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Wenn Tiere Vermählung feiern

Der sorbische Kindergarten Ralbitz bewahrt und pflegt den alten Brauch der Vogelhochzeit - trägt ihn bis nach Dresden.

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© Andreas Kirschke

Von Andreas Kirschke

Ralbitz. Vorfreude strahlt aus den Kinderaugen. Jurij, Philip, Clara und die anderen stimmen kraftvoll ein. Mit ihren Erzieherinnen Tereza Wajdlichec und Daniela Kreuzowa üben sie Schritt für Schritt Lieder und Verse ein. „Ein Vogel wollte Hochzeit machen“ singen sie zweisprachig. Im Ralbitzer sorbischen Kindergarten „Dr. Jurij Mlynk“ in Trägerschaft des Sorbischen Schulvereins proben sie für ihr Programm zur Vogelhochzeit. Der Jahreskreis der Traditionen beginnt mit diesem Brauch. Seit Jahrhunderten gibt man ihn von Generation zu Generation in der Lausitz weiter. Liebe und Ehrfurcht für die Natur weckt der Brauch. Achtung und Respekt vor dem Mitgeschöpf Tier leben ihm inne. Liebevoll dekoriert ist der Kindergarten in diesen Tagen. Fensterbilder, Tischschmuck und kleine Zweige sind für die Vogelhochzeit entstanden.

Liebevoll dekoriert ist der Ralbitzer Kindergarten Dr. Jurij Młynk in diesen Tagen.
Liebevoll dekoriert ist der Ralbitzer Kindergarten Dr. Jurij Młynk in diesen Tagen. © Andreas Kirschke

Am Morgen des 25. Januar stellen die Kinder aufs Fensterbrett ihre Teller raus. Dann treffen sie sich zum Morgenkreis. Unterdessen sind die Teller unbemerkt mit Gebäck gefüllt. Damit danken die Vögel den Kindern für das Füttern im Winter. Fröhlich feiern die gefiederten Freunde an diesem Tag Hochzeit. Die Kinder zeigen diese Vermählung als sorbischen Hochzeitszug mit vielfältigen Trachten.

Seit 1973 erfreut der Ralbitzer Kindergarten Jahr für Jahr Gäste mit einem Programm. „Wir bereiten es langfristig vor. Schon im November legen wir erste Inhalte fest“, sagt Jadwiga Nukowa, seit 2013 Leiterin der Tagesstätte. „Kurz vor Weihnachten geben wir den Kindern Lieder und kleine Gedichte nach Hause mit. So können sie an den freien Tagen zwischen den Jahren mit ihren Eltern schon üben.“ Für die Erzieherinnen ist das eine große Hilfe. Sie kommen voran mit den Vorbereitungen. Bei den Kindern weckt das Programm Stolz. „Die Eltern sind sehr offen. Sie unterstützen uns tatkräftig“, sagt Tereza Wajdlichec. „Das gibt uns Erzieherinnen Halt, dass wir nicht allein sind und Kraft.“

Die Vogelzeit mit dem Sorbischen Nationalensemble

Termine für Erwachsene:

Die Premiere war bereits am Freitag in Cottbus. Weitere Vorstellungen sind in Radibor: 27. Januar um 19.30 Uhr Saal Gaststätte Meja (danach Tanz mit Dr. Taste);

Schleife: 28. Januar um 16 Uhr Sorbisches Kulturzentrum;

Wittichenau: 2. Februar um 19.30 Uhr Mehrzweckhalle;

Crostwitz: 3. Februar um 16 Uhr in der Jednota-Halle und 3. Februar um 19.30 Uhr in der Jednota-Halle;

Hochkirch: 4. Februar um 16 Uhr im Ballhaus;

Bautzen: 10. Februar um 16 Uhr und 19.30 Uhr Saal des Sorbischen Nationalensembles und 11. Februar um 16 Uhr ebenfalls Saal des Sorbischen Nationalensembles

Termine für Kinder:

Bautzen: 22. Januar um 8.30 Uhr und 10.30 Uhr, Saal Sorbisches Nationalensemble; 23. Januar um 8.30 Uhr und 10.30 Uhr Deutsch-Sorbisches Volkstheater; 29. Januar um 8.30 Uhr und 10.30 Uhr Bautzen Saal des Sorbischen Nationalensembles; 6. Februar und 7. Februar jeweils 8.30 Uhr im Saal des Sorbischen Nationalensembles;

Hoyerswerda: 24. Januar um 8.30 Uhr und 10.45 Uhr Lausitzhalle;

Kamenz: 25. Januar um 8.30 Uhr Saal Hotel Stadt Dresden;

Löbau: 26. Januar um 10 Uhr Messehalle;

Cottbus: 31. Januar um 9 Uhr und 11 Uhr Cottbus, Stadthalle

Crostwitz: 8. Februar um 8.30 Uhr und 10.30 Uhr Jednota-Halle.

Karten für die Veranstaltungen gibt es beim Ensemble 0 35 91/358 111 oder jeweils vor Ort

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Trachtenpuppen gezeigt

Anders als sonst vergaben sie dieses Jahr die Rollen für den sorbischen Hochzeitszug. Sie zeigten den Kindern Anfang Dezember Trachtenpuppen. Sie erklärten Begriffe, Details und Aufgaben der Teilnehmer im Hochzeitszug. „So lernten die Kinder viel kennen. Wir wollten sie einbinden und mitentscheiden lassen“, sagt Leiterin Jadwiga Nukowa. „Letztlich ist die Vogelhochzeit ein Brauch, den wir im Herzen tragen und weitergeben wollen. Die Kinder spüren das.“ Wollten gleich mehrere von ihnen Braut oder Bräutigam werden, entschied das Los darüber.

Vielfältig sind die Aufgaben im Hochzeitszug. Jurij Betnar aus Schönau stimmt als „Braška“ (Hochzeitsbitter) die Lieder an. Er begrüßt als Erster die Brautgesellschaft. Er sorgt für Moderation, Ordnung und Überblick. Zum Ende verabschiedet er als letzter die Teilnehmer. Dem Brauch gemäß feiern „Sroka“ (Elster) und „Hawron“ (Rabe) Vermählung. Philip Kurink aus Naußlitz und Clara Šurec aus Rachlau erfreuen in diesem Jahr als Brautpaar. Ihnen folgen Larissa Simon-Witt aus Caßlau und Hannah-Henny Robel aus Schmerlitz als „Slonkas“ (Trauzeugen). „Sie sind sozusagen die Patinnen. Sie begleiten Braut und Bräutigam“, sagt Tereza Wajdlichec. „Sie sind festlich und doch vergleichsweise schlicht gekleidet. Sie stechen in einer Mütze mit stehender Spitze heraus. Zugleich tragen sie ein großes weißes Tuch. Dessen Spitze ist um den Bauch gelegt. Als Detail tragen sie auf dem weißen Tuch eine Brosche.“ Im Hochzeitszug folgen die zwei „Swataj“ (Brautführer) Jakub Miersch aus Caßlau und Jacob Wjenk aus Königswartha, die „Družki“ (Brautjungfern) Lubina Žurec aus Rosenthal und Judit Šolcic aus Cunnewitz, die Köchinnen in Festtagstracht mit weißer Schürze und die „Wuslekane“ (Hochzeitsgäste) in Festtagstracht mit bunter Schürze.

Immensen Aufwand erfordert das Ankleiden. Besondere Sorgfalt brauchen die „Družki“ (Brautjungfern). „Vom Tuch bis zur Kopfbedeckung und bis zum Schmuck sind sie am aufwendigsten ausgestattet. Das Einkleiden dauert mindestens anderthalb Stunden pro Tracht“, sagt Tereza Wajdlichec. Die einzelnen Arbeitsschritte hat sie sich angelernt. Zu Hause in Crostwitz lernte sie viel von den Ankleidefrauen Betina Wjeselina und Regina Lecborjowa. Im Ralbitzer Kindergarten erwarb sie Wissen von Kollegin Anne-Kathrin Krawcowa. Viel Geduld verlangt das Ankleiden der „Družka“ (Brautjungfer). Deren Haare sind sorgfältig vorzubereiten. Zuerst wird ein Kranz geflochten. Mit den anderen zusammen tragen sie im Programm Vogelhochzeitslieder, Winterlieder, Verse, Gedichte und Fingerspiele vor. Zum Programm gehört auch ein Lieder-Medley – ein Zusammenschnitt sorbischer Tänze. „Der Hochzeitszug bei uns zu Hause in Crostwitz zog stets durch das ganze Dorf.“ So wird es auch in diesem Jahr in Ralbitz sein.

Am 25. Januar – am Tag der Vogelhochzeit – zeigt der Ralbitzer Kindergarten ein Programm in Dresden in der Sächsischen Staatskanzlei. Mit dabei ist Ministerpräsident Michael Kretschmer. 23 Kinder aus der Vorschulgruppe des Kindergartens wirken mit. Am 26. Januar um 15.30 Uhr zeigt der gesamte Ralbitzer Kindergarten sein Vogelhochzeitsprogramm in der Sporthalle Ralbitz. Willkommen sind Eltern, Großeltern, Einwohner und Interessierte.