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Wenn Lehrer zu spät kommen

Auch in der Sächsischen Schweiz fehlen Lehrer. Seiteneinsteiger kommen als Ersatz – aber teils erst im Dezember.

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© Foto: Ute Grabowsky, Montage: Jens Junge/SZ

Von Katharina Klemm, Anja Weber, Nancy Riegel und Heike Sabel

Sächsische Schweiz. Das fängt ja gut an, nämlich eigentlich gar nicht. Kaum sind die Stundenpläne an den Schulen fertig, schon steht „Ausfall“ drauf. Beispiel Oberschule Königstein: Im September geht ein Lehrer in Rente. Er fehlt sofort in der Planung, sagt Schulleiterin Ulrike Cizek. Es gibt zwar Ersatz, doch nicht sofort und nicht voll ausgebildet.

Überall an Sachsens Schulen greift man derzeit auf Seiteneinsteiger zurück. Konkrete Zahlen kann die Sächsische Bildungsagentur Dresden für den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge allerdings nicht nennen. Sprecherin Petra Nikolov zufolge ist das Einstellungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Deshalb beziehen sich alle Zahlen auf die gesamte Regionalstelle Dresden, die für die Sächsische Schweiz ebenso zuständig ist wie für den Kreis Meißen und für Dresden. Für den Gesamtbereich wurden 401 Vollzeitlehrer neu angestellt, sagt die Bildungsagentur. Etwa die Hälfte von ihnen seien Seiteneinsteiger. Die meisten von ihnen gehen an Grundschulen.

Auch die drei neuen Kollegen an der Königsteiner Oberschule sind Seiteneinsteiger. Weil sie erst eine dreimonatige Einstiegsqualifikation absolvieren müssen, sind sie nicht gleich einsatzbereit. Einer der Seiteneinsteiger wird im Oktober seine Arbeit in Königstein beginnen können, die beiden anderen erst im Dezember, sagt Schulleiterin Ulrike Cizek. Zwar werde man durch Vertretung versuchen, einiges auszugleichen, doch es werde nicht ohne Stundenkürzungen gehen. Mit anderen Worten: Es werden Stunden ausfallen.

Ab September betrifft das Sport und Wirtschaft, Technik sowie Haushalt und Soziales in den Klassen 7 bis 10, zählt Ulrike Cizek auf. Absolvieren die Klassenstufen 9 und 10 ihr Betriebspraktikum, werde man die freien Lehrer auf die anderen Klassen verteilen. So könne man wenigstens kurzzeitig mehr Unterricht absichern. Auch im Fach evangelische Religion musste umgeplant werden. Dort vertrete ein Lehrer einer anderen Einrichtung den Unterricht, so die Schulleiterin. Das sei aber nicht in vollem Umfang möglich. Bis Oktober fällt der Schulleiterin zufolge pro Woche eine Religionsstunde weg. Außerdem werde man den Unterricht jeweils für zwei Klassenstufen, beispielsweise die 5. und 6. Klasse, zusammenlegen.

Das würde in der Sebnitzer Oberschule Am Knöchel nichts nutzen. Schulleiter Jörg Hubert muss den Kunstunterricht ersatzlos ausfallen lassen, und das so lange, bis die Kunstlehrerin wieder gesund ist. Eine Alternative sieht er nicht. Prinzipiell sind bei ihm alle Stellen besetzt. Nur wenn Lehrer krank sind, wird es eng. So geht es auch der Friedrich-Schiller-Oberschule in Neustadt. Hier sollen im Dezember zwei Seiteneinsteiger anfangen, informiert Schulleiter Klaus Anders. Diese würden dann als Vertretung oder für Ergänzungsfächer eingesetzt werden, sodass im Krankheitsfall kein Unterricht ausfallen muss.

AGs bleiben auf der Strecke

Auch im Goethe-Gymnasium in Sebnitz sind alle Stellen besetzt, es gibt keinen planmäßigen Unterrichtsausfall. Wird jedoch jemand krank, dann muss Christine Hofmann, die stellvertretende Schulleiterin, den Ausfall kompensieren. Eine kleine Hilfe sieht sie in der Entscheidung, dass die Vollzeitkollegen ihre Überstunden jetzt monatlich abrechnen können und auch bezahlt bekommen. Das sei eine kleine Erleichterung, aber keine Dauerlösung. Christine Hofmann vermutet, dass künftig mehr Unterricht ausfallen wird.

Damit das Schuljahr nicht gleich mit Ausfall anfängt, haben sich an der Dohnaer Oberschule einige Lehrer aus Loyalität der Schule gegenüber bereit erklärt, die Stunden im Grundbereich abzusichern, erklärt Leiterin Antje Ambos. „Dieses Verhalten ist sicher nicht selbstverständlich.“ Zum 1. Dezember soll ein Seiteneinsteiger die Dohnaer verstärken. Das angekündigte erste Viertel Ergänzungsbereich stehe noch immer nicht zur Verfügung. Das ist der Pool für Vertretungen, Chor, Homepage oder Berufsorientierung. Lehrerstunden also, die notwendig sind, „damit die Schule sich ein Gesicht geben kann“, wie es Sachsens Bildungsministerin Brunhild Kurth (CDU) formuliert.

An der Oberschule Königstein versucht man, den Lehrermangel irgendwie abzufangen, sagt Leiterin sagt Ulrike Cizek. Natürlich sei das keine schöne Situation, man sei ja aber nicht die einzige Schule, die vor diesem Problem steht. „Würde jetzt noch jemand krankheitsbedingt ausfallen, würde es allerdings schwierig.“ Ab Dezember, wenn alle neuen Seiteneinsteiger da sind, könne der Unterricht wieder ohne Ausfall stattfinden, hofft sie.

Die Seiteneinsteiger können ihre drei Monate Weiterbildung erst beginnen, wenn sie eingestellt sind. Grund sind tarifrechtliche Vereinbarungen, sagt die Bildungsagentur. So beginnt an vielen Schulen das neue Schuljahr so, wie das vergangene endete: mit Ausfall und Problemen.