor allem für Individualisten. Aber die Vorteile der Wohngemeinschaft wurden herausgekehrt. Sie sei günstiger für den Einzelnen zu finanzieren und man sei nicht allein, so der übereinstimmende Tenor. Die Schüler fänden es gut, wenn zumindest die kostenintensiven Gemeinschaftsräume wie Bad und Küche schon möbliert wären. Als Problemstelle wurde das Bad angesehen, das am Morgen wahrscheinlich immer dann besetzt ist, wenn jemand schnell aus dem Haus muss.

Die Wohnungsgenossenschaft Fortschritt ist entschlossen, eine Gemeinschaftswohnung nach den Vorstellungen der jungen Leute anzupassen und einzurichten. „Das ist nicht nur eine Spinnerei. Die Schüler haben schon eine Vierraumwohnung in der fünften Etage in einem Haus an der Unnaer Straße vermessen“, sagte Viehrig. Die bringt schon mal einige Grundbedingungen mit. Denn auf die Nähe zur Innenstadt und gute Verkehrsanbindungen legen die Schüler viel Wert.

Die Vorstellungen von älteren und jüngeren Mieter zusammenzubringen, ist nicht einfach. Ein Zusammenleben mit älteren Leuten können sich die Gymnasiasten aber vorstellen – ohne sich allzu sehr deren Regeln zu unterwerfen. Dass sie in einem Haus mit mehreren Wohnungen keine „sturmfreie Bude“ haben, ist ihnen auch klar. Sie würden den Älteren auch helfen und Hilfe annehmen. Auch gemeinsame Grillabende könnten sie sich vorstellen.

Vieles ist für die Gymnasiasten völlig neu und auch ziemlich theoretisch. Die Satzung der Genossenschaft sei sehr umfangreich, aber auch klar strukturiert, meinte Maximilian Frost. „Ich hätte die sonst nie gelesen.“ Dass Genossenschaftsmitglieder Anteile einzahlen müssen, war den Schülern auch neu. Daran wird sich aber nichts ändern, sagte Viehrig. Schon aus steuerrechtlichen Gründen sei das notwendig.