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Wenn Idioten das Image ramponieren

Der Eishockey-Verein Lausitzer Füchse gehen mit allen Mitteln gegen die Gewalttäter in Bayreuth und Weißwasser vor.

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© Wolfgang Wittchen

Von Maik Schwert

Erst Bayreuth, dann Weißwasser: Sogenannte Fans der Lausitzer Füchse sorgen an einem Wochenende doppelt für Negativschlagzeilen. Beim Auswärtsduell, das ihr Klub mit 5:4 nach Verlängerung gewinnt, geht ein Zuschauer aus dem Gästeblock auf einheimische Anhänger los und prügelt auf sie ein. Ordner eilen dazu. Es gibt Verletzte. Blut fließt. Kinder weinen. Es bleibt kein Einzelfall. Die örtliche Polizei nimmt die Personalien eines anderen Trios auf.

Bei der Heimpartie gegen Bad Nauheim, die die Sachsen mit 4:5 nach Penaltyschießen verlieren, greift ein Einheimischer eine sechsköpfige Gästefamilie an, schlägt und verletzt Großeltern, Eltern, fünf- und sechsjährige Kinder. Sie müssen sich von der Mannschaftsärztin behandeln lassen. Auch Eishockeyprofis kümmern sich um die kleinen Fans.

„Ich bedaure das zutiefst“, sagt Hannu Jarvenpää. Die Übergriffe setzen dem Trainer der Lausitzer Füchse sichtbar zu. Er reagiert mit klaren Ansagen: „Solche Momente ziehen mich runter und machen mich traurig. Damit müssen die Fans aufhören. Das braucht keiner. Das können wir nicht akzeptieren. Das gehört sich nicht.“

Noch deutlicher fällt die Wortwahl von Dirk Rohrbach aus. Der Geschäftsführer der Lausitzer Füchse bezeichnet den Rädelsführer und die drei weiteren Störer in Bayreuth häufiger als Idioten, die sich unter Hunderte mitreisende Fans mischen, um Ärger und Stunk zu machen. Den ermittelten Verursacher in Weißwasser, dem ein mehrjähriges Stadionverbot und ein Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung drohen, nennt er einen Verrückten. „Da fällt mir nichts mehr ein.“ Rohrbach erkennt eine Veränderung in der Fankultur. Grenzen fehlen, Hemmschwellen sinken, Sitten verrohen. „Brutal“ ist ein weiterer Begriff, den er öfter verwendet.

Und der Geschäftsführer kündigt klare Kante an, die Aufklärung der Zwischenfälle macht er zur Chefsache. Der Rädelsführer in Bayreuth bekommt ein dreijähriges bundesweites Stadionverbot. „Unsere Strafen sollen abschrecken. Wir müssen die Sicherheit für alle gewährleisten“, sagt Rohrbach. Dafür erhöht er die Zahl der Ordner um neun Kräfte, drei davon für den Gästeblock. Die Tat beim Spiel gegen Bad Nauheim habe sich ereignet, als vier Sicherheitsleute eine Gruppe Gästefans zu ihrem Kleinbus begleiteten. In deren Abwesenheit sei die Familie attackiert worden.

Rohrbach sucht immer schon den Kontakt zu den Fans, und derzeit „die Nähe noch mehr“. Dabei fehlt ihm aber ein Ansprechpartner, der zwischen den diversen Gruppen vermittelt. „Wir haben seit 2014 keinen Fanbeauftragten, wie er anderswo existiert. Die Stelle ist ausgeschrieben und über verschiedene Medien gesucht. Es meldet sich aber keiner.“ Seit dem Saisonstart redet er regelmäßig mit zwei Vertretern der Fanszene. Monatlich treffen sie sich, derzeit sogar wöchentlich. Dazu kommen Meetings mit Ordnern und Polizisten. Doch weder Fanvertretern noch Sicherheitsleuten seien die Täter bekannt gewesen.

„Eigentlich passiert bei uns selten etwas, bloß ab und zu bei den Sachsenderbys.“ Die Partien zwischen Crimmitschauer Eispiraten, Dresdner Eislöwen und Lausitzer Füchsen finden unter erhöhter Polizeipräsenz statt. „Die Becherwürfe sind so eine Sache. Die gibt’s bei vielen Spielen und in zahlreichen Arenen. Da laden Fans ihre Energie ab. Das hat aber nicht dieses Ausmaß und ist nicht die Regel“, sagt Rohrbach. Gegnerische Profis und Schiedsrichter bekommen die Bierduschen ab. Emotionen gehören dazu. „Doch die Gewaltbereitschaft müssen wir im Keim ersticken.“ Mehrere Becherwerfer wurden bereits ermittelt.

Die Deutsche Eishockey-Liga 2 leitete ein Verfahren ein. Rohrbach erwartet eine Geldstrafe für Weißwasser – und hofft auf eine überschaubare Höhe. Im vergangenen Jahr brummte die Liga den Eislöwen 10 000 Euro für Becherwürfe auf – die härteste Strafe in der DEL-2-Geschichte. Die Eislöwen mussten die Hälfte bezahlen. Den Rest setzte die Liga zur Bewährung aus. Weitere Vorkommnisse blieben aus.

„Wir haben uns in der DEL 2, aber auch gegenüber Sponsoren ein sehr positives Image erarbeitet. Das hat nach den Vorfällen arg gelitten“, meint Rohrbach. Wenige Fans lösten diesen Schaden aus, für den dennoch alle verantwortlich gemacht würden. Außerdem sorgt er sich darum, dass Fans aus Angst nicht mehr in die Halle gehen. Daher setzt der Geschäftsführer „alles daran, damit sich alle Fans – egal, ob jung oder alt, egal, ob Füchse-Fan oder Anhänger der gegnerischen Mannschaft, bei uns im Stadion sicher fühlen können“.

DEL-2-Geschäftsführer René Rudorisch weiß das zu schätzen: „Eishockey ist bekannt für seine lautstarke, aber immer familiäre Atmosphäre.“ Vorfälle wie in Bayreuth und Weißwasser hätten in diesem Sport nichts zu suchen. Sie schadeten dem Klub, der Liga und dem Eishockey. Man gehe deshalb gegen die Verursacher mit höchstmöglichen Strafen vor. Unabhängig davon ermittelt auch die Justiz weiter.