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Weniger Dieselautos zugelassen

Die Zahl der Neuanmeldungen sinkt im Kreis. Händler bescheinigen einen Wertverlust. Kunden denken deshalb um.

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© Archiv/Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Mittelsachsen. Knapp 68 000 Dieselfahrzeuge sind aktuell im Landkreis Mittelsachsen zugelassen. Die 49 641 Auto- und reichlich 18 000 Lasterfahrer dürften am Donnerstag gebannt nach Leipzig schauen. Das dort ansässige Bundesverwaltungsgericht entscheidet darüber, ob Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten zulässig wären.

Die Technologie ist in Verruf geraten: Der Abgasskandal, der von Volkswagen (VW) ausging und sich zuletzt auf andere Marken ausweitete, mitsamt seiner Affen- und Menschentests hat das Vertrauen in den Diesel bei den Privatkunden zerstört. Das Kraftfahrtbundesamt meldet, dass im Januar die Zahl der neu zugelassenen Diesel-Pkw im Vergleich zum Vorjahresmonat um 17,6 Prozent zurückgegangen ist. Benzinbetriebene Autos legten um ein Plus von 32,1 Prozent zu. Knapp zwei Drittel aller Autos, die in Deutschland neu zugelassen wurden, haben einen Ottomotor eingebaut.

Die Zahlen der Kfz-Zulassungsbehörde des Landratsamtes Mittelsachsen zeigen: Auch hierzulande sinkt die Zahl der Neuzulassungen. „Seit Jahresbeginn wurden 270 Diesel-Pkw zugelassen“, erklärte Kreissprecher André Kaiser am Mittwoch auf DA-Nachfrage. Im ersten Halbjahr 2017 wurden in Mittelsachsen 1 344 Dieselautos angemeldet, im Vergleichzeitraum 2016 waren es noch 1 629 Pkw.

Keine Alternative für Vielfahrer

Dass die Kaufentscheidungen der Privatkunden in den vergangenen Jahren verstärkt zugunsten eines Benziners anstelle eines Diesels ausfallen, bestätigen ortsansässige Autohändler. „Es hat ein Umdenken stattgefunden. Wer zwischen 12 500 und 25 000 Kilometer pro Jahr fährt, greift nun eher zum Benziner als zum Diesel – trotz des höheren Kraftstoffverbrauchs“, sagte Harry Hoffmann, Leiter des VW-Autohauses Mäke in Waldheim. Privatpersonen, die jährlich mehr als 25 000 Kilometer fahren, kämen aus wirtschaftlicher Sicht aber am Diesel nicht vorbei, ergänzte er. Ähnlich sieht es Gernot Schliebe, Geschäftsführer des VW-Autohauses Döbeln: „Die Privatkunden sind verunsichert. Früher haben sie den Diesel auch gekauft, weil er aufgrund seiner Leistung einfach Spaß macht beim Fahren. Diese Kunden gehen nun auf Nummer sicher und schwenken auf Benziner um.“ Schliebe ist aber auch der Meinung, dass „in den nächsten zehn bis 20 Jahren in Deutschland niemand auf den Diesel verzichten können wird, weil es keine Alternativen gibt“. Erdgasmotoren seien aktuell die saubersten, die auf dem Markt sind. „Es gibt auch gute Autos, die damit ausgestattet sind, und das Tankstellennetz passt auch. Aber diese Technologie ist vonseiten der Kunden einfach nicht gefragt“, schilderte er seine Erfahrungen.

Sowohl Schliebe als auch Hoffmann halten die aktuelle Diesel-Diskussion für nicht zielführend. Denn die Leidtragenden seien die Kunden und die Händler. „Es fehlt eine klare Positionierung seitens der Politik zum Diesel an sich, zu Fahrverboten und dergleichen“, so Harry Hoffmann. Schliebe ergänzte: „Benziner sind auch nicht sauberer. Sie haben nur andere Abgase. Und bei den neuen Dieselfahrzeugen ist die Harnstoffeinspritzung, das sogenannte AdBlue, serienmäßig dabei.“ Diese wässrige Harnstofflösung reinige die Abgase. „Die Technik können sich Kunden in Dieselfahrzeugen nachrüsten lassen. Das wird auch immer häufiger nachgefragt. Für Modelle, die älter als etwa fünf Jahre sind, macht es wirtschaftlich gesehen allerdings wenig Sinn“, so der Geschäftsführer.

Verunsicherung nimmt zu

Die Privatkunden seien sehr stark beeinflussbar durch die öffentliche Meinung, sind sich Gernot Schliebe und Harry Hoffmann einig. „Die Kaufzurückhaltung ist auch deshalb so hoch, weil ein Auto eine große Anschaffung ist, die im Schnitt erst alle sieben bis acht Jahre gewechselt wird. Aktuell weiß aber noch niemand, ob die Fahrverbote wirklich kommen und wann“, so Hoffmann. Deshalb empfiehlt er den Privatkunden das Leasing. „So kann die kritische Zeit überbrückt werden.“

Gernot Schliebe und sein Team vom Autohaus Döbeln haben festgestellt, dass der Informationsbedarf der Kunden gestiegen sei. „Wer schon einen Diesel fährt, macht sich Sorgen um einen möglichen Wertverlust“, sagte er. Dass Autos mit Dieselmotoren schwerer zu verkaufen sind, bestätigte Gunter Hühne vom gleichnamigen Gebrauchtwagen-Autohandel in Döbeln: „Sie lassen sich schon noch verkaufen, aber meist nur unter Wert.“ Wer seinen Diesel bei ihm abgibt, müsse ebenfalls Abstriche machen. „Die Leute haben Angst vor den Fahrverboten und steigen deshalb auf Benziner um“, so Hühne. Sollten diese Beschränkungen in den alten Bundesländern tatsächlich kommen, rechnet er mit einem weiteren Preisverfall. „Dann gäbe es viele Diesel-Gebrauchtwagen auf dem Markt. Das würde sich auf den Allgemeinpreis auswirken. Wir könnten die Autos hier im Osten nicht teurer verkaufen“, sagte er. Der Großteil der Dieselfahrzeuge verkaufe er auch jetzt schon an ausländische Händler. „Jeeps und Ähnliches verkaufen sich aber auch so noch ganz gut“, sagte er. Ähnlich wie seine Kollegen Schliebe und Hoffmann hält er das ganze Dieselthema für aufgebauscht. Einzig und allein die Autohersteller und die Politik könnten den Privatkunden die Angst nehmen, indem sie sich zu klaren Aussagen durchringen.