Merken

Wettkampf am Euter

Der Melkwettbewerb des Regionalbauernverbandes ist nicht nur ein Spaß. Selbst Erfahrene lernen noch etwas.

Teilen
Folgen
© André Braun

Von Jens Hoyer

Leschen. Nein, einen Namen hat die Kuh nicht. Nummer 737 liegt entspannt in einer Gitterbox auf dem Stroh und wiederkäut gemächlich. „Die ruht sich jetzt aus. 12 bis 14 Stunden liegen am Tag ist normal“, meint Iris Claassen, Geschäftsführerin des Regionalbauernverbandes. Nummer 737 spielt eine besondere Rolle beim Melkwettbewerb an diesem Tag: Sie ist die Handmelkkuh.

Handmelken, das macht in Zeiten moderner Melkstände eigentlich niemand mehr – außer beim Vormelken. Und die Kühe sind daran auch nicht gewöhnt. „Wir haben die Kuh eineinhalb Wochen lang dafür trainiert“, erzählt Magdalena Jahn, die Leiterin der Tierproduktion bei der Agrarland Lüttewitz. Eigentlich muss Nr. 737 nicht anderes tun, als geduldig stillzuhalten, bis 16 Liter Milch im Eimer sind. Und das zweimal am Tag, genau um 6 und um 18 Uhr. „Wenn man da 15 oder 20 Liter rausholt und es nicht gewöhnt ist, macht die Sehne schon mal schlapp“, meint Iris Claassen.

Alle zwei Jahre gibt es einen Melkwettbewerb. Das sei eine prima Gelegenheit, sich mit anderen auszutauschen und Erfahrungen zu sammeln, sagt Iris Claassen. Karola Nixdorf war schon öfter dabei – und das erfolgreich. Die Mitarbeiterin der Ebersbach-Otzdorfer Milchproduktion GmbH hat an diesem Tag mit der Hand gemolken. Ohne Übung geht das nicht. „Man muss es schon immer mal gemacht haben. Ich suche mir dann immer eine Kuh dafür aus“, sagt sie. Aber eigentlich steht der Melkstand in der Leschener Milchviehanlage im Mittelpunkt an diesem Tag. 28 Kühe stehen Seite an Seite. Hier muss jeder der zehn Teilnehmer durch – unter den strengen Blicken von Silvia Pusch vom Sächsischen Landeskontrollverband und von Andrea Sillke, Ausbildungsberaterin für Mittelsachsen.

Eine Menge gibt es beim Melken zu beachten: Ist die Technik in Ordnung und liegt genug Vakuum an den Melkzeugen an. Alles muss hygienisch zugehen und die Kühe in der richtigen Reihenfolge gemolken werden. Beim Vormelken ist mal kurz Handarbeit gefragt. „Zum Schluss wird kontrolliert, ob die Kuh richtig leer ist“, erklärt Iris Claassen.

Beim Wettbewerb geht es schon mal ins Detail. Einer der Teilnehmer schwenkt vorsichtig eine Plastikplatte mit Vertiefungen. In jeder ist Milch mit einer Testflüssigkeit vermengt. Beim sogenannten Schalmtest wird ermittelt, ob eine Kuh an einer Mastitis, eine Entzündung der Milchdrüsen, leidet. „Ein erfahrener Melker merkt, wenn etwas nicht stimmt“, erklärt Iris Claassen. In manchen Ställen werde der Test auch routinemäßig angewendet.

Nancy Bartl ist Mitarbeiterin in Leschen und hat sich auch dem Wettbewerb gestellt. „Es war das erste Mal und es hat gut geklappt. Man wird nicht dümmer dabei. Es ändert sich ja auch viel“, sagt sie. Neben der Praxis sind auch theoretische Kenntnisse gefragt. Zum Beispiel: Enthält eine Futterprobe viel Eiweiß oder ist sie energiereich? Wie kann der Stall verbessert werden? Und am Ende ist noch ein Katalog mit 20 Fragen rund um die Mildproduktion zu beantworten. Neben den gestandenen Tierwirten treten auch Lehrlinge in den Wettbewerb. Tim Reinhold lernt im zweiten Jahr in Ebersbach, Daniel Harder ist im dritten. „Es kam eher nicht auf die Schnelligkeit an, sondern das man es ordentlich macht“, sagt Tim.

Auch die Agrarland Lüttewitz hat Lehrlinge am Start. Lehrlingsmangel ist hier kein Thema. Während manche Betriebe Probleme haben, Stellen zu besetzen, konnte Chefin Magdalena Jahn in diesem Jahr aus dem Vollen schöpfen. „Wir hatten viele junge Leute für ein paar Tage zum Probearbeiten da und konnten uns die Besten raussuchen“, sagt die Leiterin. Auch die Mischung macht es. Gern gesehen sind Männer, die die größere Affinität zur Technik haben.

Ein Ergebnis gibt es beim Melkwettbewerb noch nicht. Am Donnerstag treten die Wettbewerbsteilnehmer noch einmal in der Milchviehanlage in Leuben bei Mügeln an. Dort steht ein Karussellmelkstand. „Das ist ein völlig anderes Melksystem mit einer anderen Arbeitsorganisation. Dort werden die Teilnehmer in Teams bewertet“, sagt Iris Claassen.