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Wenn der Autodieb durch die Hintertür kommt

Wohnungsaufbrüche, bei denen Autoschlüssel gestohlen werden, mehren sich. Oft haben Einbrecher dabei leichtes Spiel.

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© Thorsten Eckert

Von Gabriel Wandt

Der Schock von André Förster aus Zittau ist erst wenige Tage alt. In der Nacht zum Mittwoch voriger Woche hatten Unbekannte sein Privatauto und seinen Firmen-Transporter gestohlen. Dazu haben sie aber nicht die Autos aufgebrochen. Nein, sie sind um Försters Privathaus herumgeschlichen, haben den Hintereingang aufgebrochen – und aus dem Gebäude die Autoschlüssel gestohlen. Homejacking nennen Polizei und Sicherheitsexperten das auf Englisch: Den Einbruch in eine Wohnung, obwohl die Diebe von dort gar nichts holen wollen – außer den Autschlüsseln. Mit denen können sie die Fahrzeuge dann ohne Beschädigungen und völlig unauffällig davonfahren.

Nicht nur André Förster ist von dieser Einbruchsmasche betroffen. Am 1. Juli haben Unbekannte in Seifhennersdorf auf diese Weise einen Skoda Octavia Kombi in Sportausführung gestohlen. Wert: rund 25 000 Euro. Die Polizei informiert, dass die Diebe sich Zutritt zu einem Wohnhaus verschafft und sich von dort die Originalschlüssel genommen haben. Erst kurz zuvor hatte ein Sprecher der Polizeidirektion in Görlitz ganz allgemein davor gewarnt, dass derzeit in der Oberlausitz verstärkt mit dieser Masche Autos geklaut würden. Betroffen seien vorwiegend die Marken Ford, Audi, VW, Skoda und Mercedes, informierte Sprecher Tobias Sprunk.

Warum die Diebe zu dieser Masche greifen? Sie haben es so oft wesentlich einfacher, Autos zu stehlen, als wenn sie deren Sicherheitstechnik überwinden müssten. Es gab Fälle, bei denen die Hauseingangstüren nicht verschlossen waren, so der Polizeisprecher. Das machte es für die Diebe noch einfacher. Und dem Löbauer Sicherheitsexperten Bernd Sockel ist ein Fall von Schlüsselklau aus dem Hausflur bekannt, bei dem die Schale mit den Autoschlüsseln durch den Glas-Eingangsbereich von außen gut sichtbar in Türnähe stand. Hier wussten die Täter schon vorher, dass sich das Öffnen der Haustür lohnen wird. Und Haus- oder Wohnungstüren sind in vielen Fällen wesentlich schlechter gesichert als moderne Fahrzeuge, weiß Sockel, der auch mit den Sicherheitsberatern der Polizei eng zusammenarbeitet. Er sagt aber auch: Das Interesse an besserem Schutz von Häusern und Wohnungen habe zugenommen. Denn nur die Wohnungstür zu sichern, hilft meist nicht, erläutert Sockel. Wenn Balkon- oder Terrassentüren leicht erreichbar seien, müssen diese ebenso bedacht sein wie Fenster, die leicht aufzuhebeln sind. Nicht nur Hauseigentümer würden sich Beratungen holen, auch Mieter kämen mit ihren Fragen in Sockels Firma. Die müssen Investitionen natürlich dann mit den Vermietern besprechen.

Sockel plädiert eindringlich dafür, Schlüssel nicht allzu offensichtlich im Eingangsbereich aufzubewahren. „Es muss nur jemand klingeln und sagen, er habe sich in der Tür geirrt“, erklärt Sockel. „Das kurze Öffnen der Tür reicht aber oft schon, um den Flur auszuspähen.“ Auch unbekannte Kinder, die ins Haus kommen, könnten – unbewusst oder nicht – Tipps an Leute weitergeben, die Informationen aus Wohnungen ausnutzen. Daher sollte man Schlüssel weder in offenen Schalen noch in offensichtlichen Schlüsselkästen lagern, so Sockel. Er rät zu Ablageplätzen, die möglichst weit von der Eingangstür entfernt sind oder zu geschlossenen Schränken oder Schubladen, die unauffällig sind und nicht schon beim Ansehen ihren Inhalt preisgeben. Dazu kommt moderne Schließtechnik, die dann aber auch ihren Preis haben kann. Denn oft sei es eben mit einem einfachen Zusatzschloss nicht getan. Tipps für kleinere und größere Geldbeutel geben Sockel und seine Kollegen in Löbau-Zittau aber auf alle Fälle. Der Löbauer will in den Menschen die gesunde Vorsicht wecken. Oft sei schon viel geholfen, wenn Hauseigentümer oder Mieter ihr Verhalten ändern: Türen abschließen und nicht nur ins Schloss ziehen, Schlüssel unsichtbar deponieren, ein Stück Bequemlichkeit aufgeben, um mehr Sicherheit zu gewinnen. Danach könne ein Gespräch mit der Fachfirma erfolgen, oder auch mit den Beratern der Polizei (siehe unten), die ebenfalls Tipps auf Lager haben. Zumal Bernd Sockel sagt: Etwa die Hälfte der Einbrecher kommt wieder, denn das Haus ist beim ersten Einsteigen möglicherweise stärker ausgekundschaftet, als die Bewohner glauben.