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Geschichten über Religionsfreiheit

Iranische Flüchtlinge berichten in Döbeln über ihr Leben als Christen im Iran. Ihre Geschichten gehen vielen Zuhörern nahe.

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© André Braun

Von Rasmus Wittrin

Döbeln. Wie soll er reden: Deutsch, persisch oder sächsisch?, fragt Masoud Eskandari, ein Flüchtling aus dem Iran, in gebrochenem Deutsch in die volle Jacobikirche hinein. „Sächsisch!“, ruft jemand, es wird gelacht. Eskandari entschuldigt sich für den kleinen Witz: „Tut mir leid, so bin ich eben. Masoud bedeutet glücklich.“ Und wieder wird gelacht.

„Früher, im Iran, konnte man nicht so einfach lachen. Aber über früher spricht man lieber auch nicht so oft“, erzählen die vier iranischen Flüchtlinge in der Jacobikirche. Sie halten einen Vortrag über ihr Leben als Christen im Iran, obwohl es ihnen sichtlich nicht immer leicht fällt.

Doch es ist ihnen wichtig, davon zu erzählen. Die Initiative kam von ihnen selbst, so Hartmut Fuchs, Projektleiter des Bündnisses Willkommen in Döbeln: „Bei den wöchentlichen Bibelstunden mit Arndt Kretzschmann, Jugendwart im Kirchenbezirk Leisnig-Oschatz, kam Anfang des Jahres die Idee dazu auf“, erzählt Fuchs. Er findet es bemerkenswert, dass die Flüchtlinge selbst das Bedürfnis hatten, von sich und ihrer Heimat zu erzählen.

Dass es dort alles andere als demokratisch zugeht, wissen die meisten Zuhörer. „Doch von der Christenverfolgung im Iran wird nur selten berichtet. Dabei reicht es, um sich einen ungefähren Überblick über die Situation von Christen im Iran zu verschaffen, einfach mal bei Google-Bilder ’Christen im Iran’ einzugeben“, so Fuchs. „Dann wissen Sie, was dort abgeht.“

Am eindrücklichsten können es aber die Flüchtlinge selbst erzählen. Die vier Iraner Seyyed Mahbod Heydari, Amin Esmailvandi, Masoud Eskandari und Mohsen Eskandari sprechen jeweils über ein bestimmtes Thema. Ein Iraner, der schon länger in Deutschland lebt, übersetzt.

„Das Staatssystem im Iran ist ein ganz anderes als in Deutschland“, erklärt Masoud Eskandari. „Staat und Kirche sind miteinander vermischt und Präsident Hassan Rouhani hat kaum Macht, obwohl er gewählt wurde.“ Rouhani sei eine Spielfigur, nur Fassade, so Eskandari. Die wirkliche Macht liege bei dem sogenannten Wächterrat, einer nur zur Hälfte gewählten, aus zwölf Mitgliedern bestehenden Gruppe von islamischen Theologen und Juristen. Diese Institution verhindere unter anderem mittels ihres Vetorechts Reformen.

Deshalb sei nicht zu erwarten, dass die Christenverfolgung im Iran abnimmt. Im Iran wurden 2016 laut Amnesty International etwa 450 Menschen hingerichtet, wobei viele Christen darunter gewesen sein sollen. So werde die Konvertierung eines Muslims zum Christentum mit dem Tod bestraft, berichten die Flüchtlinge.

Man könne sich als Christen im Iran nicht frei versammeln, um Gottesdienst zu feiern. Es sei zu gefährlich, der iranische Geheimdienst und die Polizei hätten es oft auf Christen abgesehen. Amin Esmailvandi erzählt: „Wir mussten uns im Keller treffen, und hatten immer Angst. Geheimdienstmitarbeiter sind überall auf den Straßen unterwegs, deshalb finden unsere Treffen im Verborgenen statt. Trotzdem sind wir zu unseren Gottesdiensten zusammengekommen. Weil es uns wichtig war.“

Heute besuchen die vier Flüchtlinge regelmäßig den Gottesdienst in der Nicolaikirche. Im Januar 2016 wurden 15 iranische Flüchtlinge getauft, die in Deutschland zum Christentum konvertiert sind.

Den Kontakt zu Arndt Kretzschmann stellten sie selbst her. Kretzschmann erinnert sich noch daran, als eines Sonntags plötzlich mehrere junge iranische Männer im Gottesdienst saßen, und nach einer Bibel fragten. „Natürlich haben wir ihnen geholfen, und Bibeln auf Persisch organisiert“, so Kretzschmann. Daraus sei der wöchentliche Bibelkreis entstanden, an dem auch ehrenamtliche Deutsche mitwirken. Die Iraner seien zu festen Mitgliedern der Döbelner Kirchgemeinde geworden.