Von Jens Fritzsche
Radeberg. Eigentlich gehört auch für ihn der Zwiebelring aufs Hackepeter-Brötchen wie die Blume aufs Radeberger Pilsner. Und doch schob Biertheater-Akteur Hans-Jörg Hombsch bei der Premierenfeier klammheimlich die Zwiebelringe vom Brötchen. Überhaupt dürfte sich bei ihm in den kommenden Monaten die Zwiebel ein wenig rarer machen. Denn allabendlich muss er nun im neuen Biertheater-Schwank „Malzau braut sich“ als Bürgermeisterin Gisela kräftig in eine saftige Zwiebel beißen. „In eine echte“, sagt er – und weiß, dass er sich das Attribut „echte“ eigentlich sparen kann. „Das riecht ja nun sowieso jeder; und ich schmecke es …“, sagt er grinsend.
Die Bürgermeisterin des Örtchens Malzau ist krank. Sie hat Frauenschnupfen – was ja schon mal eine herrliche Anspielung auf ein vergleichbares, von Frauen nie ernst genommenes schweres Männer-Leiden ist. Und Hans-Jörg Hombsch spielt das Verschnupftsein dabei so grandios, dass man Angst haben muss, sich tatsächlich anzustecken. Während die Rathaus-Chefin auf die chemische Keule setzt, hält ein gewisser Sven Klose biologisch dagegen. Mit besagter Zwiebel – und rauchbaren Kräutern. Wobei Gisela nicht im Drogenrausch endet, sondern nur „überkräutert“ ist …
Alles bio also! Und das ist auch das bestens in die Zeit passende Thema des neuen Stücks aus der Feder von Thomas Rauch, der gleichzeitig den erwähnten Sven Klose spielt. Einen zum „Öko“ mutierten Anwalt, im Biolatschen-Look, mit urkomisch „chilligem Öko-Deutsch“, der sich als Aussteiger nach Malzau verirrt, um in der leer stehenden Dorfkneipe ein Biotop wachsen zu lassen. Das wiederum missfällt dem Chef der Groß-Brauerei aus dem Nachbarort Oberschluckwitz, der das Areal zur Erweiterung der Produktion braucht. Voll automatisiert, versteht sich. Das erhöht den Gewinn. Dass der von Peter Splitt gespielte Brauereichef Detlef Trumpf heißt, und auch äußerlich an einen fast namensgleichen US-Präsidenten erinnert, ist natürlich kein Zufall. Ein bisschen Amerika in Malzau gibt’s dann auch, wenn Giselas Mann Harry – dem von Holger Blum wieder liebevoll schwejkisch das Biosiegel aufgedrückt wird – den amerikanischen Traum vom Reichsein träumt. Dass er dabei das wunderbare „Wenn ich einmal reich wär‘“ aus der Operette „Anatevka“ singt; ist eine grandiose Idee!
Westbesuch aus Schwaben
Biertheater-Zahlen
Es entwickelt sich jedenfalls eine mit bestens kontrolliert angebauten Pointen gespickte Geschichte, in der am Ende alles gut wird und sogar Sachsen-Herrscher August der Starke eine nicht unwichtige Rolle spielt. Klingt verwirrend? Wird aber wunderbar verständlich erzählt. Die Bioknospen schießen absolut treffsicher!
Und es treffen auch die beiden – völlig zu Unrecht! – am meisten verhöhnten Dialekte aufeinander: Es hat sich Westbesuch aus Schwaben angemeldet. Und so schwäbeln – und walken – Gabi Köckritz und Jens Albrecht als Fast-Ehepaar aus Böblingen durch die Szenerie, was ein herrlich natürlicher Aroma-Zusatz ist. Noch dazu, weil die selbstverständlich auf Trollinger-Wein geeichten Schwaben am Ende absolut vom sächsischen Bier überzeugt sind. West-in-Ost-Integration sozusagen …
Ein Stück, an dem nicht nur Bio-Sortiment-Fans ihre Freude haben werden!