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Wer hat die Linden gestutzt?

Matthias Spindler steht in der Kritik, er hätte die Bäume zu sehr verschneiden lassen. Den Vorwurf weist der Pfarrer aber zurück.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Ebersbach. Sie sehen tatsächlich bedauernswert aus, die Winterlinden auf dem Friedhof in Niederebersbach. Die acht Bäume waren Anfang März recht drastisch verschnitten worden, auch eine geschützte alte Linde in Oberebersbach. Wie der Pflegeschnitt und das Entfernen toter Äste erfolgte, erregte bei zwei Ebersbacher Naturfreundinnen großen Unmut. Zumal die Winterlinde der Baum des Jahres ist. In der Zeitung wollen sie namentlich nicht genannt sein. Doch ihre Kritik erreichte jetzt auch das Landratsamt. Nicht etwa die untere Naturschutzbehörde, sondern das Denkmalamt wurde auf den Plan gerufen. Denn Kirche und Friedhof stellen eine denkmalpflegerische Einheit dar.

Die Sache wunschgemäß erfüllt

Pfarrer Matthias Spindler hätte deshalb dort einen Antrag für die Arbeiten stellen müssen. “Das habe ich nicht gewusst, obwohl ich seit 30 Jahren im Dienst bin. Das mussten wir nun nachholen“, entschuldigt sich der Kirchenmann. Doch den Vorwurf frevelhaften Verhaltens und der Geldknauserei lässt er nicht auf sich sitzen. „Man kann ja darüber denken, wie man will, aber hier haben einige empfindlich reagiert. Wir haben mit der Firma Kurz aus Zabeltitz einen Auftragnehmer, der die Sache wunschgemäß erfüllt hat“, ist der Ebersbacher Pfarrer überzeugt. Außerdem seien für die alte Linde auf dem Oberebersbacher Friedhof zusätzlich mehrere Hundert Euro für fachliche Beratung ausgegeben worden. Denn dieser Baum ist ein Einzeldenkmal. „Dort muss zusätzlich der hohle Stamm gedeckelt werden“, erklärt Matthias Spindler. An alle Pflegearbeiten sei die beauftragte Firma auch ohne behördliche Genehmigung gewissenhaft herangegangen, sagt er. Der Pfarrer verweist auf die Linde hinterm Pfarrhaus, die Tobias Kurz aus Zabeltitz ebenfalls vor Jahren verschnitt: Sie trägt wieder eine volle Krone.

Olaf Helbig von der Unteren Denkmalbehörde des Landratsamtes spricht trotzdem von einem Gesetzesverstoß. Leider würden die Bestimmungen in den Kirchgemeinden nicht immer ausreichend beachtet, so der Sachbearbeiter. Die überwiegende Mehrheit der Friedhöfe, insbesondere die um Dorfkirchen angelegten, seien aber ein Gartendenkmal oder stehen als Nebenanlage unter Schutz. „Damit sind alle Veränderungen von Erscheinungsbild und Substanz, also auch Baumschnittmaßnahmen, nur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörde erlaubt“, stellt er klar. Das besagte Zurückschneiden in Ebersbach habe ein „erhebliches Ausmaß“ erreicht. Derzeit würden weitere Informationen zu dem Sachverhalt gesammelt. Die Kirchgemeinde müsste aber mit „erforderlichen Maßnahmen“ rechnen. Denn nur ein Genehmigungsverfahren könne klären, wie weit ein Pflegeschnitt aus Gründen der Verkehrssicherheit, Baumgesundheit und zum Erhalt des Erscheinungsbildes des Gartendenkmals grundsätzlich notwendig ist. Der Denkmalbearbeiter wird noch deutlicher: Bei dem jetzt vorliegenden Fall bestehen Zweifel an der fach- und besonders an der denkmalgerechten Ausführung des über einen Pflegeschnitt hinausgehenden massiven Eingriffs“, so die Antwort aus dem Landratsamt. Fachreferentin Schwarz vom Landesamt für Denkmalpflege soll sich nun vor Ort selbst ein Bild machen. Auch die Stellungnahme der Kirchgemeinde wird ausgewertet. Doch die Behörde kennt kein Pardon: „Sind die Bäume hingegen erst einmal nahezu ihrer gesamten Kronen beraubt, kann das Ergebnis eine jahrelange Beeinträchtigung des denkmalgeschützten Friedhofs bedeuten.“ Deshalb will man im Landratsamt nun auf einen abgestimmten Pflegeplan dringen.

Bäume mehr im Fokus als früher

Pfarrer Spindler sagt, dass bei den Bäumen etwa ein Viertel an Höhe heruntergenommen wurde, damit die Pflege beherrschbar bleibt. Denn mit jedem Meter wird sie naturgemäß schwieriger. Jetzt sind die Linden an die zehn Meter hoch. „In zwei Jahren sehen sie wieder gut aus“, versucht er die Sache zu relativieren. Etliche Friedhofsbesucher hätten ihn wegen der gefährdeten Sicherheit durch tote Äste angesprochen. Und hätten sich über das viele Laub beschwert. Schließlich würde zudem ein „deutliches Zurücksetzen“ die Lebensdauer der Bäume wesentlich erhöhen, hat sich Spindler angelesen.

Naturschutzbeauftragter Karl-Heinz Rutsch aus Kalkreuth findet jedoch auch, dass hier des Guten zuviel getan wurde. Und er vermutet einen Grund für die große Aufregung. „Seit dem Tornado haben alle Angst vor umstürzenden Bäumen und herabfallenden Ästen“, so Rutsch. Andererseits ist aber auch die Aufmerksamkeit für Bäume gestiegen. Allgemeiner Ärger über unnötige Fällungen oder Frevel auf Friedhöfen, wie sie jüngst auf einem Seminar des Sächsischen Heimatschutzbundes in Dresden thematisiert wurden, hätte sich nun auf Pfarrer Spindler entladen.

Fakt ist jedoch: Die Kirche wird auch hier als öffentliches Vorbild angesehen.