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Wer nimmt Käbschütztal?

Die Gemeinde will ihre finanziellen Probleme durch Fusion mit einer anderen Gemeinde lösen. Die SZ fragte bei möglichen Partnern nach.

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© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Käbschütztal. In der Gemeinde Käbschütztal hat die Suche nach einem Partner begonnen, nachdem der Gemeinderat in der vergangenen Woche den Beschluss fasste, die Eigenständigkeit aufzugeben. Zu groß sind die finanziellen Probleme, als dass sie die Gemeinde aus eigener Kraft lösen könnte. Das ist jedenfalls die Auffassung einer Mehrheit des Gemeinderates.

Doch wer soll mit der hoch verschuldeten Gemeinde, die allein im vergangenen Jahr ein Minus von 1,1 Millionen Euro erwirtschaftete, fusionieren? Die SZ fragte die Gemeinden, die rein geografisch dafür infrage kämen.

Da wäre zunächst die Stadt Meißen, der sich Käbschütztal vor drei Jahren bereits einmal andiente. Doch man blitzte ab. Nachdem sich die Stadträte mit der tatsächlichen finanziellen Situation von Käbschütztal auseinandergesetzt hatten, kam das Nein aus der Kreisstadt, und das mit aller Deutlichkeit. Mit 22:0 Stimmen wurde eine Fusion abgelehnt. Und heute? Könnte sich Meißen inzwischen vorstellen, die Gemeinde oder zumindest Teile davon aufzunehmen? Stadtsprecher Philipp Maurer antwortet zunächst mit einer Binsenweisheit: „Die Entscheidung über eine mögliche Übernahme der Gemeinde oder Teilen der Gemeinde Käbschütztal durch die Stadt Meißen obliegt dem Meißner Stadtrat.“ Bislang sei kein entsprechender Antrag der Gemeinde Käbschütztal in Meißen eingegangen. „Sollte der Fall eintreten, dass die Gemeinde Käbschütztal einen entsprechenden Antrag stellt, werden alle offenen Fragen in intensiven Gesprächen mit allen weiteren Beteiligten zu klären sein“, so Maurer weiter. Oberbürgermeister Olaf Raschke habe ihm mitgeteilt, dass im Falle einer sogenannten Filetierungslösung eine Übernahme des ehemaligen Gebietes der Gemeinde Niederjahna aus seiner persönlichen Sicht vorstellbar sei, sofern mit allen weiteren Beteiligten Klarheit über das übrige Gemeindegebiet erzielt werde.

„Inwiefern sich dadurch die aktuellen Probleme der Gemeinde Käbschütztal lösen ließen, können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf Basis der uns vorliegenden Informationen nicht beurteilen“, so der Stadtsprecher. Grundsätzlich gelte, dass Städte und Gemeinden zur Erfüllung ihrer Aufgaben eine entsprechend auskömmliche Finanzausstattung benötigten.

Relevante Daten fehlen

Interesse hatte einst auch die Stadt Nossen bekundet, Käbschütztal oder Teile davon einzugemeinden. Bürgermeister Uwe Anke (parteilos) war sogar zu einer Bürgerversammlung gekommen, wollte dort seinen Standpunkt darlegen, doch sein Käbschütztaler Amtskollege Uwe Klingor (CDU) erteilte ihm damals nicht das Wort. Anke sei schließlich kein Bürger der Gemeinde, hieß es. Verschnupft verließ Anke die Sitzung. Nossen gemeindete später Ketzerbachtal ein, hat heute 58 Ortsteile, in denen fast 11 000 Einwohner leben. Viele Bewohner der Dörfer beschweren sich heute schon, dass sie vernachlässigt werden. Mit Käbschütztal hätte Nossen dann 95 Ortsteile mit rund 14 000 Einwohnern. Bürgermeister Anke gibt sich einsilbig und bedeckt, was eine Erweiterung betrifft. „Sollte eine diesbezügliche Anfrage der Gemeinde Käbschütztal an die Stadt Nossen ergehen, wird das der Stadtrat intensiv zu prüfen und zu entscheiden haben“, sagt er. Ob ein Fusion Käbschütztal retten könnte, könne er nicht bewerten: „Dazu fehlen mir relevante Daten aus der Gemeinde.“

Nur Lommatzsch wird konkret

In engen Grenzen hält sich auch das Interesse der Gemeinde Klipphausen, die bereits mit Triebischtal fusionierte und rund 10 000 Einwohner hat. Bürgermeister Gerold Mann (parteilos) möchte am liebsten gar nicht über das Thema reden. „In der Gemeinde Klipphausen ist es üblich, erst auf Fragestellungen zu antworten beziehungsweise im Gemeinderat zu diskutieren, wenn das von den entsprechenden Gemeinden oder Behörden an die Gemeinde Klipphausen herangetragen wird“, teilt er kurz mit. Vorfreude auf eine mögliche „Ehe“ sieht anders aus. Immerhin: Klipphausen müsste bei einer Fusion mit Käbschütztal möglicherweise keine „Reichensteuer“ mehr zahlen.

In Lommatzsch gibt es keinerlei Interesse an Käbschütztal. „Wir sind uns einig, dass die Stadt Lommatzsch keine Absicht hat, Ortsteile von Käbschütztal in ihr Gemeindegebiet aufzunehmen. Der Verlauf der aktuellen Gemeindegrenze lässt die Bildung eines neuen sinnvollen Gemeindegebietes nicht zu“, sagt Bürgermeisterin Anita Maaß (FDP). Hinzu komme, dass es im Bereich der Versorgungsstrukturen wie Trink- und Abwasser keine gemeinsamen Anknüpfungspunkte gäbe. „Eine Fusion der Gemeinde Käbschütztal oder ihre Aufteilung würde vermutlich die bestehende Gemeinde und ihre Gemeinderäte aus der Verantwortung nehmen. Diese Verantwortung würden die aufnehmenden Gemeinden übernehmen müssen“, so die Lommatzscherin.

Bleibt noch Diera-Zehren. Dort hatten die Bürger ja bereits per Bürgerentscheid eine Fusion mit der Stadt Meißen abgelehnt. Kaum vorstellbar, dass man in Diera-Zehren, das finanziell relativ gut dasteht, eine Fusion mit dem „Problemkind“ anstrebt. Notfalls gibt es eben wieder einen Bürgerentscheid. Damit hat man ja in Diera-Zehren große Erfahrung. Bürgermeisterin Carola Balk (parteilos) jedenfalls antwortet wie die meisten ihrer Amtskollegen ausweichend und unverbindlich: „Dazu liegt uns weder Näheres noch eine konkrete Anfrage vor.“

Und so sieht es derzeit danach aus, dass die Gemeinde wohl zerschlagen und aufgeteilt wird, so wie es schon einmal war. Die ehemalige Gemeinde Planitz-Deila könnte nach Lommatzsch gehen, Krögis nach Nossen und der Rest nach Meißen. Vorausgesetzt, die Stadt- und Gemeinderäte dort stimmen zu. Sonst muss Käbschütztal weiterwursteln wie bisher.