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Wenn der Schreibtisch im Tresor steht

Im ehemaligen Gebäude der Bundesbank können sich jetzt Firmen einmieten. In dem Haus gibt es einiges zu entdecken.

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© René Meinig

Von Sophie Arlet

Am ersten Juli 1990 bildete sich eine lange Schlange vor dem Bankgebäude an der St.-Petersburger Straße nahe der Synagoge. An diesem Sonntag konnten die Dresdner ihre DDR-Mark gegen D-Mark eintauschen. Zwölf Jahre später kam der zweite Ansturm auf das Haus der Landeszentralbank. Ab Januar 2002 lagen dort die nagelneuen Euro-Münzen und Scheine im Tresor und lösten die D-Mark ab.

Mit der Rohrpostanlage konnte Bargeld vom Tresor in den Kundenbereich transportiert werden. Über ein Bedienfeld wurde der Zielort eingegeben.
Mit der Rohrpostanlage konnte Bargeld vom Tresor in den Kundenbereich transportiert werden. Über ein Bedienfeld wurde der Zielort eingegeben. © René Meinig
Einige Teile des Bankgebäudes erinnern an die Filmkulisse für einen Science-Fiction-Film aus den 1960er-Jahren. Dieses Großraumbüro befindet sich im Erdgeschoss.
Einige Teile des Bankgebäudes erinnern an die Filmkulisse für einen Science-Fiction-Film aus den 1960er-Jahren. Dieses Großraumbüro befindet sich im Erdgeschoss. © René Meinig
Noch kann Anne Szarvasy von der R-&-M-Gruppe durch die offene Tresortür gehen. Diese wird sich bald wieder schließen, denn der Sicherheitsbereich bleibt erhalten.
Noch kann Anne Szarvasy von der R-&-M-Gruppe durch die offene Tresortür gehen. Diese wird sich bald wieder schließen, denn der Sicherheitsbereich bleibt erhalten. © René Meinig

Das Gebäude an der Ecke St.-Petersburger/Akademiestraße wurde von 1928 bis 30 für die deutsche Reichsbank gebaut. Bei der Bombardierung Dresdens 1945 ist der Hauptflügel zerstört worden. An seiner Stelle befindet sich seit 1997 der terrakottafarbene Neubau. Seit dem Auszug der Bundesbank im März 2015 stand das Haus leer – nun soll wieder Leben einziehen. Die R-&-M-Gruppe vermietet jetzt die Räume im Auftrag des Eigentümers. Gerade werden die Büros auf Vordermann gebracht und saniert. Je nach Umbauaufwand können die ersten Mieter ab Februar einziehen. Die ersten Gespräche laufen bereits, sagt Vertriebsleiter Martin Müller. Die Räume verteilen sich auf eine Fläche von 10 000 Quadratmetern.

64 Millionen wurden umgetauscht

Besonders im Erdgeschoss und im Keller erinnern noch viele Details an die Geschichte des Hauses als Bank. Der riesige Tresor im Untergeschoss erstreckt sich über zwei Etagen. Die Türen sind so breit wie zwei nebeneinanderstehende Menschen. Dieser Teil mit höchster Sicherheitsstufe bleibt erhalten und wird auch weiterhin als Tresor genutzt. Die Hälfte ist bereits an ein Unternehmen vermietet. Für Privatpersonen gibt es außerdem Schließfächer, in denen sie ihre Wertgegenstände oder Kunstwerke sicher verwahren lassen können.

Im verwaisten Erdgeschoss kann man sich kaum vorstellen, welche Summen dort im Laufe der Jahre durch die Schalterklappen gereicht wurden. Vom Januar 2002 bis zur Schließung im März 2015 wurden in Dresden insgesamt 64 743 626 D-Mark in Euro gewechselt. Selbst 2014 haben noch 3 749 Kunden knapp 1,3 Millionen D-Mark in Euro umgetauscht. Heute müssen sie dafür nach Chemnitz oder Leipzig fahren. Doch nicht nur der Währungstausch war Aufgabe der Dresdner Niederlassung.

„Die Filialen der Deutschen Bundesbank versorgen die Wirtschaft mit Euro-Bargeld. Sie prüfen das umlaufende Bargeld und ersetzen beschädigte Münzen und Banknoten, um eine gute Qualität des Bargeldumlaufs aufrechtzuerhalten. Falsche Banknoten und Münzen werden aus dem Verkehr gezogen“, sagt Kristin Gruner-Ziegler von der Deutschen Bundesbank Sachsen/Thüringen. Auf die mit diesen Tätigkeiten verbundenen Sicherheitsvorkehrungen deuten noch ein paar Details hin. So waren die Mitarbeiter durch Schleusen vom Kundenbereich getrennt. Die mannshohen Röhren mit elektrischen Schiebetüren erinnern an die Kulissen für einen Science-Fiction-Film aus den 1960er-Jahren.

Im oberen Teil des Hauses gibt es große Apartments. Diese sollen aber in Zukunft nicht mehr zum Wohnen genutzt werden. Gerade wird ein neues Konzept erarbeitet. Denkbar wäre zum Beispiel, auf dem 400 Quadratmeter großen Bereich einen Co-Working-Space mit flexibel anmietbaren Arbeits- und Büroflächen anzubieten. Dafür müsste sich aber ein Betreiber für die gesamte Fläche finden, so Müller.