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Wer will noch an den Herd?

Freie Stellen gibt es in der Gastronomie zuhauf. Sie zu besetzen ist aber schwer. Ein Löbauer Wirt erklärt, warum das so ist.

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© Rafael Sampedro

Von Birgit Hollstein

Eine geeignete Köchin und einen Beikoch zu finden, ist dieser Tage gar nicht so leicht. Das hat erst kürzlich Jens Israel feststellen müssen. Mittlerweile ist in seinem Löbauer „Häusl’l am Berg“ das Küchenteam komplett. Israel freut das.

Seit März 2013 führt der Gastwirt seine kleine Lokalität am Fuße des Löbauer Berges. „Jetzt entfallen für mich viele Kontrollsachen“, sagt Israel. Durch die gewonnene Verstärkung würde er nun keine Reinigungslisten mehr ausfüllen brauchen und nicht mehr notieren müssen, welche Temperaturen täglich im Kühlhaus herrschen. „Meine neuen Mitarbeiter arbeiten sehr eigenständig“, sagt Israel. Auf der Suche nach einer Ganztags- und einer Teilzeitkraft ist der Gastwirt seit Februar 2016 gewesen.

Erst im September ist er fündig geworden. Als Grund, warum die Suche nach Mitarbeitern stolze sieben Monate gedauert hat, nennt Israel, die vielen freien Stellen im Gastrogewerbe. Denn neben ihm würden auch andere Wirte nach Personal Ausschau halten, so der Gastwirt.

Seiner Annahme stimmt Berit Kasten von der Bautzener Agentur für Arbeit zu. Ihren Angaben nach habe der Arbeitgeber-Service im Dezember vergangenen Jahres 23 neue Stellen im Gastrogewerbe im Landkreis Görlitz gemeldet. Stellenzuwachs hat es aber auch in anderen Berufszweigen gegeben. Dazu gehören neben der Zeitarbeit auch Reisebüros, das Sicherheitsgewerbe, Callcenter oder Hausmeisterdienste.

Im Häus’l am Berg sorgt mittlerweile Regina Hundorf für volle Teller. Der neue Beikoch im Team von Jens Israel steht zusätzlich auf Abruf bereit. Denn eigentlich ist er bereits Rentner. Weil er aber so gern kocht, konnte er sich von seiner Arbeit noch nicht ganz verabschieden. „Er ist flexibel. Das ist notwendig“, sagt Jens Israel. Zum Beispiel dann, wenn es in der Küche plötzlich stressig wird und unerwartet viele Besucher vor der Tür stehen. Andererseits sei die Flexibilität des Beikochs auch gut für Tage, wenn etwa 30 Personen erwartet werden, aber nur sieben erscheinen. Dann wird er nicht gebraucht.

Solch unsichere Arbeitszeiten sind nicht jedermanns Sache. Das weiß auch Jens Israel. Der Gastwirt nennt sogar noch weitere Gründe, die es ihm und seinen Gastrokollegen schwer machen, geeignetes Personal zu finden. So würden zum Beispiel immer weniger Menschen in der Küche arbeiten wollen. Viele Berufsanfänger würden zudem erst einmal ihre Heimat verlassen und sich erste Erfahrungen auswärts aneignen. „Die jungen Leute wollen Geld verdienen, andere Länder und Menschen kennenlernen. Ein Beruf in der Gastronomie bietet dafür wunderbare Gelegenheiten“, sagt Israel. Er selbst habe es damals als Berufseinsteiger auch nicht anders gemacht. 14 Jahre hat Israel weit weg von der Oberlausitz gelebt und gearbeitet. Etwa in Bad Bertrich an der Mosel, in Österreich und in der Schweiz.

Auch andere Berufskollegen haben sich ihre Sporen weit entfernt ihrer Heimat verdient. Anna Starke, die Wirtin der Bergwirtschaft auf dem Bieleboh, hat zum Beispiel Hotelfachfrau gelernt und ist direkt nach ihrer Ausbildung in das Weinanbaugebiet Paarl nach Südafrika gegangen. Sie stimmt Jens Israel darin zu, dass es schwierig ist, geeignetes Fachpersonal zu finden. Auch, wenn sie selbst noch nicht gezielt danach gesucht habe. „Im Winter war es auf der Bergwirtschaft relativ ruhig. Die Veranstaltungen waren abends und planbar“, sagt Frau Starke. Im Frühjahr rechnet die junge Frau aber wieder mit mehr Gästen. Dann wolle auch sie sich nach mehr Personal umsehen, so Anna Starke.

Dass es für Menschen ohne Job nicht nur im Gastrogewerbe eine große Auswahl an freien Stellen gibt, zeigt die Statistik der Bautzener Agentur für Arbeit. Demnach ist seit 2014 die Nachfrage von Unternehmen aus dem Landkreis Görlitz nach Arbeitskräften stetig gestiegen. In jedem Monat des Jahres 2016 konnten die Vermittler durchschnittlich auf 1 242 sozialversicherungspflichtige Stellen im Landkreis zurückgreifen. Das bedeutet ein Plus von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die freien Stellen im Häus‘l am Berg sind seit September vergangenen Jahres aber nicht mehr im Angebot der Arbeitsagentur. Nach langer Suche hat Gastronom Jens Israel sein Team endlich komplett. Das hilft nicht nur, um bei einem vollen Gastraum schnell die Bestellungen abzuarbeiten, sondern auch dabei, die Speisekarte flexibler zu gestalten, so der Chef der Löbauer Gaststätte.