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Wenn der Weihnachtsmann nachts mal muss

Eberhard Klinkewitz aus Dresden zeigt einige seiner Schätze auf Schloss Burgk. Darunter auch Kuriositäten.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Thomas Morgenroth

Freital. Trink mer noch ein Tröpfchen, aus dem kleinen Henkeltöpfchen“ – wer sich traut: Der lustige Spruch, gern in geselliger Runde gesungen, steht auf einem Nachttopf aus feinem Porzellan. Das Geschirr zur Verrichtung der Notdurft in Zeiten, als das Örtchen noch ein Plumpsklo irgendwo draußen oder im zugigen Treppenhaus war, ist kaum geräumiger als ein Fingerhut. Es steht erwartungsfroh am Bett des Hausherrn, der nebenan den Weihnachtsmann spielt. Seine Familie ist recht groß geraten, sie steht außerhalb des Hauses und schaut von oben in die Zimmer, auf vergoldete Kaffeetassen, Petroleumlampen, plüschige Sofas, eine Fernsehtruhe und wertvolle Fadengläser im Buffet.

Es sind allerliebste Miniaturen, die der Dresdner Sammler Eberhard Klinkewitz in einer der Schaubuden in der Weihnachtsausstellung auf Schloss Burgk zu einem launigen Interieur aufgebaut hat. Es ist ein Streifzug durch vielleicht achtzig Jahre Puppenstuben, beginnend mit der Gründerzeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, endend mit dem Einzug der Flimmerkiste in die Wohnstuben in den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts.

Ein ganzes Jahrhundert alt sind die drei wunderschönen Puppen mit ihren Porzellanköpfen, alles Mädchen, die als Riesinnen zuschauen, wie ihr Vater etwas verloren im roten Kostüm und mit Rauschebart in der Ecke des Esszimmers steht. Er ist übrigens deutlich jünger, aus Pappe und innen hohl, mit einer verschließbaren Öffnung an den Füßen. Mit Naschereien gefüllt, waren die Figuren bei Kindern sehr beliebt. Heutzutage ist innen nur Luft, dafür steckt die Schokolade in der Hülle.

Ingenieur und Sammler

Die selbst zu bestückenden Weihnachtsmänner kennt Eberhard Klinkewitz aus Kindheitstagen. Vor 75 Jahren in Dresden geboren, wuchs er mit weihnachtlichem Lichterglanz auf, mit Männeln und Pyramiden aus dem Erzgebirge und natürlich allerlei Spielzeug; an die Schablonenpferde erinnert er sich besonders gern. Aus seiner Freude an diesen Dingen entwickelte sich eine Leidenschaft, die bis heute ungebrochen ist. Höhepunkt war ohne Zweifel 1997 die Einweihung der mit 14,62 Metern weltgrößten erzgebirgischen Stufenpyramide auf dem Striezelmarkt in Dresden. „Gebaut in Gahlenz nach meinen Entwürfen, 250 000 D-Mark teuer, finanziert durch Spenden“, sagt Klinkewitz, der das Projekt selbst mit 6 000 D-Mark förderte. Ein funktionstüchtiges Modell, auch das schon beachtlich, ist in Freital zu besichtigen.

Bereits in jungen Jahren, er war kaum zwanzig, begründete Klinkewitz seine Sammlung, die er heute auf mehr als fünftausend Objekte schätzt. Aus seinem Hobby hätte er gern schon zu DDR-Zeiten einen Beruf gemacht, „aber das durfte ich damals nicht.“ Klinkewitz, der 25 Jahre als Ingenieur für Kooperation im VEB Hochvakuum Dresden beschäftigt war, konnte erst nach der Wende ein Antiquitätengeschäft eröffnen, in einem denkmalgeschützten Haus am Körnerplatz in Dresden. Bis vergangenes Jahr stand er dort im Laden, nun sucht er einen neuen Mieter.

Seine Schätze hat er behalten. Liebend gerne würde er sie in einem eigenen Museum präsentieren, aber dafür, bedauert Klinkewitz, fehlen ihm die geeigneten Räume. Was viele sächsische Museen wiederum begrüßen: Denn so zeigt der Sammler ausgewählte Kostbarkeiten aus seinem Fundus regelmäßig bei Sonderausstellungen, als kostenlose Leihgaben, wie er betont. In diesem Jahr zum Beispiel in Schneeberg, Dippoldiswalde und Freital.

Schloss Burgk stellt ihm einen ganzen Raum mit mehreren Vitrinen zur Verfügung, die Klinkewitz mit zahllosen historischen Figuren und Objekten gestaltet. „Alles, was man auf dem Gabentisch oder unter dem Weihnachtsbaum finden konnte“, sagt er. Ein Tante-Emma-Laden ist dabei, der von Frieda Wippich, wie auf dem Schild zu lesen ist, eine Erinnerung an seine Mutter, die ein solches Geschäft führte. In einem anderen gibt es bei Margarethe Brehmer in Pulsnitz „Feine Töpferwaren“. Auch den, sagt Klinkewitz, habe es tatsächlich gegeben, allerdings in Danzig. Frau Brehmer war seine Schwiegermutter.

Familiär geht es auch bei Jörg Schlegel zu, der einen sehr großen Anteil am Gelingen der Weihnachtsausstellung hat. Nicht nur, dass der Museumsmitarbeiter den Aufbau der Schau verantwortete. Der 51-Jährige aus Herzogswalde ist zudem ein Bastler mit viel Herz, Geduld, Fantasie und großem handwerklichen Geschick, der zum Beispiel für seinen mittlerweile 16-jährigen Sohn Vincent das „Kaufhaus Schlegel“ baute. Mit Läden, Café, Bibliothek und Rumpelkammer auf fünf Etagen, erreichbar mit einem gläsernen Fahrstuhl, der auf Knopfdruck nach oben und unten gleitet.

Einen Nachttopf gibt es dort nicht, wohl aber Henkeltöpfchen, also Tassen, aus denen sich im Bistro so allerlei Tröpfchen genießen lassen. Tee zum Beispiel.

„Puppenstuben und Kaufmannsläden – einst und jetzt“, 28.11. bis 3.1., Schloss Burgk in Freital; Öffnungszeiten: Di.-Fr. 13-16 Uhr; Sa./So./Feiertag 10-17 Uhr; 1. und 2. Adventswochenende 10-19 Uhr; 24.12. 10-13 Uhr; 25./31.12. geschlossen; 1.1. 13-17 Uhr.