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Wettlauf in Weiß

Das Forschungslabor Namlab startete vor zehn Jahren mit einer Revolution. Dann gab es jedoch Turbulenzen.

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© René Meinig

Von Jana Mundus

Es ist ein Wettkampf im weißen Kittel. Gummihandschuhe sollen Schmutz fernhalten. Mitarbeiter in Laborkleidung sind auf der Suche nach neuen Hightech-Materialien. Noch kleiner und noch leistungsfähiger sollen die Speicherchips der Zukunft schließlich sein. Unternehmen auf der ganzen Welt wollen sie als Erste produzieren. Doch das Streben nach Winzigkeit stößt an physikalische Grenzen. Im Dresdner Forschungslabor Namlab sollen sie überschritten werden.

Vor zehn Jahren beginnt die Geschichte des Unternehmens mit einer Revolution. Der Chiphersteller Qimonda und die TU Dresden gründen das Namlab im Juli 2006 als gemeinsames Forschungslabor. Es ist deutschlandweit das erste Unternehmen in Form solch einer gemeinnützigen staatlich-privaten Partnerschaft. Sein neues Zuhause findet das Projekt in der Nöthnitzer Straße, direkt auf dem Campus der TU. An den Spatenstich im November 2006 kann sich der Mitbegründer und spätere wissenschaftliche Direktor Jürgen Rüstig noch gut erinnern. Der ist damals nämlich alles andere als leicht. „Der Boden war schon gefroren“, erzählt er. Es wird nicht die letzte Hürde in der Geschichte des Namlab sein.

Gut ein Jahr später ist das Haus fertig. Fünf Millionen Euro hat das Büro- und Laborgebäude gekostet. In modernster Umgebung beginnen die Forscher mit ihrer Arbeit. Insgesamt 27 Mitarbeiter hat das Namlab zu Beginn. Viele Jahre lang wurden bei der Herstellung von Speicherchips Silizium-Verbindungen genutzt. Elemente wie Zirkonium, Lanthan oder Hafnium lassen jedoch eine höhere Speicherkapazität zu. Genau die sollen im Namlab untersucht werden. Dafür stellen die Wissenschaftler unter Ultrahochvakuum mittels Molekularstrahlen hauchdünne Schichten her, die später auf den Chip aufgebracht werden können. „Es lief gut“, schätzt Rüstig heute ein. Doch 2009 gerät das Namlab plötzlich ins Trudeln.

Schuld ist Qimonda. Beim Niedergang des Dresdner Chipherstellers verlieren 4 000 Mitarbeiter ihren Job. Als einer der beiden Gesellschafter droht die Quimonda-Pleite auch das Namlab mitzureißen. „Ich erinnere mich gut an diese turbulente Zeit“, sagt Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD), die damals schon einmal im Amt war. Die wichtigste Frage lautete: Was wird aus dem Namlab? Das Labor schließt in Sachsen eine wichtige Lücke zwischen der Material- und der Bauelemente-Forschung. „Wir wollten das Namlab nicht fallenlassen. Für die Nano- und Mikroelektronik im Freistaat spielte es schon damals eine wichtige Rolle.“

Die TU Dresden ist in dieser Situation die Rettung. Nachdem der Industriepartner notgedrungen ausgestiegen ist, übernimmt sie das Namlab als Tochtergesellschaft. Seit Juni 2009 bekommt diese auch Gelder vom Freistaat Sachsen. Laut Eva-Maria Stange wurden mittlerweile sieben Millionen Euro ins Labor investiert. Hinzu kommen Mittel für verschiedene Forschungsprojekte.

Seit 2009 ist Thomas Mikolajick der wissenschaftliche Direktor des Hauses. Ihm zur Seite steht Alexander Ruf, zuständig für die Finanzen. Auf beide wartete eine große Aufgabe. „Nach dem Rückzug von Qimonda mussten wir schnell ein tragfähiges Geschäftsmodell entwickeln, damit der Betrieb auch läuft, wenn die Förderung langsam abschmilzt“, sagt Mikolajick.

Schon 2012 ist diese Aufgabe geschafft. Heute steht das Namlab finanziell auf sicheren Füßen. Knapp 50 Mitarbeiter hat die Firma nun. Im Jahr 2013 eröffnete zusätzlich eine Außenstelle in Freiberg. Sie widmet sich ganz besonderen Kristallen, den sogenannten Einkristallen aus Galliumnitrid. In einer Spezialanlage können diese so dick hergestellt werden, dass daraus Wafer produziert werden können. Sie sind Trägermaterial für verschiedene Bauelemente in der Mikroelektronik. „Wir stehen in diesem Forschungsbereich kurz vor dem Durchbruch“, verrät Geschäftsführer Alexander Ruf.

Nicht nur mit Speicherchips, sondern auch mit allen anderen Arten von Speicherverfahren beschäftigen sich die Wissenschaftler heute. Und auch den Schalter im mikroelektronischen Prozess haben sie bei ihrer Forschung im Blick. Gut 30 Projekte sind es pro Jahr. Hinzu kommen Themen aus anderen Bereichen. „Wir betrachten auch die Speicherkapazität von Batterien“, nennt Ruf ein Beispiel. Das Laden von Elektroautos dauere heute noch sehr lange. Auch diese Grenze will das Namlab-Team bald überwinden.