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Wenn Viren den Alltag flachlegen

Die Erkältungswelle im Kreis hält nach den Ferien an. Einige Firmen und auch eine Klinik spüren das schmerzlich.

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© SZ Thomas Eichler

Von Anja Beutler

Bei Alexander Kittel ist die virale Bombe geplatzt. Fünf der zehn Mitarbeiter des Zittauer Orthopädieschuhmachermeisters sind derzeit im Krankenstand – eine Kollegin inzwischen seit dreieinhalb Wochen. „Wir wissen es nicht von allen Erkrankten genau, aber bei uns hat diesmal wohl die echte Grippe voll zugeschlagen“, sagt Kittel, der das in seinen 20 Jahren Firmengeschichte noch nie so drastisch erlebt hat.

Seine Firma haben die Krankheitserreger seit Tagen nun beinahe zum Stillstand gebracht: Maßanfertigungen für Schuhe, neue Einlagen – alles verharrt erzwungenermaßen auf Schmalspur-Niveau. „Ich hoffe nun, dass die Kollegen in der nächsten Woche wiederkommen und wir wieder richtig arbeiten können“, sagt der Geschäftsinhaber. Dann gehe es auch mit der Schuhreparatur endlich wieder weiter. Alexander Kittel hofft nun vor allem, dass seine Kunden die besondere Situation in seinem Unternehmen verstehen.

Reparaturen sind der Kraftverkehrsgesellschaft Dreiländereck (KVG) derzeit auch nur unter größeren Mühen möglich: Weil das Unternehmen seit reichlich zwei Wochen einen konstant hohen Krankenstand zu verkraften hat, müssen die Werkstattmitarbeiter derzeit Überstunden schieben. Insgesamt sind und waren in den letzten Tagen von den 154 Mitarbeitern elf im Krankenstand, davon sieben mit grippalen Infekten, bilanziert KVG-Chef Alfons Dienel. Das sei vergleichsweise viel. Vor allem bei den Busfahrern – die den meisten Kundenkontakt haben – habe man inzwischen Aushilfsfahrer engagieren müssen, weil sich einige Lücken aufgetan haben. Dennoch will Dienel nicht übertreiben: „Grippewellen haben wir in jedem Jahr zu verzeichnen“, sagt er.

In der Tat fällt dieses Jahr bislang noch nicht enorm aus dem Rahmen, wenngleich die Erkrankungsfälle durchaus auf hohem Niveau stabil sind. Das zeigen die Zahlen, die das Landratsamt in dieser Woche veröffentlicht hat. Sprecherin Marina Michel bestätigt in diesem Zusammenhang auch, dass trotz der Ferien bislang keine Entspannung zu sehen ist: Die gemeldeten Neuinfektionen bei den Atemwegserkrankungen insgesamt waren in der Vorwoche ebenso konstant hoch: 1 081 sind in der vergangenen Woche hinzugekommen – davor waren es 926. Ein ähnliches Bild gibt es bei der Zahl der neuen Grippefälle. Hier waren es diesmal 88 im Vergleich zu 92 in der zweiten Februarwoche.

Bekannt ist inzwischen auch, dass die Zahl der Grippe-Patienten gestiegen ist, die neu im Krankenhaus behandelt werden mussten. 35 Personen sind das diesmal, wobei allein elf von ihnen sich direkt bei einem Klinikaufenthalt angesteckt haben. Besonders stark hat es hier das Klinikum Görlitz erwischt: Zwei der vier psychiatrischen Stationen wurden vorerst bis Montag geschlossen. Das Personal trägt Schutzkleidung und wechselt nach Möglichkeit nicht zwischen den beiden belegten Stationen. Die Angehörigen der Patienten sollen von Besuchen auf der Psychiatrie besser absehen. „Wir tun alles“, sagt Klinik-Sprecherin Katja Pietsch, „um eine weitere Ausbreitung der Grippe zu verhindern.“

So drastisch ist die Situation am Klinikum Oberlausitzer Bergland mit den Standorten Ebersbach und Zittau nicht – und auch nicht gewesen. Hier sei das Schlimmste inzwischen vorbei: „Wir hatten in der ersten Februarwoche einen erhöhten Krankenstand zu verzeichnen“, bestätigte die Infektionsschutzbeauftragte Christine Göldner. 15 Prozent des medizinischen Personals waren da ausgefallen, zum Teil fehlten pro Abteilung bis zu fünf Mitarbeiter. Kompensiert habe man das mit Umbesetzungen oder, indem Mitarbeiter auf ihre Freizeit verzichtet haben, um den Stationsbetrieb zu sichern. „Eine Station mussten wir glücklichweise nicht schließen“, sagt Frau Göldner. Auch Untersuchungen oder OPs mussten nicht verschoben werden. Inzwischen habe sich die Lage deutlich normalisiert.

Ohne größere Probleme läuft nach den Ferien insgesamt der Schulbetrieb. Nach Angaben der zuständigen Bildungsagentur seien keinerlei größere Probleme, die gar eine Schulschließung erforderten, aufgetreten, teilte Sprecherin Angela Ruscher auf Nachfrage mit. Dass es Krankheitsausfälle bei Schülern und Lehrern gibt, sei anzunehmen, über das Ausmaß ist aber nichts Konkretes bekannt.

Im vergangenen Jahr war zur gleichen Zeit übrigens nahezu Grippe-Flaute: Gerade einmal drei neue Influenza-Fälle waren in der achten Kalenderwoche 2014 bekannt – wenig im Vergleich zu 88 in diesem Jahr. Damals wurden – auch wegen der Witterung – die Erreger erst etwas später aktiv. Auf ein Wort