Merken

Wenn sich die Rechten einladen ...

... müssen sich Hoteliers und Gastronomen positionieren. Doch manchmal ist unklar, mit wem sie es zu tun haben.

Teilen
Folgen
© picture alliance / dpa

Von Annechristin Bonß und Julia Vollmer

Einnahmen futsch, Image in Gefahr, eine Wirtin voller Sorge: Das Schießhaus bleibt an diesem Sonnabend geschlossen, weil dort eine rechte Sekte tagen wollte und linke Demonstranten etwas dagegen haben. Im Internet haben sie mobil gemacht, auch als die Rechten schon lange wieder ausgeladen waren. Ein Problem, das auch andere Gastronomen und Hoteliers Dresdens betreffen könnte. Was tun, wenn sich unliebsame Gäste ankündigen und der politische Frontenkampf plötzlich vor dem Gasthaus stattfindet?

Öffentlich darüber sprechen will kaum einer der Dresdner Gastronomen und Hoteliers. Am Freitag hatte das aktuelle Beispiel vom Schießhaus bereits die Runde gemacht. Das sei eine Gratwanderung, sagt einer, zwischen Gastfreundschaft und Imageschaden und der Frage, ob rechtlich eine Absage überhaupt möglich ist. Einer der spricht, ist Bernd Jannasch, Wirt im Gasthof Weißig. „Ich hatte in den vergangen 25 Jahren noch nie eine Anfrage von rechten Gruppen“, sagt er. Er sieht allerdings auch ein Problem. Niemand outet in seiner Reservierung seine politische Gesinnung. Hinter einer Anfrage einer Privatperson könnte also eine Veranstaltung einer rechten Gruppe stecken, ohne dass der Wirt das merkt, so Jannasch.

Der Weißiger Wirt, selbst Mitglied der CDU, stellt klar: Die NPD oder andere rechte Gruppen dürfen bei ihm nicht rein. Er lehnt es außerdem ab, Werbebanner in oder vor seinem Lokal aufzuhängen während einer Einmietung – egal von welcher Partei. Auch die CDU-Fahne würde er nicht hissen. „Wirte müssen grundsätzlich neutral sein. Wenn es aber gegen Menschenrechte geht, zeige ich klare Kante“, sagt er.

Rechtsanwältin Katrin Locke kennt die rechtliche Seite. Sie vertritt viele Gastronomen in Fragen des Miet- und Vertragsrechts. „Eine Reservierung per Anruf stellt noch keinen Vertrag dar“, sagt sie. Diese kann der Wirt also jederzeit ablehnen, auch wenn erst bei der telefonischen Besprechung dazu Differenzen auftauchen. Gründe dafür muss er nicht nennen. Dabei sind die politische Gesinnung oder andere Weltanschauungen der Gäste rein rechtlich ohnehin kein Grund, den diese angeben können, wenn sie sich beim Rauswurf diskriminiert fühlen. Und auch wenn der Wirt erst am Veranstaltungstag merkt, welche Personen hinter der Reservierung stecken, muss er diese nicht bewirten. „Sein Hausrecht kann er von der Polizei durchsetzen lassen“, sagt die Dresdner Anwältin.

Johannes H. Lohmeyer, Geschäftsführer im Holiday Inn auf der Stauffenbergallee, hat einen anderen Weg gefunden, die unliebsamen Gäste wieder loszuwerden. 2007 schrieb er einen spitzen Brief an zwei Landtagsabgeordnete der NPD, die bei ihm über einen Internetdienst ein Zimmer gebucht hatten. Er kündigte an, die Einnahmen an die Dresdner Synagoge weiterzuleiten. Die NPD-Größen stornierten. Lohmeyer bekam damals einen Ehrenpreis der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Aachen. „Mit der NPD keine Geschäfte zu machen, ist eigentlich üblich“, sagt er. Anfragen aus dieser Richtung seien ohnehin eher selten. Auch Lohmeyers Parteifreund Matteo Böhme wehrte sich bereits gegen eine rechte Veranstaltung. Im Juli 2015 verbannte er im letzten Moment eine rechtsextreme Band aus dem Unteren Gasthof Lockwitz.

Das Ballhaus Watzke stand ebenfalls schon in der Kritik. 2012 hatte sich die Gesellschaft zur Förderung Studentischer Kultur angemeldet. Der Verein wollte einen Akademikerball in Dresden etablieren. Antifa und Linkspartei kritisierten die Veranstaltung. Sie warnten, dass beim Ball auch rechtsextreme Mitglieder von Burschenschaften feiern würden. Schließlich musste Geschäftsführer Mirko Unger den Sicherheitsdienst verschärfen. Die Kritiker zeigte er wegen Verleumdung an. Gefeiert wurde trotzdem. Ohne Zwischenfälle. Auch heute steht Mirko Unger dazu. „Wir sind ein offenes Haus für alle“, sagt er. Kommen ihm Reservierungen komisch vor, fragt er vor Vertragsabschluss beim Staatsschutz nach.

Der Unternehmerverband des Gastgewerbes Dehoga kennt die Sorgen und positioniert sich klar. „Wir sind ein weltoffenes Gewerbe, für menschenverachtende Gruppierungen gibt es bei uns keinen Platz“, sagt Geschäftsführer Gerhard Schwabe. Er berät betroffene Gastronomen bei Unklarheiten über Reservierungsanfragen. Er habe reichlich Erfahrungen und arbeite auch mit einem spezialisierten Beratungsteam zusammen, so Schwabe.