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Wenn Nachbarn über Bäume streiten

Friedensrichter Wolf-Dietmar Bleil hat alles Hände voll zu tun. Außer Verhandlungsgeschick braucht er oft einen Zollstock.

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© Dietmar Thomas

Waldheim. Gut 100 Tage ist Wolf-Dietmar Bleil als Friedensrichter im Amt – und hat den ersten Nachbarschaftszwist bereits beilegen können. Acht Fälle hat er seit seinem Amtsantritt im April auf den Tisch bekommen: fünf aus der Stadt Waldheim, drei aus Massanei. „Es geht immer um Nachbarschaftsrecht – vor allem um Baumbewuchs und -überhänge und Abstände von Bepflanzungen zur Grundstücksgrenze“, sagt er.

Dass er gleich alle Hände voll zu tun haben würde, habe er schon geahnt. „Die Stelle des Friedensrichters war lange unbesetzt. Nun gibt es wieder einen neutralen Ansprechpartner und die Menschen suchen das Gespräch“, so Bleil. Die Streitigkeiten zwischen den Nachbarn würden zum Teil jahrelang schwelen. „Wider Erwarten waren all diejenigen, die bisher zu mir gekommen sind, sehr offen, überhaupt nicht aggressiv, sondern sehr gut vorbereitet in ihren Vortragungen, teils auch mit Bildmaterial“, erzählt er. Das habe ihn positiv überrascht. Zudem seien alle Streitigkeiten plausibel – und berechtigt.

„Die Regeln und Vorschriften für die Pflanzabstände zur Grundstücksgrenze sind nur wenigen Bürgern bekannt. Es gibt dahingehend viel Erklärungsbedarf“, so Wolf-Dietmar Bleil. Auch er selbst habe sich vor seinem Amtsantritt nur bedingt damit ausgekannt. Bleil, der als Wirtschaftsberater tätig ist, besucht regelmäßig Schulungen, „um auf dem aktuellen Stand zu sein“.

Pflanzabstände

Bäume, Sträucher oder Hecken müssen innerorts mindestens 0,5 Meter oder, falls sie über zwei Meter hoch sind, mindestens zwei Meter von der Grundstücksgrenze des Nachbarn entfernt sein.

Abstand ist die kürzeste waagerechte Entfernung zwischen der Grenze und der Mitte des Baumstammes an der Stelle, an der die Pflanze aus dem Boden austritt.

Quelle: Nachbarschaftsrecht Sachsen

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Bislang habe er stets Einzelverhandlungen geführt. Eine der Streitparteien wendet sich an ihn. „Dann suche ich das Gespräch mit dem Nachbar, mache mir mit ihm einen Vorort-Termin aus“, so Bleil. Vom Hof gejagt worden sei er bislang von keinem. Dann hat er einen Zollstock dabei. „Ich dokumentiere die Situation, mache Fotos. Jeder Fall bekommt ein Aktenzeichen. Es entsteht ein Protokoll, das auch beiden Streitparteien ausgehändigt wird“, so Bleil. Als Friedensrichter ist er dem Amtsgericht Döbeln unterstellt.

Die Bereitschaft, ein Problem zu klären, sei im Nachbarschaftsrecht wichtig. „Wenn eine Seite partout nicht einlenken möchte, ist die Klage am Amtsgericht der letzte Ausweg“, erklärt er. Bleil ist Mediator, der außergerichtliche Maßnahmen und Lösungskonzepte aufzeigt. Es sei wichtig, für beiden Seiten Verständnis aufzubringen.

Seine Klienten seien zwischen 50 und 70 Jahre alt. „Sie haben zum Teil keine gesunde Physis mehr, sind nicht mehr so mobil und fühlen sich dann durch zu hoch gewachsene Bäume oder überhängende Äste in ihrem täglichen Leben eingeschränkt.“

Dass er den ersten Massaneier Fall innerhalb von drei Monaten klären konnte, habe ihn selbst überrascht. Zwei, drei Jahre habe es bereits Streit zwischen den Nachbarn gegeben. „Doch beide Seiten haben sich mit einer gewissen Einsicht an einer Lösung beteiligt“, sagt er.

Sprechzeit Friedensrichter: jeden ersten Dienstag im Monat, 16.30 bis 18 Uhr, im Waldheimer Rathaus