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Werden Wildschweine zur Plage?

Landwirte berichten von immer mehr Schäden. Fast 10 000 Tiere wurden in drei Jahren erlegt.

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© Symbolfoto/dpa

Von Maria Fricke

Eine Herde Wildschweine hat eine Schafsweide nahe Leisnig zerwühlt. Davon berichtet Landwirt Torsten Krawczyk. „Der Schäfer hatte gefragt, ob er seine Tiere auf mein Land stellen kann, weil auf seiner Weide kein Futter mehr zu holen ist“, schildert der Westewitzer, der zugleich Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Döbeln-Oschatz ist. Auch Landwirt Werner Kölz aus Tautendorf berichtet von Wildschäden auf seinen Feldern. Im vergangenen Herbst hätten einige Tiere die Weiden durchwühlt. Auch habe es in der Vergangenheit schon schwere Ertragsausfälle gegeben. Vor allem im Hafer oder im Raps halte sich das Schwarzwild gern auf, sagt Kölz. Zwar kann er es nicht in Zahlen ausdrücken. Doch sein Eindruck ist: Die Schäden haben zugenommen.

„Es ist ganz schön viel Schwarzwild unterwegs“, sagt auch Revierförster Dirk Tenzler. Die Tiere, die es erst seit 1963 wieder in der Region Döbeln gebe, hätten sich in den vergangenen Jahren stark ausgebreitet. Das bestätigen auch die Streckenzahlen der unteren Jagdbehörde. Zwischen 2013 und 2016 sind im gesamten Kreis fast 10 000 Tiere verendet, sowohl durch die Jagd als auch durch Unfälle. Die Tendenz ist laut Jagdbehörde „stark steigend“. Das wird selbst für den Bereich Döbeln, der an vier gemeinschaftliche Jagdbezirke verpachtet ist, deutlich. Wurden im Jagdjahr 2013/14 noch 17 Tiere erlegt, waren es im Jahr 2015/2016 schon 26. Elf von ihnen fielen einem Unfall zum Opfer. „Die Ergebnisse für das Jagdjahr 2016/17 liegen frühestens Ende April vor“, sagt Lisa-Maria Schöne von der Pressestelle des Landkreises. Akut sei die Situation in Döbeln noch nicht. Im vergangenen Jahr haben sich Wildschweine sogar bis auf den Weinberg nach Roßwein vorgewagt und dort erhebliche Schäden angerichtet. Auch auf dem Hartenberg sind regelmäßig Wildschweine sowie deren Spuren zu sehen.

Jäger Mario Tröger, der im Bereich Hartha unterwegs ist, kann den Trend bestätigen. „Bei den Wildschweinen müssen wir dran bleiben. Eine straffe Bejagung ist schon erforderlich“, sagt Tröger, der auch Sprecher des Kreisjagdverbandes Döbeln ist. Im Bereich Hartha würden die Wildschweine vor allem durchziehen. Größere Schäden, die die Wildschweine angerichtet haben, sind Tröger nicht bekannt. Auch, dass sich Schwarzwild in der Nähe von Ortschaften aufgehalten hat, ist ihm noch nicht zugetragen worden. Roland Köllner kann den Trend zumindest für die Region Klosterbuch nicht bestätigen. „Ich habe nicht viel mehr gestreckt als sonst. Es gibt nur einen leichten Anstieg. Aber die Populationen sind regional sehr unterschiedlich“, betont der Jäger.

Zurzeit verhalten sich die Wildschweine eher ruhig, leben noch in den Wäldern. Die Muttertiere bringen ihren Nachwuchs zur Welt. „Wenn es milder wird, ist wieder mit größeren Schäden zu rechnen“, kündigt Mario Tröger an. Denn um ihre Frischlinge zu versorgen, benötigt die Bache Energie. Und die liefern am besten die Insekten und Würmer aus dem Boden.

Und sobald das Wild wieder auf die Felder zieht, wird es problematisch. Denn dort können sie ganze Kulturen zerstören. Zudem bringt das Schwarzwild viel Erde unter das Tierfutter. Das wiederum führe letztendlich zum Verschleiß von Maschinen. Teilweise fressen die Wildschweine auch die Feldfrüchte an. Beliebt seien zum Beispiel Mais und Weizen. Viel werde auch durch die Rotten zertreten, sagt Tröger.

Richtet das Wild Schaden an, dann müssen laut dem Bundesjagdgesetz die Jäger dafür aufkommen, wenn die Fläche zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört oder einer einem solchen angegliedert ist. Doch zumindest in der Region Leisnig nehmen offenbar nur wenige Landwirte diese Möglichkeit in Anspruch, wie Werner Kölz sagt. „Ein Gesamtbetrieb muss das tragen. Wir haben die Entschädigung noch nie beansprucht. Wenn wir das immer machen würden, gebe es bald keine Jäger mehr“, sagt Kölz. Zumindest im vergangenen Jahr sind die Landwirte aus der Region weitestgehend verschont geblieben. Das sagt Landwirt Torsten Krawczyk. Trotzdem sei das Schwarzwild ein Thema, mit dem man sich beschäftigen müsse.

Die Gründe für die Zunahme des Schwarzwildes sind laut Landratsamt „vielfältig und in ihrer Wirkung komplex“. Nicht nur die Tatsache, dass es immer mehr milde Winter gibt, führe zu einer Häufung der Tiere. Auch die Zunahme an Baumarten, wie Eichen, Kastanien oder Buchen, deren Samen gern von den Wildschweinen gefressen werden, sowie das weitestgehende Fehlen von natürlichen Feinden, aber auch von Seuchen, begünstige die Entwicklung. Die Klassische sowie die Afrikanische Schweinepest spielen in Mittelsachsen bislang keine Rolle. „Die Wildschweine finden hier Spitzenbedingungen: Viel Futter, viel Deckung und viele Flächen, wo sonst keiner reinkommt“, fasst Revierförster Tenzler zusammen.

Die Jagd nach den Tieren ist schwierig. Wildschweine sind nachtaktiv. Tagsüber haben sie zwischen den Feldfrüchten, wenn diese groß genug sind, eine gute Deckung. Um die Ausbreitung der Afrikanischen wie Klassischen Schweinepest zu überwachen, sind die Jäger angehalten, sowohl bei normal geschossenen Wildschweinen als auch bei Tieren, die durch einen Unfall ums Leben gekommen sind, Proben zu entnehmen und diese dem Landratsamt zukommen zu lassen. Dafür erhalten die Jäger eine Aufwandsentschädigung von zehn Euro.