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„Wenn noch mehr Leute ausfallen, wird es schwer“

Karnevalistin Ingrid Seidlitz über Fischbrötchen, Nachwuchssorgen und Fusionsgedanken in Richtung Strehla.

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© Sebastian Schultz

Riesa. Das Karnevalswochenende ist nicht spurlos am Riesaer Prinzenpaar vorbeigegangen: Die Augen sind am Aschermittwoch sichtlich klein. Da erscheinen Fischbrötchen doch das richtige Katerfrühstück zu sein. Die Mahlzeit teilte das Aufgebot des Riesaer Karnevalklubs (RKK) bereitwillig mit Oberbürgermeister Marco Müller – und gab bei dieser Gelegenheit gleich den Rathausschlüssel zurück. Den werden die Jecken erst am 11.11. um 11.11 Uhr wiederbekommen. Zum Ende der Festtage sprach Finanzministerin Ingrid Seidlitz im SZ-Interview über alte und neue Traditionen und die schwierige Mitgliedersuche.

Nach einer Runde Fischbrötchen sprach Finanzministerin Ingrid Seidlitz mit SZ-Redakteurin Britta Veltzke.
Nach einer Runde Fischbrötchen sprach Finanzministerin Ingrid Seidlitz mit SZ-Redakteurin Britta Veltzke. © Sebastian Schultz

Frau Seidlitz, warum haben Sie am Aschermittwoch Fischbrötchen ins Rathaus gebracht?

Das ist Tradition. Jetzt beginnt die Fastenzeit. Bis Ostern ist Fleisch tabu, und Fisch gilt nicht als Fleisch. Aber damit nehmen wir es sowieso nicht so genau. Bei uns im Verein fastet niemand.

Ach so, Sie picken sich also nur die Rosinen raus. Am Wochenende steht ja auch noch der Auskehrball an, obwohl die Saison doch jetzt eigentlich vorbei ist. Oder?

Ja, aber das mit dem Auskehrball hat sich in vielen Karnevalsvereinen in Sachsen so eingebürgert. In anderen Regionen gibt es das nicht. Wir machen das, um uns gegenseitig besuchen zu können. Wir waren am Rosenmontag zum Feiern in Strehla, zum Auskehrball kommen die Strinkser zu uns.

Dieses Jahr findet der Ball im Riesaer Bürgergarten statt – und nicht wie sonst üblich in Gohlis. Warum?

Es gibt dafür zwei Gründe. Zum einen hatten wir nicht so viele Kartenvorbestellungen, dass wir den großen Saal voll bekommen hätten. Die Zeiten, in denen mir schon beim Auskehrball die Vorbestellungen für den nächsten zugesteckt wurden, sind vorbei. Grundsätzlich feiern wir natürlich lieber in einem gut gefüllten kleinen Saal als in einem großen, der halb leer ist. Der andere Grund ist, dass erst im Januar der Gohliser Gastwirt Joachim Mecus verstorben ist. Das Haus an zwei Wochenenden hintereinander zu stürmen, wäre zu viel für die Familie gewesen. Mal wieder in Riesa zu sein, ist aber gar nicht schlecht. Vielen war Gohlis zu weit weg.

Sie betreiben als Verein einen wahnsinnigen Aufwand. Wie lang geht das mit derzeit 16 Mitgliedern noch gut?

Wir werden im Verein gerade gemeinsam alt, dazu gehören Krankheit und Pflegefälle in der Familie. Wenn jetzt noch drei bis vier Leute ausfallen, dann wird es echt schwer. Ein Saalfasching, mit allem, was dazugehört, also Programm, Werbung, Deko, Kartenverkauf, wäre dann nicht mehr möglich. Zu unseren besten Zeiten waren wir 36 Leute. Aber zu viele Mitglieder sind auch nicht gut. Denn dann bilden sich Strömungen. In einer kleinen Gruppe ist man sich schneller einig.

Aber Prinz oder Prinzessin war inzwischen schon mal jeder von Ihnen, oder?

Ja, außer der Präsident. Der darf nicht. Wir hatten auch schon externe Prinzen. Unser aktueller, Prinz Michael der I., steht nach vier Regentschaften nicht noch mal zur Verfügung. Wer sein Nachfolger wird, wissen wir noch nicht. Leicht ist es nicht, dieses Amt auszuüben. Man muss viel Freizeit aufwenden und sich zutrauen, vor Hunderten Menschen zu sprechen.

Warum ist es so schwierig, Nachwuchs zu finden?

Die Leute wollen zwar feiern, sich aber nicht verpflichten. Außerdem haftet Karnevalsvereinen der Ruf an, nur zu trinken und zu feiern. Dabei arbeiten wir vielmehr dafür, dass andere Spaß haben können.

Haben Sie schon mal über eine Fusion mit Strehla nachgedacht?

Nicht ernsthaft. Wir haben auch ganz andere Traditionen. Fakt ist, dass wir eine sehr freundliche Beziehung pflegen.

Wie sind Sie zum Fasching gekommen?

Das war 1984. Ich hatte gerade im Stahlwerk angefangen. In meiner Brigade waren eher ältere Kollegen. Mir hat der Umgang mit Gleichaltrigen gefehlt. Also bin ich zur FDJ-Leitung und habe gefragt, was ich machen kann. So bin ich in der Karnevalsgruppe gelandet. Später haben wir uns mit den Gruppen aus dem U-Punkt und dem Jugendclub Weida zusammengetan.

Werfen Sie doch zum Abschluss mal einen Blick in die Zukunft. Wie sieht der Auskehrball 2025 aus?

Ich stelle mir eine dreistellige Gästezahl vor – und ich hoffe, dass wir alle gesund sind und uns die Ideen nicht ausgehen. Aber da habe ich keine Bedenken. Die Realität liefert uns immer genug Stoff.

Die Fragen stellte Britta Veltzke.