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Weniger Kleingärtner in der Stadt

Heute gibt es fünf Kleingartenvereine weniger in der Stadt als vor zehn Jahren. Für Bauland mussten bisher aber keine Parzellen weichen.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Nach der Flut von 2002 hat sich Roswitha Tschulik den Traum vom eigenen Kleingarten erfüllt. Gerade ist sie aus dem Urlaub zurück und auf Stippvisite in ihrer Parzelle im Kleingartenverein Meißen-Bohnitzsch am Leitmeritzer Bogen.

Noch immer blüht es hier an vielen Stellen – trotz der zuletzt kalten Temperaturen. „Ich staune selbst darüber. Eine schöne Überraschung“, sagt die Meißnerin und erntet noch eilig ein paar reife Tomaten. Das Kleingärtnern sei für sie inzwischen eine Leidenschaft. Mehrmals pro Woche kommt sie in ihre Parzelle in einem der größten Kleingartenvereine Meißens. Zwar sind hier noch viele Flächen besetzt. Aber in den letzten Jahren hätten sich einige Nachbarn zur Ruhe gesetzt, sagt Tschulik. Nicht jede Parzelle habe einen Besitzer gefunden, sodass derzeit einige leer stehen.

Diese Problematik kennt auch Günther Queißer, Vorsitzender vom Kreisverband der Gartenfreunde Meißen. Aktuell gebe es in der Stadt Meißen 51 Kleingartenanlagen mit 1974 Parzellen. „Vor zehn Jahren gab es noch fünf Anlagen mehr. Die Hauptgrund ist die steigende Altersstruktur und dass von den jungen Leuten immer weniger nachkommt“, sagt Queißer. Dramatisch sei die Lage aber keinesfalls. Speziell in den kleineren Vereinen in Meißen gebe es kaum freie Plätze.

Das gelte vor allem für die Anlagen, welche eine schöne Aussicht auf die Stadt ermöglichen – etwa die in Bohnitzsch oder Zscheila. Außerdem steige die Zahl der Laubenpieper, die in Dresden wohnen, aber in Meißen eine Parzelle haben. Denn in der Großstadt steigt das Interesse an Kleingartenflächen sprunghaft an.

Probleme, sagt Queißer, würden eher in den großen Vereinen auftreten. Stärker als der fehlende Nachwuchs habe in den letzen Jahren die Natur den Rückgang der Kleingärtner bedingt. „Die Hochwasserereignisse 2002 und 2013 haben insofern ihren Tribut gefordert, als dass besonders älterer Kleingärtner nicht mehr die Kraft oder den Antrieb hatten, entweder ihre Parzellen wieder herzurichten oder in einem anderen Verein neu anzufangen“, erklärt der Vorstand, der heute die Aufsicht über 190 Hektar Kleingartenfläche im Kreis Meißen hat. Auch diese Zahl sei im Vergleich zu 2006 leicht rückläufig.

Im letzten sowie in diesem Jahr hatte Queißer die Folgen der letzten beiden Hochwasser wieder öfter auf dem Tisch. Hauptsächlich wegen sogenannter Renaturalisierungsarbeiten – 2015 mussten etwa mehrere flutgeschädigte Parzellen der Kleingartenanlage „Heiliger Grund“ weichen –, aber auch, um der Elbe wieder mehr Überflutungsgebiete zuzuführen. Deshalb wurden in diesem Jahr 120 Parzellen in den Sparten „Am Weinberg“, „Elbtal“, „Frischer Wind“ und eben „Heiliger Grund“ geräumt, wodurch insgesamt 3,5 Hektar Überflutungsfläche zurückgewonnen worden.

„Diese Entwicklung mag nicht für alle Kleingärtner schön sein. Aber wir sind uns mit der Stadt einig, dass es der einzig richtige Weg ist“, sagt Günther Queißer. Er bezeichnet das Verhältnis zur Verwaltung als sehr gut. Das dürfte sicher auch daran liegen, dass es in Meißen bisher noch kein Kleingartenareal weichen musste oder sollten, um als Bauland für die wieder wachsende Kommune herzuhalten. „So etwas hat es meines Wissens in den letzten zehn Jahren nicht gegeben“, sagt Stadtsprecher Philipp Maurer. Für geplante Neubaugebiete gäbe es in Meißen noch ausreichend andere Standorte.

Das könne sich zwar theoretisch eines Tages ändern. Allerdings gibt es für diesen Fall klare Regeln. „Im Flächennutzungsplan sind unsere Vereine als Dauerkleingärten festgelegt und laut Bundeskleingartengesetz geschützt“, sagt der Vorstand der Gartenfreunde. Zwar kann es bei besonderer Interessenlage etwa von Kommunen, der Kirche oder Privatinvestoren passieren, dass Kleingärtner weichen. „Aber dann werden hohe Entschädigungszahlungen sowie Entsorgungskosten fällig, die der Interessent zahlen müsste“, so Queißer. Für die Meißner Kleingärtner gebe es aus seiner Sicht diesbezüglich nichts zu befürchten – zumindest vorerst.