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Wenn Kinder sich komplett verweigern

Seit 20 Jahren hilft die Erziehungsberatungsstelle Familien. Die Problemlagen haben sich seitdem verschoben.

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© DA

Von Jens Hoyer

Döbeln. Helikoptereltern auf der einen Seite, emotionale Verwahrlosung auf der anderen – zwischen diesen Extremen bewegen sich die Expertinnen der Familien- und Erziehungsberatungsstelle jeden Tag. Bei ihnen landen die Problemfälle: Familien mit Kindern, die Auffälligkeiten in ihrem Verhalten zeigen, Probleme in der Schule haben, einnässen, Trennungsängste haben oder sich komplett verweigern. Die Problemfelder haben sich mit den Jahren etwas verschoben. Waren es 1999 noch die Schul- und Ausbildungsprobleme, die die Statistik anführten, sind es seit einigen Jahren vor allem die Belastungen, die durch die Trennungen der Eltern entstehen. Zugenommen haben auch die Probleme bei Kindern, die durch die psychischen Erkrankungen ihrer Eltern entstehen. Auch die Anleitung von Fachkräften für den Kinderschutz, etwa in Kitas und Schulen, gehört zu den Aufgaben der Beratungsstelle, sagte Leiterin Philine Kaden.

Viele Familien mit Problemen kommen von selbst zur Erziehungsberatungsstelle, andere auf Empfehlung des Jugendamtes, von Schulen, von Ärzten oder des Familiengerichts. Ein Teil der Klienten hat auch die richterliche Auflage, sich professionelle Hilfe bei den Familienberatern zu holen. „Wir geben aber nur Hilfe zur Selbsthilfe und lassen die Verantwortung bei den Eltern“, sagte Philine Kaden. Eines machte sie klar: Das Kindeswohl habe bei allem Vorrang.

Die Erziehungsberatungsstelle war vor 20 Jahren durch den Landkreis Döbeln mit einer Mitarbeiterin gegründet worden. Zwei Jahre später übernahm die Volkssolidarität die Einrichtung in ihre Trägerschaft. Katrin Perl, die Sekretärin, ist 15 Jahre dabei und damit die „Dienstälteste“, wie Dirk Polster von der Volkssolidarität sagte.

„20 Jahre und die Erziehungsberatungsstelle existiert immer noch, das ist eine Erfolgsgeschichte“, sagte Polster. Die Finanzierung durch den Landkreis sei unkompliziert. „Da haben wir richtig Glück. An anderen Stellen müssen die Freien Träger ein halbes Jahr vorfinanzieren“, so Polster. Nach seiner Hochrechnung sind in den 20 Jahren etwa 6000 Fälle mit bis zu 60 000 Einzelgesprächen in der Einrichtung behandelt worden. Allein im vergangenen Jahr gab es fast 350 neue Fälle und 3 100 Einzelgespräche. „Das ist kein leichter Job: Ständig klug sein zu müssen und mit Menschen zu tun zu haben, die mit Tränen in den Augen vor einem sitzen“, sagte Polster.