Merken

Wenn Kinder alleine fliehen

Im kommenden Jahr muss der Landkreis mehr alleinreisende minderjährige Asylbewerber aufnehmen. Wie gelingt das?

Teilen
Folgen
NEU!
© Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier

Riesa. Mufl oder Uma – hinter den niedlichen Abkürzungen stecken oft traurige Schicksale: Kinder und Jugendliche, die ohne Angehörige aus ihrem Heimatland fliehen und bei uns Asyl suchen. Im kommenden Jahr muss der Landkreis Meißen mehr als bisher von ihnen unterbringen. Die SZ beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.

Was steckt hinter den komischen Abkürzungen?

„Uma“ steht für „unbegleitete minderjährige Asylsuchende, „Mufl“ meint das Gleiche, vertauscht aber zwei Wörter und macht daraus „minderjährige unbegleitete Flüchtlinge“. Bisher wurden sie nur in Hamburg und Bayern untergebracht. Nun werden sie deutschlandweit verteilt.

Wer muss sich um die ankommenden Jugendlichen kümmern?

Die Betreuung der unbegleiteten Minderjährigen muss das Jugendamt übernehmen. Die Leiterin des Kreisjugendamts Christina Kutschke sagt dazu, das Amt sei „entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet, diese Kinder beziehungsweise Jugendlichen in Obhut zu nehmen und Leistungen zur Betreuung und zum Unterhalt zu gewähren, für die Beschulung zu sorgen und vieles mehr“. Den unbegleiteten minderjährigen Ausländern wird dafür auch ein Vormund als gesetzlicher Vertreter durch Beschluss des Familiengerichtes zur Seite gestellt. Außerdem gilt für sie die allgemeine Schulpflicht.

Wie viele unbegleitete Minderjährige muss der Kreis 2016 unterbringen?

Eine genaue Zahl kann das Kreisjugendamt zwar aktuell nicht nennen, es geht aber bis zum nächsten Jahr von einem Anstieg auf 180 aus. Bundesweit befinden sich derzeit über 57 000 Jugendliche in der Zuständigkeit der Jugendämter. Nach Königsteiner Schlüssel muss der Freistaat knapp 3 000 von ihnen aufnehmen – aktuell sind es noch rund 1 800 zu wenig.

Wo leben bereits jetzt Flüchtlingskinder?

Bislang werden im Landkreis 87 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren betreut. Sie kommen aus Syrien, Afghanistan und Pakistan und sind in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht.

Laut Christina Kutschke vom Kreisjugendamt bemühen sich die Träger der freien Jugendhilfe derzeit verstärkt, Plätze in vorhandenen Einrichtungen, Wohnungen und Immobilien zu schaffen, um die unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden unterzubringen. Dazu zählt der Deutsche Orden in der Paulsmühle Kalkreuth, aber auch das Kinderheim in Strehla.

Welche Voraussetzungen müssen mögliche Pflegefamilien erfüllen?

Das Jugendamt ist auch daran interessiert, ankommende Asylbewerber in Pflegefamilien unterzubringen. Familien, die ihr Interesse daran bereits bekundet haben, werden derzeit durch den Pflegekinderdienst des Kreisjugendamtes geprüft. Ein Faltblatt, das beim Jugendamt erhältlich ist, nennt die Voraussetzungen für die Pflegefamilie. Dazu gehören beispielsweise stabile familiäre und wirtschaftliche Verhältnisse, ein natürlicher Altersabstand zwischen Pflegekind und Pflegeeltern sowie seelische und körperliche Gesundheit. Das Kreisjugendamt berät potenzielle Pflegeeltern außerdem vor der Entscheidung.

Werden wegen der minderjährigen Flüchtlinge neue Stellen geschaffen?

Ja. Um die zusätzlichen Aufgaben bewältigen zu können, braucht das Jugendamt mehr Personal im Bereich des sozialen Dienstes, bei Amtsvormundschaften und der wirtschaftlichen Jugendhilfe. Konkrete Zahlen hat Christina Kutschke noch nicht genannt.

Was kosten Unterbringung und Betreuung den Landkreis?

Auch hierzu gibt es noch keine genauen Aussagen. Amtsleiterin Kutschke spricht davon, dass „Vereinbarungen mit dem Freistaat“ geplant seien. „Was die Leistungskosten der Inobhutnahmen und weiterführenden Hilfen von unbegleiteten minderjährigen Ausländern im Jugendhilfebereich angeht, werden diese gegenüber dem Land zur Kostenerstattung angemeldet und übernommen“, so Christina Kutschke.