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Wenn das Einsteigen schwerfällt

Wie kann das Alter lebenswert gestaltet werden? Antworten darauf sind bei einer Tagung in Döbeln gesucht worden.

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© André Braun

Von Frank Korn

Döbeln. Wie ist es, wenn die Beweglichkeit nachlässt, wenn man nicht mehr alles hört, wenn die Sehkraft nachlässt? Die Forscher von der Technischen Universität Chemnitz haben mit dem „Modularen Alterssimulationsanzug“ eine Möglichkeit entwickelt, mit der man um viele Jahre älter gemacht wird. Diese haben sie auf einer Tagung zum Thema lebenswertes Alter im WelWel Döbeln vorgestellt.

Der Autor hat es ausprobiert. Eine Spezialbrille verengt das Sichtfeld und trübt die Sicht, Kopfhörer dämmen den Umgebungslärm. Schuhe, Weste, Hose und Handschuhe sowie Manschetten für Ellbogen und Knie simulieren die Einschränkung der Beweglichkeit. Die erste Aufgabe besteht darin, einen heruntergefallenen Zettel aufzuheben. Man muss schon einige Tricks anwenden, um herunterzukommen, aber es gelingt. Aus einer Geldbörse sind 13 Cent herauszuholen. Durch die Brille sieht man nicht richtig, die Geldstücke erahnt man mehr anhand ihrer Größe, als dass man sie erkennt. Weiter geht es mit einem Rollator. Wie steigt man damit in einen Bus ein.

Der Versuch, den Rollator einfach in den Bus zu heben und dann einzusteigen, wird sofort von Annett Lützelberger vom Sozialverband VdK Sachsen zurückgewiesen. „Zu unrealistisch“, sagt sie. Vielmehr wird der Rollator angekippt, die Vorderräder auf die Einstiegskante des Busses gestellt und dann erst in den Bus gerollt. Rollatorbremse anziehen, an der Stange im Bus festhalten und einsteigen, sind die weiteren Schritte. Nach dieser Anstrengung ist man froh über eine Pause. Das Aussteigen klappt fast ohne Anweisungen.

Rückwärts geht es aus dem Bus, Rollator zuerst auf die Hinterräder setzen, zurückziehen und weg vom Bus. Das Ziel, möglichst viel für die eigene Fitness zu tun, wird nach dieser Erfahrung bestärkt. Aber auch die Erkenntnis ist gereift, dass man sich nicht scheuen sollte, Hilfsmittel wie eben den Rollator auch anzuwenden.

Die Wohnungsgenossenschaft Fortschritt Döbeln ist einer der Partner im Projekt „Chemnitz+ Zukunftsregion lebenswert gestalten“. Das Projekt läuft seit einem Jahr und ist auf vier Jahre angelegt. Ziel ist die Entwicklung, Erprobung und Evaluation einer integrierten gesundheitlichen Versorgung in der Modell-Region „Mittleres Sachsen“. Bei der Tagung im WelWel in Döbeln ging es darum, eine Zwischenbilanz zu ziehen. WGF-Vorstand Stefan Viehrig sieht in der Mitarbeit im Projekt eine gute Möglichkeit, noch mehr für die Menschen zu tun. „Die Netzwerke, die wir uns früher schon aufgebaut haben, können wir durch die wissenschaftliche Begleitung innerhalb des Projektes neu ausrichten“, so Stefan Viehrig. Über 40 Partner sind direkt oder indirekt an dem Projekt beteiligt.

Die Wohnungsgenossenschaft Fortschritt will ihren Mitgliedern das Wohnen im Alter so angenehm wie möglich gestalten. Das Fundament dieses Ziels steht praktisch auf vier Säulen: modernes Wohnen, ein schönes Wohnumfeld, einem Dienstleistungsnetzwerk für die Mieter und der Freizeitgestaltung in Verbindung mit ehrenamtlichen Helfern. „Die Mieter sind mobil und sozial im Wohnumfeld eingebunden, werden bei der Überwindung von Krisen unterstützt. Zudem helfen wir bei der Kompensation von Einschränkungen“, so Viehrig in einem Vortrag, den er vor den knapp 100 Teilnehmern der Tagung hielt. Dabei arbeitet die WGF mit verschiedenen Partnern aus der Region zusammen.