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Wenn’s hinterm Haus tagelang stinkt

Auf Feldern bei Gaußig wurde ausgerechnet bei der größten Hitze Gülle ausgefahren. Das sorgt bei Anwohnern für Ärger.

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© Uwe Soeder

Von Madeleine Siegl-Mickisch

Gaußig. Das hat ihnen gewaltig gestunken. Ausgerechnet bei der extremen Hitze in der zweiten August-Woche wurde hinterm Haus von Karin Förster und Gert Lehmann in Neu-Zockau bei Gaußig Gülle auf die Felder gefahren. „Das ging tagelang so, von morgens um fünf bis abends gegen elf“, sagt Gert Lehmann. „Wir konnten uns nicht draußen aufhalten und auch nachts kein Fenster öffnen.“ Trotzdem sei der Gestank bis ins Haus gezogen. Seiner Frau ging es deshalb nicht gut. In Cossern, wo am Ortsrand ebenfalls Gülle auf die Felder gebracht wurde, habe sich eine Anwohnerin aufgrund des Gestanks übergeben müssen.

Lehmann sagt, er habe durchaus Verständnis dafür, dass es auf dem Dorf mal riecht. „Wir wohnen ja schon lange hier.“ Aber so schlimm sei es noch nie gewesen. Und er fragt: Musste es denn ausgerechnet bei diesen extrem heißen Temperaturen von mehr als 35 Grad sein? Weil die Situation immer unerträglicher wurde, habe er schließlich bei der Agrargenossenschaft in Gnaschwitz angerufen, welche die Felder bewirtschaftet. Dort sei er aber leider nicht auf Verständnis gestoßen. Die Gülle müsse jetzt auf die Felder und deshalb könne man damit trotz der Hitzeperiode nicht warten, habe er zu hören bekommen.

„Wir müssen Termine einhalten“, erklärt Dagmar Pawolski, die Vorsitzende der Agrargenossenschaft, auf Nachfrage der SZ. Nach der Ernte müssten die Felder für die Neubestellung vorbereitet werden, dazu gehöre auch die Düngung mit Gülle. Allerdings stehe dafür nur ein enges Zeitfenster zur Verfügung, weil Ende August die Felder bereits wieder neu bestellt werden. Keiner habe gewusst, wie lange die Hitze im August anhalten wird. „Und im September können wir nicht erst düngen, da soll ja der Raps schon wachsen“, sagt Dagmar Pawolski. In einem längeren Beitrag, der im nächsten Gemeindeblatt von Doberschau-Gaußig veröffentlicht werden soll, bittet der Vorstand der Agrargenossenschaft die Bürger um Verständnis. Darin verweist er auch darauf, dass die Gülle seit diesem Jahr mit neuster Technik ausgebracht und direkt in den Boden eingearbeitet wird. Damit erfülle man bereits heute eine gesetzliche Forderung, die erst ab 2017 gelten soll.

Keine Ordnungswidrigkeit

Bisher schreibt die Düngeverordnung vor, dass Gülle auf unbestellten Ackerflächen innerhalb von vier Stunden eingearbeitet werden muss, um die Geruchsbelastung zu minimieren. Von November bis Januar gilt eine Sperrfrist, in der keine Gülle ausgebracht werden darf. Weitere Einschränkungen, etwa bei bestimmten Außentemperaturen, sind darin nicht festgelegt.

Vom Gesetz her gibt es also keine Beanstandungen, sagt Karin Bernhardt, Pressesprecherin beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Gert Lehmanns Frau hatte sich telefonisch beim Amt beschwert. Ein Mitarbeiter sei dem nachgegangen, sagt Bernhardt. Eine Ordnungswidrigkeit liege demnach nicht vor. „Gute fachliche Praxis ist es aber auf keinen Fall, bei mehr als 35 Grad Gülle auszufahren. Da kann man auch mal fünf Tage warten“, sagt Karin Bernhardt. „Wir appellieren immer an die Landwirte, vor allem bei besonderen Wetterlagen immer genau zu überlegen, ob das Ausbringen unbedingt zu diesem Zeitpunkt sein muss.“