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Wenn Elster und Rabe heiraten

Im Kindergarten Crostwitz wächst die Vorfreude auf die Vogelhochzeit. Am Sonntag ist es so weit.

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© Andreas Kirschke

Von Andreas Kirschke

Ein Brautstrauß erfreut die Elster. Der Rabe sieht sie liebevoll an. Beide tragen zur Vogelhochzeit Festtracht. Nach und nach schmücken noch weitere Motive das gebastelte Wandbild. Stolz zeigt Erzieherin Marija Pašcyna mit ihrer Gruppe der 15 Jüngsten im Kindergarten Crostwitz in Trägerschaft des Sorbischen Schulvereins später das Ergebnis. „Wir freuen uns auf die Vogelhochzeit“, sagt sie.

Mit dem Brauch beginnt im Kindergarten der Jahreskreis. Liebe zur Natur und zum Tier soll die Vogelhochzeit wecken. Fantasie und Dankbarkeit für Gottes reiche Gaben regt sie an. Die Vogelhochzeit ist ein nachgestaltetes Fest. Sie ist Ausdruck der Freude, dass die Vögel den Winter überstanden und nun ihre Hochzeit feiern können. „Dieser Brauch vereint so viel“, sagt Marija Pašcyna. „Es ist die Dankbarkeit der Vögel für das Füttern durch die Kinder im Winter. Es ist der Wunsch, für andere da zu sein, anderen helfen zu wollen, ebenso die Ehrfurcht vor der Natur, die Ehrfurcht vor den Tieren.“ In ihrer Kindheit 1957 erlebte sie den Brauch schlicht. Süßigkeiten gab es selten. Nur eine gebackene Elster füllte den Teller. Nach und nach las Marija Pašcyna viel in Büchern über die Vogelhochzeit. Sie wollte mehr darüber wissen. In einem alten Lesebuch erfuhr sie, wie die Kinder im 19. Jahrhundert die Vogelhochzeit feierten. Das bewegte sie stark. Denn damals erlebten die Kinder den Brauch sehr innerlich.

Freude an den kleinen Dingen

So ging es auch Marija Pašcyna später in ihrer eigenen Kindheit 1957. Der sorbische Hochzeitszug im Kindergarten war schlicht. Nur Braška (Hochzeitsbitter), Njewjesta (Braut) und Nawoženja (Bräutigam) gingen in Tracht. „Wir kannten es nicht anders. Doch wir waren zufrieden. Wir freuten uns schon an kleinen Dingen“, sagt Kollegin Angela Mlynkowa, seit 39 Jahren Mitarbeiterin und seit 20 Jahren Leiterin im Crostwitzer Kindergarten. Eben die Freude an den kleinen Dingen will sie heute mit ihren Kolleginnen weitergeben. Die jüngsten Kinder schmücken Räume und Flure liebevoll mit gebastelten Vögeln, Federn und Vogelhäuschen.

Die Vorschulgruppe indes probt eifrig für das Kultur-Programm. Schon seit Weihnachten steht es fest. Mit Liedern, Tänzen und Gedichten soll die Vorschulgruppe unter Leitung von Betina Matikowa erfreuen. Die Vogelhochzeit fällt dieses Jahr auf einen Sonntag. Passend dazu zeigen die Kinder ihr Programm. Zunächst erfreuen sie am frühen Nachmittag die Senioren im Caritasheim St. Ludmila. Später, um 15 Uhr, zeigen sie ihr Programm in der Jednota-Halle. Eltern, Großeltern, Geschwister, Verwandte und Bekannte sollen kommen. „Die Eltern und der Hausmeister der Grundschule, Józef Wjesela, unterstützen uns tatkräftig. Wir arbeiten gut mit ihnen zusammen“, sagt Angela Mlynkowa. „Die Eltern helfen beim Einräumen und Schmücken in der Jednota-Halle. Sie backen Kuchen für diesen Nachmittag. Und sie schenken sogar Kaffee mit aus.“

Ankleidefrauen haben viel zu tun

Mit viel Aufwand bereiten die Ankleidefrauen Betina Wjeselina, Regina LedŸborowa, Marija Wjenkowa, Zala Suchowa (alle aus Crostwitz), Felicitas Šolcina aus Horka, Daniela Cemjerowa aus Räckelwitz und Katrin Matkec aus Lauske die Kinder vor. Unverzichtbar ist ihre Mithilfe für die Vogelhochzeit. „Vor allem das Einflechten der Haare bei den Brautjungfern und das Befestigen der Borka bei der Braut sind sehr aufwendig. Das verlangt viel Geduld und viel Fingerspitzengefühl. Jedes Kind ist anders.

Aufregung ist jedes Jahr groß

Doch alle freuen sich auf die Vogelhochzeit“, sagt Daniela Cemjerowa, seit 2011 Erzieherin im Crostwitzer Kindergarten. Von Zala Suchowa übernahm sie die Pflege und Wahrung der Trachten im Kindergarten. Vielfältig ist deren Bestand. Dieses Jahr konnte der Kindergarten für die Swataj (Brautbegleiter) Stücke hinzukaufen, ebenso Schürzen für die Wuslìkany (Hochzeitsgäste). Die Aufregung ist jedes Jahr groß. Denn jeder will gern im Hochzeitszug dabei sein. Hochzeitsbitter ist in diesem Jahr Ionel Statnik aus Wendischbaselitz. Er führt den Hochzeitszug an.

„Die Vogelhochzeit ist für mich vor allem Gemeinschaft. Sie regt die Kinder an, die Natur intensiver zu beobachten und lieben zu lernen“, sagt Daniela Cemjerowa, die selbst als Kind in den Crostwitzer Kindergarten ging. „Für uns Kinder war die Vogelhochzeit damals Höhepunkt in der kalten Jahreszeit. Das wird jetzt schwieriger. Es ist oft ein Spagat zwischen Tradition und Wetter. Wir alle hoffen aber noch auf den Winter.“