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Wenn Teller tanzen und Mumien begeistern

Hunderte besuchten den SZ-Kunstmarkt. Maler, Bildhauer, Fotografen und eine Videokünstlerin zeigten ihre Arbeiten.

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© Christian Juppe

Von Simone Burig

Etwas abseits vom Gedränge steht Christoph Grabe in einer Ecke. Er hat einen guten Blick auf sein großformatiges Bild „Anna am Strand“. Aber der Maler betrachtet weniger das Kunstwerk als vielmehr die Menschen, die davor stehen bleiben, nachdenklich die Köpfe schief legen und über das 2,30 Meter mal 1,80 Meter große Bild diskutieren. Nach einer Weile spricht er die Besucher an, gibt sich als Urheber zu erkennen, und schon ist der 31-Jährige ins Gespräch vertieft. „Ich finde es spannend, was die Leute in dem Bild lesen. Deswegen will ich gar nicht so viel vorwegnehmen. Jeder soll sich selber seine Gedanken darüber machen“, antwortet er auf die Frage nach der Bedeutung des Bildes.

Impressionen vom 5. SZ-Kunstmarkt

Der Dresdner hat eine kleine Auswahl seiner Werke an diesem Sonnabend beim SZ-Kunstmarkt im Haus der Presse gezeigt. Mit ihm haben 39 weitere Künstler einen Einblick in ihr Schaffen gewährt. Hunderte Liebhaber zeitgenössischer Kunst waren seit dem Vormittag auf den Markt geströmt, um zu stöbern und mit den Malern, Bildhauern und Fotografen zu plaudern.

Erzählen und viele Fragen beantworten muss an diesem Tag auch Robert Frenzel immer wieder. Er hat an seinem Stand einen echten Hingucker aufgestellt: eine Mumie in einer farbenfroh bemalten Hülle, einer sogenannten Kartonage. Auf dieses Objekt wird Frenzel immer wieder angesprochen. Auch der zehnjährige Yanek Teichner, der mit seiner Mutter zum Stöbern und Gucken auf den Kunstmarkt gekommen ist, findet das Objekt äußerst spannend. „Das sieht so echt aus“, sagt er. Und der Künstler erklärt, dass er die Figur aus Styropor, Kunststoff und Spachtelmasse für ein Theaterprojekt gefertigt hat. Sogar menschliches Haar, wie es auch Maskenbildner am Theater nutzen, hat er der Mumie am Kopf angebracht. Alles wirkt echt, und Yanek ist begeistert. „Ich würde die Mumie gerne verkaufen“, sagt Frenzel. „Aber Anfragen dafür hat es bisher leider nicht gegeben.“

Dafür haben den Künstler mehrere Besucher auf seine anderen Arbeiten angesprochen, wie er erzählt. „Einige haben angeboten, mir alte Uhrwerke zu überlassen. Ich stelle nämlich viel lieber mechanische Sachen her“, sagt Frenzel und deutet auf mehrere Objekte auf der anderen Seite des Standes. Für seine Serie „Metropolis“ hat er zahlreiche Uhrwerke, eine Fahrradkette und stählerne Rollen zusammengesetzt. Er drückt auf einen Knopf, und alles setzt sich in Bewegung. Fasziniert bleibt Yanek auch davor stehen, verfolgt, wie die Zahnräder ineinandergreifen und sich drehen. Noch spannender findet der Junge das „Da Vinci Air Race“, bei dem ein kleines Flugzeug angetrieben wird und stetig seine Runden dreht.

Fasziniert sind auch Babett und Andree Klapper. Das Paar hat es sich in den Sesseln neben dem Eingang bequem gemacht und schaut sich einen Film an. „À Table“, am Tisch, heißt der und stammt von der Videokünstlerin Pia Maria Martin. Doch Schauspieler gibt es nicht, vielmehr sind Teller, Gläser, Messer und Gabeln die Protagonisten. Die Gegenstände tanzen wie in einem Ballett über den Tisch. Gläser füllen sich wie von Geisterhand mit Wein, Besteck klappert hin und her, Teller füllen und leeren sich. Sechs Wochen hat Martin an dem fünfeinhalbminütigen Streifen gearbeitet, 25 Bilder pro Sekunde dafür aufgenommen. Herausgekommen ist ein witzig anzuschauendes Fünf-Gänge-Menü.

„Unser Sohn hat mal ein ähnliches Projekt mit Lego-Figuren für die Schule gefilmt. Deshalb wissen wir, wie viel Arbeit dahintersteckt“, erzählt Andree Klapper und widmet sich wieder dem Gespräch mit der Künstlerin. Auch Maler Christoph Grabe spricht wieder mit Besuchern des Marktes. Er war zum ersten Mal dabei und musste fast ununterbrochen Rede und Antwort stehen, wer denn nun Anna sei. Verraten hat er es am Ende aber nicht.