Merken

Wer kauft das Amtsgericht?

Das Gebäude der ehemaligen Fachschule Roßwein soll versteigert werden. Ob sich ein Käufer findet, ist noch offen.

Teilen
Folgen
© Dietmar Thomas

Von Frank Korn

Roßwein. Das Hauptgebäude sieht von außen gut aus. Und innen ist so manches sehenswerte Detail zu finden. Die Rede ist von der ehemaligen Fachschule an der Döbelner Straße in Roßwein. Grundstück und Gebäude sollen versteigert werden. Am Donnerstag haben sich Interessenten und Neugierige umgeschaut.

Dieser Kachelofen ist im Haus A zu finden. Er reicht bis knapp unter die Decke.
Dieser Kachelofen ist im Haus A zu finden. Er reicht bis knapp unter die Decke. © Dietmar Thomas
Ebenfalls in Haus B war eine Strafzelle untergebracht. Sie wurde von den Studenten auch zum Feiern genutzt.
Ebenfalls in Haus B war eine Strafzelle untergebracht. Sie wurde von den Studenten auch zum Feiern genutzt. © Dietmar Thomas
In einem Sicherungskasten im Haus B ist noch die Technik aus DDR-Zeiten zu erkennen.
In einem Sicherungskasten im Haus B ist noch die Technik aus DDR-Zeiten zu erkennen. © Dietmar Thomas

„Das Grundstück und die Gebäude gehören dem Land Sachsen“, erklärt Renate Renelt, die für die Sächsische Grundstücksauktionen AG vor Ort war. Vor der Versteigerung sei es auch der Kommune angeboten worden, doch die wollte nicht kaufen. So steht der Komplex nun für ein Mindestgebot von 180 000 Euro zur Versteigerung. Die soll am 28. Februar in Dresden über die Bühne gehen.

Die Gebäude haben eine wechselvolle Geschichte. Haus A und B wurden etwa 1901 gebaut, das Haus M Anfang der 1970er-Jahre. Das Hauptgebäude wurde ursprünglich als Königliches Amtsgericht der Stadt Roßwein errichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden die Gebäude eine andere Bestimmung. An der Fachschule Roßwein wurden Ingenieure ausgebildet. Einer davon ist Johannes Preusker gewesen, der mit seiner Frau Regine zur Besichtigung gekommen ist. „Ich habe im April 1952 die Aufnahmeprüfung für das Studium bestanden und im Herbst 1952 mein Ingenieurstudium in der Fachrichtung Stahlbau begonnen“, erinnert sich der Dresdner. Später schloss er einen zweiten Studiengang in der Fachrichtung Schweißtechnik ab.

Den ehemaligen Gerichtssaal kennt Johannes Preusker nur als Prüfungssaal. „Hier habe ich meine beiden Ingenieurarbeiten verteidigt“, so der 81-Jährige. Beim Gang durch die Mensa weist er auf einen Unterschied zu „seiner Zeit“ hin. „Die Zwischenwände waren damals noch nicht.“ Später kommt Preusker mit einem Roßweiner Ehepaar ins Gespräch und frischt seine Erinnerungen auf.

Udo Gräfe, der seit einem reichlichen Jahr als Hausmeister immer mal nach dem Rechten sieht, führt die Besucher gemeinsam mit Renate Renelt durch die Gebäude. Im Haus A beeindrucken neben dem Prüfungssaal auch zwei Räume, in denen Kachelöfen stehen. Für Heiterkeit sorgt die Strafzelle, die in Haus B zu finden ist. Ganz früher wurden darin wohl die Straftäter bis zur Verhandlung einquartiert. Zu Zeiten der Fachschule sei der Raum auch schon mal zum Feiern genutzt worden, erzählt Udo Gräfe. Ansonsten diente das Haus B als Wohnheim für die Studenten. An einer der Türen hängt noch ein Kalender aus dem Jahr 1999. Auch das Auditorium (Hörsaal) ist hier zu finden. Im Haus M waren die Büros der Dozenten. In jedem der Räume gibt es ein Waschbecken.

Bis 2014 dienten die Gebäude als Außenstelle der Hochschule Mittweida. Im Jahr 2015 zogen die ersten Flüchtlinge ein. Bis Anfang dieses Jahres waren in den Häusern A und M Flüchtlinge untergebracht. „Der Hörsaal wurde zum Beispiel als Begegnungsstätte, aber auch als Raum für die Deutschkurse genutzt“, so Udo Gräfe. Seit dem Auszug der Flüchtlinge stehen die Gebäude leer und sollen mit der Versteigerung möglichst einer neuen Bestimmung zugeführt werden. Zu den drei Gebäuden gehört ein Grundstück mit einer Fläche von etwa 10 800 Quadratmetern.

Trotz der Größe des Grundstücks ist Renate Renelt optimistisch, dass sich ein Käufer findet. „Es fragt sich nur, zu welchem Preis“, so Renelt. Auch wenn in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten werterhaltende Sanierungen durchgeführt wurden, müsste noch einmal viel Geld investiert werden.

28. Februar, ab 11 Uhr: Auktion Dresden, Dorint Hotel Dresden, Grunaer Str. 14.