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Wer engagiert sich nun für die toten Soldaten?

Joachim Wolf gab Unbekannten ihre Namen zurück. Jetzt verstarb er und hinterlässt in Pirnas Friedhofsarbeit eine Lücke.

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© Kristin Richter

Von Mareike Huisinga

Pirna. Der Tod von Joachim Wolf ist für seine Familie ein schmerzlicher Verlust. Aber auch die Mitarbeiter des Pirnaer Friedhofes an der Dippoldiswalder Straße werden ihn vermissen. „Ich lernte Herrn Wolf 1994 kennen, er hat viel bewegt“, sagt Friedhofsverwalterin Anett Hauschild mit leiser Stimme. Dem Pirnaer, der Ende Januar im Alter von 89 Jahren verstarb, lag besonders das sogenannte Soldatenabteil des Friedhofes am Herzen. „Es sein Verdienst, dass dieses Areal würdevoll umgestaltet wurde“, erklärt Anett Hauschild. Das besondere Grabfeld befindet sich in unmittelbarer Nähe der zentral gelegenen Friedhofskapelle. 522 Soldaten sowie Zivilisten, die im Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen, wurden hier bestattet. Zu DDR-Zeiten hat man die Gräber zwar nicht einebnen lassen, aber niemand fühlte sich so richtig verantwortlich. „Das Areal verlotterte sehr“, berichtet die Friedhofsverwalterin.

An diesem Zustand stieß sich Joachim Wolf, der selbst noch nicht einmal 18-jährig 1944 von der Wehrmacht eingezogen wurde und somit die Sinnlosigkeit des Krieges erleben musste. Akribisch prüfte er die Daten der auf dem Pirnaer Friedhof bestatteten Soldaten, recherchierte in Archiven, um die Namen zu vervollständigen und ging ungeklärten Schicksalen nach. Teilweise bedeutete das auch Knochenarbeit. Joachim Wolf war sich nicht zu schade, gemeinsam mit seiner Frau Ruth die teilweise völlig zugewachsenen Grabsteine freizulegen, um die Namen der Toten aufzulisten. Unermüdlich warb er beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge um Fördermittel, wo er selber Mitglied war. Die Stadt Pirna unterstützte sein Anliegen, so dass 2003 die Anlage erneuert werden konnte. Unter anderem wurden die Gräber mit Efeu bepflanzt, alte schöne Rhododendronbüsche konnten gerettet werden. Außerdem erfolgte die namentliche Benennung der Toten auf Metallschildern. Obwohl die Stadt Pirna für die Pflege verantwortlich ist, schaute auch Joachim Wolf immer wieder nach dem Rechten.

Im Laufe der Jahre musste er feststellen, dass die Namensschilder aus Witterungsgründen immer mehr verblichen. Zusammen mit der Stadtverwaltung strebte Wolf eine dauerhafte Lösung an, die 2014 umgesetzt wurde. Seitdem stehen wetterfeste Edelstahlplatten mit sämtlichen Namen der Toten an den Grabstellen.

Die würdevolle Umgestaltung findet Resonanz. Im Jahr käme es zwei bis dreimal vor, dass Angehörige der Gefallenen nach den Gräbern ihrer Väter oder Großväter fragten, sagt Anett Hauschild. „Sie bitten uns, sie zu den Grabstellen zu führen und sind sehr dankbar, dass es das Soldatenabteil für sie als Ort zum Trauern gibt“, erklärt die Verwalterin. Aber Joachim Wolf hatte nicht nur die Soldatengräber im Blick. Jährlich wirkte er bei der Gedenkfeier am Volkstrauertag in der Friedhofskapelle mit und sprach das Totengedenken.

Seine Frau Ruth erinnert sich genau: „Dabei war es ihm stets ein Anliegen, an alle Opfer des Zweiten Weltkrieges zu erinnern unabhängig der Nationalität. Es ging ihm um die Würde und Achtung aller Menschen.“ In diesem Sinne machte er sich auch das Leitmotiv der Kriegsgräberfürsorge: „Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden“ zu eigen, fügt Anett Hauschild hinzu.

Der Tod von Joachim Wolf hinterlässt folglich für den Friedhof eine Lücke. „Wir würden uns freuen, wenn jemand das Werk und Anliegen von Herrn Wolf fortführt und sich engagieren möchte“, wirbt Anett Hauschild.

Kontakt Friedhof Pirna:Telefon 03501 447107