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Wenn der Kleingarten zum Tatort wird

In einer Sparte in Kaditz haben sich die Delikte 2016 gehäuft. Ist das ein stadtweiter Trend?

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© René Meinig

Von Sarah Grundmann

Kürzlich brannte in Pieschen eine Gartenlaube ab, wahrscheinlich wurde sie angezündet. Im November erwischte ein 80-jähriger SZ-Zusteller Einbrecher auf frischer Tat – ebenfalls in einer Gartensparte. Geraten diese immer mehr ins Visier von Kriminellen? Ein Verein, der besonders zu kämpfen hat, ist der Kleingartenverein An der Eiche auf der Rankestraße.

Ein Gartenhaus fackelte komplett ab. Schaden: 20 000 Euro. Am Vereinsgelände wurde ein Auto gestohlen. Schaden: 15 000 Euro. In 16 verschiedene Lauben wurde eingebrochen. Schaden: 12 000 Euro. Und das allein seit Februar 2016. Die Vereinsmitglieder sind verzweifelt und fühlen sich von der Polizei im Stich gelassen. Mit 14 verschiedenen Polizisten hatten sie mittlerweile zu tun. Das Vorgehen vor Ort sei freundlich und korrekt gewesen. „Danach allerdings ist jeweils bis zum heutigen Tag nichts mehr passiert“, schreiben die Vorstandsmitglieder Jens Flecks, Gunter Kießling und Martin Tomisch in einem Brief an die Polizei.

In der Sparte, die aus 140 Kleingärten und etwa 300 Mitgliedern besteht, kennt man sich mit Ermittlungen aus. Denn in dem Verein ist eine Vielzahl von ehemaligen und teilweise noch aktiven Polizeibeamten. „Deren Verständnis für die mangelhafte und ungenügende Bearbeitung der Delikte hält sich in äußerst engen Grenzen“, heißt es in dem Schreiben. Demnach habe dem Polizeirevier Pieschen sogar Material von Überwachungskameras vorgelegen, Fingerabdrücke und DNA-Spuren seien gesammelt worden. Außerdem konnten die Vereinsmitglieder zahlreiche Hinweise geben und Verdächtige benennen – Ergebnisse gibt es allerdings nicht. Stattdessen gab es für die Hobby-Gärtner einen Vortrag darüber, dass jeder Bürger auch für seine eigene Sicherheit zu sorgen habe. „Wozu gibt es in Dresden eine Polizei, wenn diese nicht in der Lage ist, ihre Bürger und deren Eigentum zu schützen?“, fragen die Kleingärtner besorgt.

Die Polizei wiederum weist jegliche Vorwürfe von sich. „Die Arbeit der Beamten vor Ort wurde von den Vorständen sehr positiv eingeschätzt“, sagt Pressesprecher Thomas Geithner. Darüber hinaus sei es für die Beamten schwierig, etwas für den Schutz der Kleingärtner zu tun. Allenfalls können Bürgerpoliszisten ein Auge auf die Lage werfen. „Da Einbrüche in Kleingartenanlagen derzeit kein Schwerpunkt für die Dresdner Polizei sind, werden wir dort nicht zusätzlich präsent sein.“ Denn auch wenn durch die aktuellen Fälle und das Beispiel der Kaditzer Sparte der Eindruck entstehen könnte, dass Kriminelle vermehrt in Kleingartenanlagen zuschlagen, verzeichnet die Polizei einen Rückgang.

Eine Statistik zu den Einbrüchen in Lauben werde zwar nicht geführt, harte Zahlen gebe es daher also nicht. Aber mithilfe der Arbeitsstatistiken können die Beamten zumindest Trends verzeichnen. „Da ist ein tendenzieller Rückgang zu verzeichnen“, so Geithner. So seien die entsprechenden Straftaten 2015 um gut drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Um einiges deutlicher ist die Tendenz für 2016: Da wurden etwa 25 Prozent weniger Delikte als im Vorjahr erfasst. Doch Geithner räumt auch ein, dass sich beim Kleingartenverein „An der Eiche“ ein anderes Bild zeigt: Dort ist die Kriminalität seit Februar 2016 rapide gestiegen. „Eine wirkliche Erklärung haben wir nicht. Es gibt keine speziellen Merkmale, die diesen Kleingartenverein im Vergleich zu anderen besonders gefährdet erscheinen lassen“, sagt der Polizeisprecher. Aufgrund der besonderen Lage gibt es für die Mitglieder der Kaditzer Sparte nun gute Nachrichten.

Die Beschwerde des Vorstands wurde in die Vorplanung der Polizei für 2017 aufgenommen. „Bei Fortgang der Delikte ab dem kommenden Frühjahr werden wir die Situation neu bewerten“, so Geithner. Sollten sich die Straftaten weiterhin häufen, wäre es denkbar, kurzzeitig und zielgerichtet Beamte in Zivil einzusetzen. So sei die Polizei auch bei anderen akuten Phänomenen erfolgreich gewesen: Zuletzt wurden auf diese Weise die Täter der Brandstiftungsserie in Pieschen sowie der Rentner, der Insulinspritzen in Supermarktregalen deponierte, gefasst.

Für alle anderen Kleingärtner kann die Polizei nicht viele Tipps geben. „Mehr Sicherheit ist immer an finanzielle Mehrausgaben gekoppelt“, sagt der Polizeisprecher. „Letztlich muss jeder für sich entscheiden, was er für die Sicherheit seiner Laube investieren möchte.“ Wer den Garten verlässt, sollte keine Wertsachen zurücklassen. Ansonsten gelten beim Einbrecherschutz ähnliche Tipps wie zu Hause (s. Infokasten). Das eine oder andere Mitglied des Kleingartenvereins „An der Eiche“ wird sich diese sicherlich zu Herzen nehmen und in den Schutz der Laube investieren.