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Wer dreht da an der Erdachse?

Der Sachsenspiegel berichtet über den alten Brauch in Bernstadt. Dabei ging es auch sehr weit in die Tiefe.

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© Rafael Sampedro

Von Andreas Herrmann und Anja Beutler

Bernstadt. Mit dem Schmieren der Erdachse kennt sich Ortschronist und Bürgermeister a.D. Gunter Lange bestens aus. Auch in seinen vielen Dienstjahren war er Jahr für Jahr mit unter jenen Bernstädtern, die sich darum gesorgt haben, dass das gute Stück stets gepflegt und „in Betrieb“ bleibt. Am Montag gab es nun wichtigen Besuch vom MDR. Mit einem Drehteam waren die Journalisten vor Ort, um fürs Fernsehen und fürs Radio zu produzieren. Gunter Lange konnte am Heimatmuseum ausführlich erläutern, was es mit der Erdachse und allen in diesem Zusammenhang stehenden Fragen zwischen Rotationsachse der Erde, Nautik und Ekliptik auf sich hat.

MDR-Kameramann Holger Teupel setzt die Bernstädter Erdachse vor dem Heimatmuseum in Bernstadt in Szene.
MDR-Kameramann Holger Teupel setzt die Bernstädter Erdachse vor dem Heimatmuseum in Bernstadt in Szene. © Rafael Sampedro

Eigentlich beginnt die Geschichte von Bernstadts Erdachse in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts. Damals befand sich in Löbau das Königlich-Sächsischen Lehrerseminar, berichtet Lange. Die Studenten kamen offenbar gern nach Bernstadt, um hier zu feiern, tranken dabei viel Bier im Braunen Hirsch am Markt und übernachteten dann in den Bürgerhäusern. „Damals befand sich – ein Stück weiter unten als der heutige Brunnen – eine Trinkwasser-Brunnensäule mit Laterne auf dem Markt. Und in dieser Brunnensäule soll einer von ihnen – sicherlich noch nicht wieder ganz nüchtern – die Erdachse gesehen haben“, erklärt der Ortschronist. Wissenschaftlich hat sich Dr. Gert Harland aus Löbau mit der Erdachsenfrage beschäftigt und einst umfangreiche Berechnungen gemacht, fügt er hinzu.

Weil sich das Fernsehen schon 14 Tage vor dem Drehtermin angemeldet hatte, war für ihn und die Mitstreiter vom Heimatmuseum ausreichend Zeit für die Besuchsvorbereitung. Sie holten dann auch die historischen Bilder vom Erdachsenschmieren vergangener Tage heraus, denn der MDR war natürlich sehr an Ortsgeschichte interessiert und außerdem sollte es natürlich auch einfach schöne Bilder geben. Diese entstanden dann am Montag ebenfalls mit Bürgermeister Markus Weise, der sich an der Erdachse am Marktplatz postiert hatte und ebenfalls seine aktuellen Geschichten beisteuerte.

Zum zweiten Höhepunkt der MDR-Drehtour ging es dann in den tiefsten Keller der Stadt. Dieser geht ungefähr zwölf Meter in die Erde und hat drei Stockwerke. Gunter Lange erklärt, warum es in Bernstadt so weit in die Tiefe geht: Einst wurde in Bernstadt viel Bier gebraut und das sollte dort unten schön kühl bleiben, damit es nicht nur den Studenten schmeckt, die dann die Erdachse gesehen haben. Auch heute sind die alten Keller als Bierlager noch sehr beeindruckend – MDR-Kameramann Holger Teupel, der in Bernstadt mit seiner hochmodernen HD-Kamera drehen konnte, gefielt es auch deshalb hier am besten. „Die alten Mauern und das geheimnisvolle Leuten des blauen Basalts, mit dem die Wände gemauert sind, haben schon etwas Geheimnisvolles und sehr Schönes“, sagte er.

Dass der MDR nach Bernstadt gekommen ist, ist Bärbel Nehrettich zu verdanken. Sie schrieb einen Brief nach Leipzig und wies darauf hin, dass der Sachsenspiegel in 25 Jahren auf Sendung noch nie hier war. Aber auch der MDR selbst hatte auf seiner Internetseite die Zuschauer im Programmgebiet aufgefordert sich zu melden, wenn der Sachsenspiegel wirklich noch nie in ihrem Ort war. Natürlich überprüften das die MDR-Programmplaner und siehe da: Es stimmte, bestätigt MDR-Redakteur Roland Kühnke, der mit seinem Team nun in der Oberlausitz unterwegs war. Produziert wird ein längerer Film von etwa drei bis vier Minuten sein, verrät Kühnke. Und auch im Radio – MDR Sachsen – werde über Bernstadt berichtet. Mit dabei ist bei der Berichterstattung auch ein Dreh in einem zweiten Keller, der nicht mehr so grandios historisch-rustikal aussieht, aber dafür ganz praktisch als Wellness-Oase genutzt wird. Damit will der MDR zeigen, dass mit Bernstädter Kellern nicht nur Bier, sondern auch Gesundheit Wohlbefinden verbunden werden kann.

Verbinden werden sich am kommenden Sonntag aber auch viele Bernstädter zu einer Eimerkette im Waldbad Bernstadt. Denn auf diese Weise soll in diesem Jahr die Erdachse geschmiert werden – oder besser Mit Wasser vom Bach gereinigt werden. Denn jedes Jahr wandert diese Aufgabe traditionell an jemand anderen – von der Feuerwehr bis zum Unternehmer haben sich schon viele beim Erdachsenschmieren betätigt.

Im MDR Sachsenspiegel ist der Beitrag an diesem Sonnabend zwischen 19 und 19.30 Uhr zu sehen. Im Radio bei MDR Sachsen läuft der Bernstadt-Bericht laut Sender ebenfalls am Sonnabend, im Vormittags- oder Mittagsprogramm.