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Weniger Asyl-Unterkünfte im Landkreis Görlitz

Der Landkreis Görlitz schließt zum Jahresende Asyl-Unterkünfte. Und bald werden viele Wohnungen gekündigt.

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© dpa

Von Frank Seibel

Kündigungen, Schließungen, Umzüge, drohende Entlassungen. Die Aufgaben, die der Landkreis kurz vor Jahresende zu erledigen hatte und hat, sind nicht angenehm – einerseits. Für viele Menschen in der Region verbindet sich damit hingegen ein lang erhofftes Signal: Die als große Krise empfundene Zuwanderung von Tausenden Flüchtlingen aus Kriegs-, Krisen- und Armutsgebieten hat stark nachgelassen, und die Lage beruhigt sich.

Asylunterkünfte im Landkreis Görlitz
Asylunterkünfte im Landkreis Görlitz © SZ

Gerade mal zwei Jahre ist es her, dass der zuständige Dezernent Werner Genau anfing, nach Gebäuden zu suchen, in denen schnell 100 oder 200 Menschen untergebracht werden können. Er verhandelte mit Heim-Betreibern, Wohnungsunternehmen und Sozialverbänden, wie schnellstmöglich einige Hundert, später bis zu 3 000 Asylsuchende in Gemeinschaftsunterkünften und Wohnungen aufgenommen werden könnten – mit der nötigen Betreuung. Damals schien es, als würde diese Zuwanderung auf Jahre hin andauern können. Dennoch entschied sich der Landkreis, alle Verträge nur für eineinhalb bis zwei Jahre abzuschließen. „Wir haben alle Verträge nur auf Sicht geschlossen“, sagt der kommissarische Leiter des Ordnungsamtes, Dirk Hammer.

Doch die Zuwanderung hat sich in diesem Jahr derart verringert, dass der Landkreis nun sogar einige dieser mittelfristigen Verträge vorzeitig kündigen musste. Der Freistaat Sachsen hatte vom Landkreis zwar zu Beginn des Jahres eine Aufstockung auf über 3 000 Plätze verlangt. Erst im August wurde diese Zahl auf 1 600 nach unten korrigiert, sagt Hammer. Tatsächlich seien aber bislang nur etwa 900 neue Flüchtlinge im Landkreis angekommen.

Doch die entsprechenden Zuschüsse gibt es nur für die auch tatsächlich belegten Wohnplätze. „Wir müssen den Bestand verringern, sonst bekommen wir große Probleme mit dem Haushalt“, sagt der vorläufige Amtsleiter Hammer.

Und das geht jetzt rasant. Ende November wurde in Zittau die Gemeinschaftsunterkunft in der Chopinstraße mit einst 150 Plätzen geschlossen – bleiben noch zwei Einrichtungen. In Niesky wird das zweite Heim (110 Plätze) Ende Januar 2017 geschlossen. Die Unterkunft am Boxberger Kraftwerk (150 Plätze), um die es vor der Gründung viel Wirbel vor Ort gegeben hatte, wurde im Juli wieder geschlossen.

Weil aber die Lage in der Welt so konfliktreich wie unberechenbar ist, bewahrt sich der Landkreis seinen Handlungsspielraum für den Fall, dass die Flüchtlingszahlen plötzlich wieder steigen. Das Gebäude der zweiten Unterkunft in Niesky gehört dem Landkreis. Auch in der Bonhoefferstraße in Löbau gibt es noch Reserven. Aktuell sind 50 Plätze in einem nutzbaren Zustand. Die Kapazität des Gebäudes liegt aber bei 150 Plätzen, sagt Hammer.

Für das kommende Jahr rechnet Hammer damit, dass sich der Landkreis im Schnitt um 1 100 bis 1 200 Asylsuchende kümmern muss. Allerdings hat sich die Mischung deutlich verändert. Über einen längeren Zeitraum kamen vor allem Familien aus dem Bürgerkriegsland Syrien, sagt Dirk Hammer. „Nun haben wir es mit den unterschiedlichsten Herkunftsländern zu tun, darunter deutlich mehr Einzelpersonen als früher.“ Dadurch wird es schwieriger, das Verhältnis zwischen Gemeinschaftsunterkünften und Mietwohnen richtig auszubalancieren. Auch deswegen wird es auf dem Wohnungsmarkt in den größeren Städten einige Bewegung geben. 420 Wohnungen hat der Landkreis bislang angemietet, die meisten davon in Görlitz. 100 Wohnungen sind nun gekündigt worden, weitere 150 sollen bis Ende des kommenden Jahres folgen, kündigt der kommissarische Amtsleiter an.