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„Wer macht so etwas?“

Zum dritten Mal schlagen Autokratzer an der Rostocker Straße zu. Die Betroffenen rätseln über das Motiv.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Die Täter müssen viel Kraft aufgewendet haben, vermutet Romy Kirschke und zeigt die Kratzspur an einem roten Skoda. Von der rechten Beifahrertür über das Heck bis zur linken Seite zieht sich die weiße Linie durch den Lack. „Bei zwei anderen haben sie das Dach zerkratzt, bei einem ein Kreuz in die Motorhaube geritzt“, sagt die Auszubildende des Autohauses Hering. Sieben Pkw hatten die Unbekannten Anfang Februar beschädigt, fast 20 000 Euro Schaden angerichtet. „Ich frage mich, wer so etwas macht“, sagt Kirschke.

Darüber rätseln nicht nur die Mitarbeiter des Autohauses Hering. Denn der oder die Täter kamen wieder. Mitte der Woche suchten sie das Hyundai-Autohaus Wacke heim, keine 500 Meter entfernt. Und nur zwei Tage später nahm die Polizei die dritte Anzeige auf, diesmal beim Opel-Autohaus Neustadt, direkt gegenüber. „Ich bin erschrocken, als ich die Polizei dort habe stehen sehen“, sagt Cathleen Hering. Seit dem Vorfall vor zwei Wochen schauen sie und die Mitarbeiter regelmäßig nach Schäden an den zum Verkauf stehenden Fahrzeugen. Was den Täter geritten hat, darüber kann auch Hering nur mutmaßen. Vielleicht habe der etwas gegen Autohändler?

Die Polizei jedenfalls geht derzeit von „klassischem Vandalismus“ aus, so Sprecherin Jana Ulbricht. „Wenn Privatfahrzeuge beschädigt werden, dann spielen oft persönliche Motive eine Rolle, es gibt meist eine Beziehung zwischen Täter und Geschädigtem.“ Das sei hier allerdings nicht der Fall. Es gebe Anhaltspunkte, dass die Taten jeweils zusammenhängen: Die Tatorte lägen nah beieinander, auch die Begehensweise sei die Gleiche. Dass verschiedene Autohäuser betroffen seien, spreche aber gegen ein persönliches Motiv. Die Ermittlungen seien in solchen Fällen relativ schwierig, erklärt Ulbricht. „Die Täter hinterlassen kaum Spuren, wenn sie mit einem Schlüssel oder Nagel am Auto langgehen.“ Dazu komme noch, dass die Tatorte im aktuellen Fall schlecht einsehbar seien. Zeugenhinweise gebe es deshalb bisher auch noch nicht. Für die Autohändler sind solche Sachbeschädigungen in jedem Fall ein großes Ärgernis, sagt Ulrich Große. Er ist Sprecher des Landesverbands des Kraftfahrzeug-Gewerbes. „Abhängig vom Lack können Sie pro Fahrzeug mindestens mit einem hohen dreistelligen Betrag rechnen.“ Lackkratzer hätten zwar nicht zwingend einen Wertverlust zur Folge. „In der Realität handeln die Kunden aber oft einen Nachlass heraus.“ In jedem Fall bedeuteten solche Schäden einen Nachteil für den Händler. Die Reparatur zahle zwar die Versicherung des Autohändlers. Es werde aber in jedem Fall eine Selbstbeteiligung fällig. „Und es besteht immer das Risiko, dass es sie in der Versicherungs-Police nach oben zieht.“ Aus dem gleichen Grund überlegt sich Hyundai-Händler Ronny Wacke zweimal, ob er die Reparaturen überhaupt von der Versicherung bezahlen lassen will. Rund 10 000 Euro betragen die Schäden an seinen vier Gebrauchtwagen. Vor drei, vier Jahren habe an seinem Standort in Riesa schon einmal jemand Autos beschädigt. „Ich weiß auch nicht, ob das ein Dummejungenstreich ist, oder ob da jemand etwas gegen mich hat“, sagt er nur. An besondere Schutzmaßnahmen denkt er erst einmal nicht. „Was bringt es mir, wenn ich weiß, wer das war? Die meisten, die so etwas machen, haben doch eh nichts!“

Im Autohaus Hering denkt man dagegen darüber nach, sich zu wappen. Wahrscheinlich soll eine Kamera her. „Wir haben auch schon überlegt, uns nachts auf die Lauer zu legen“, sagt Cathleen Hering. Einfach einen Zaun um das Gelände zu ziehen, das kommt jedenfalls nicht infrage. „Die Leute sollen ja schauen und nah an die Autos herantreten können.“ Immerhin: Die ersten Fahrzeuge sind schon repariert. „Und einen der beschädigten Wagen haben wir mittlerweile verkauft.“