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Wenn Aufschließen teuer wird

Verbraucherschützer warnen vor unseriösen Schlüsseldiensten. Ein Riesaer gibt Tipps gegen die Abzocker.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. An manchen Wochenenden muss Falk Neider gleich mehrmals anrücken, um Türen aufzusperren. „In etwa einem Drittel der Fälle ist die Tür ins Schloss gefallen und der Schlüssel steckt noch von Innen.“ In so einem Fall helfen nur noch Profis wie der Riesaer, der einen Schlüsseldienst in der Goethestraße betreibt. Mit Kosten von ungefähr 50 Euro tags und 80 Euro nachts könne man dann bei ihm rechnen – je nach Aufwand auch mal etwas mehr. Seine Kunden abzuzocken, das könnte sich Neider gar nicht leisten – selbst wenn er wöllte. „Dann könnte ich mich auf der Straße ja gar nicht mehr blicken lassen.“

Andere haben da weniger Skrupel. Das zeigt der Fall eines gewissen Ismail Omeirat, auf den die Verbraucherzentrale Sachsen jetzt hingewiesen hat. Omeirats Schlüsseldienst spekulierte offenbar auf naive Kunden, erklärt Juristin Stefanie Siegert von der Verbraucherzentrale. „Wenn man beispielsweise in einer Suchmaschine ‚Schlüsseldienst Riesa‘ eingab, landete diese Firma weit oben.“ Wer nun dort anrief, erlebte allerdings eine böse Überraschung. Denn das Unternehmen hat laut Siegert seinen Sitz in Essen. Die eigentliche Arbeit erledigten Auftragnehmer. Und die schlugen noch mal ordentlich drauf. „Rechnungsbeträge von bis zu 900 Euro sind bei diesem und anderen unseriösen Schlüsseldiensten keine Seltenheit.“ Zum Teil bekamen die Kunden vor Ort allerlei Ausreden zu hören, etwa, dass die Hausratversicherung die Kosten übernehme. „Das stimmt nicht“, betont Stefanie Siegert. Oftmals wurde auch das Schloss beschädigt und dann zu hohe Materialkosten für den Neu-Einbau verlangt. Dabei lassen sich Türen häufig zerstörungsfrei öffnen, wenn sie einfach nur zugefallen sind. Voraussetzung sind Geschick und das richtige Werkzeug. Gegen Ismail Omeirat hat die Verbraucherzentrale nun Anzeige wegen Wucher gestellt, das Verfahren läuft.

Schwarze Schafe gibt es in der Branche schon deutlich länger, erzählt Falk Neider. Es habe eine Zeit gegeben, da wollte er den Namen seines Betriebs am liebsten aus dem Telefonbuch streichen, weil so viele unseriöse Anbieter daneben standen. Mittlerweile passen da aber die Verlage besser auf, sagt er. „Zuletzt wurde ich sogar nach meiner Gewerbeanmeldung gefragt.“ Für ihn ein Zeichen, dass die Verlage mittlerweile stärker auf Seriosität achten – und darauf, dass es die inserierende Firma auch wirklich gibt. Auch da hat Neider nach mehr als 20 Jahren im Geschäft schon einiges erlebt. Auch auf ihn seien schon einmal Männer zugekommen, die ihn für ihren Handwerkernotdienst gewinnen wollten. „Die haben mir angeboten, Kunden an mich zu vermitteln.“ Für jeden vermittelten Kunden hätte der Riesaer an das Unternehmen 100 Euro gezahlt. 100 Euro, die sich der beauftragte Schlüsseldienst dann wiederum beim Kunden wiederholen müsste – und deshalb auf den Preis aufschlägt.

Neider erinnert sich an einen Fall aus dem Jahr 2011. Eine ältere Dame hatte sich ausgeschlossen. „Der Schlüsseldienst legte ihr eine Rechnung über 129 Euro zur Unterschrift vor.“ Schon das allein sei happig gewesen. Allerdings hatte es sich dabei nur um einen Zwischenbetrag gehandelt. Anschließend kamen noch eine Reihe von Zuschlägen dazu – und die Mehrwertsteuer. Am Ende sei die Frau bei mehr als 250 Euro herausgekommen.

Dabei gibt es ein paar einfache Regeln, um nicht auf Abzocker reinzufallen. Zuallererst gilt: Ruhe bewahren. „Meist setzen die unseriösen Anbieter auf den Überrumpelungseffekt“, sagt Stefanie Siegert. Wer einfach panisch auf dem Handy nach Schlüsseldiensten sucht, der solle zumindest daran denken, dass die Suchmaschinen nicht nach Seriosität sortieren. „Sondern danach, wer am meisten zahlt.“ Am besten sei es deshalb, sich aus dem Bekanntenkreis oder von der Hausverwaltung jemanden empfehlen zu lassen. Auch Falk Neider hebt hervor, dass regionale Dienstleister immer besser sind. „Wenn jemand in einem Callcenter rangeht, kann man eigentlich gleich auflegen.“ Zur Sicherheit könne man noch fragen, ob der Angerufene selbst zum Türöffnen erscheine. Dann könne man auch schon am Telefon kurz über den Preis sprechen. Der wiederum ist laut Verbraucherzentrale von Ort zu Ort verschieden. „Wir sind gerade dabei, eine Liste mit ortsüblichen Preisen zu erstellen“, erklärt Stefanie Siegert. Dann könnten Kunden gegen Wucher deutlich leichter vorgehen.

Am besten ist es aber immer noch, wenn der Schlüsseldienst erst gar nicht anrücken muss. Das sieht selbst Falk Neider so. „Die sicherste Methode ist, mit einem Nachbarn, dem man vertraut, die Schlüssel zu tauschen.“ Zumindest, solange der Schlüssel nicht von Innen steckt.