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Weltmeister aus Weixdorf

Das Team „Singing Saw“ hat sich dem Unimoto-Sport verschrieben. In zwei Klassen sind sie die Besten.

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© Thorsten Eckert

Von Thomas Drendel

Weixdorf. Abgesehen von Lenker und Motor hat das Vehikel mit einem gewöhnlichen Motorrad nichts gemeinsam. Der Sitz fehlt, statt des Vorderrades gibt es nur Kufen und das hintere Rad ist aus Kunststoff, bestückt mit Stahlkrallen. Dennoch werden damit Rennen gefahren. Jörg Hambsch, Konstrukteur der Höllenmaschine, kommt vom Motorradfahren. Vor etwa sechs Jahren hat er sich in die Sportart „Unimoto Drag Race“ verguckt. „Ein-, zweimal waren wir bei Rennen dabei, dann hat uns das Virus gepackt und wir haben selber eine solche Maschine zusammengeschraubt. Das ist ja noch ein Motorsport, der bezahlbar ist“, sagt er. Das war genau die Idee von William „Sidecar Willy“ Nassau in Florida. Er erfand in den 80er Jahren ein Beschleunigungsrennen für Jedermann. Das Regelwerk entstand dabei auf einem Bierdeckel. Eines der zehn Gebote: Aus Kostengründen sind nur Motoren zugelassen, die mindestens fünf Jahre alt sind. Gefahren wird über eine Strecke von 100 Fuß, also 30,48 Meter. 1991 erfolgte der erste offizielle Auftritt während der „Daytona Bike Week“. In Europa fanden die Wettbewerbe zunächst nur in der Schweiz statt. Später folgten Rennen in Belgien, Holland und Deutschland.

Vor sechs Jahren machte sich das Team aus Weixdorf ans Werk. Sie schnappten sich eine Motorcross-Maschine, nahmen sie auseinander, schweißten einen Rahmen, setzten den Motor wieder ein und konstruierten ein extra Hinterrad. „Die Maschine hatte 125 Kubikzentimeter und startete damit in der kleinsten Unimoto-Klasse“, sagt der Weixdorfer. Einige Verbesserungen gegenüber anderen Gefährten fügte er an. So hat diese Maschine statt der bisher geläufigen Eisenkufen zum Ausbalancieren kleine Skier. „Sie gleiten auf dem Rasen besonders gut. Die Idee ist inzwischen von anderen Fahrern übernommen worden.“ Statt eines Gummirades setzt er den Kunststoffreifen mit Stahlkrallen ein, ebenfalls seine Erfindung. „Der dreht weniger durch.“ Gefahren wird übrigens die gesamte Strecke im ersten Gang. Die Maschine von Jörg Hambsch lässt inzwischen die Konkurrenz stehen. Seine Freundin Cory Hofmann ist letztes Jahr in Polen Weltmeisterin geworden. „Bei Unimoto ist es egal, ob Frauen oder Männer am Lenker sitzen, auch eine Alterswertung gibt es nicht. Es zählt allein die Fahrzeugklasse.“ In der 200er Klasse hat das Team im Jahr 2017 insgesamt drei Siege eingefahren. Darunter bei der Europameisterschaft in Luthern (Schweiz) und bei der Deutschen Meisterschaft in Kempten. „Außerdem ist unsere Pilotin hier Fahrerweltmeister für die Saison 2017 geworden“, sagt Jörg Hambsch.

Außer der 200er gibt es die Klasse bis 400 Kubikzentimeter, bis 750 Kubikzentimeter und außerdem die offene Klasse mit noch stärkeren Motoren. Seit wenigen Jahren wird auch mit Elektromotoren gefahren. Auch hier mischen die Weixdorfer ganz oben mit. „Wir suchten eine Klasse für unsere Saskia. Sie ist 16 Jahre alt und sollte auch eine leichtere Maschine fahren.“ Also tüftelte der gelernte Maschinenbauer und Elektrotechnik-Meister wieder einige Wochen in seiner Garage. „Ich habe einen Anlasser von Bosch eingebaut. Dieser Elektromotor ist sehr kräftig“, sagt er. Dazu kam eine passende Batterie. Was er da verwendet hat, will der Weixdorfer nicht verraten. „Das ist mein Geheimnis. Die Konkurrenz muss ja nicht alles wissen.“ Zu erkennen ist auch nichts, der Akku ist mit schwarzem Klebeband umwickelt. Als das Team Singing Saw, Singende Säge, aus Weixdorf damit erstmals vorfuhr, lächelte die versammelte Unimoto-Elite. Das verging ihnen aber ziemlich schnell. Schon beim ersten Lauf pulverisierten die Weixdorfer die bisherige Bestzeit der anderen Mannschaft. „Wir legten die 30 Meter in ungefähr der Hälfte der Zeit zurück“, erzählt Jörg Hambsch.

Der Lohn: Auch in der Elektroklasse sind die Weixdorfer amtierende Weltmeister und Weltrekordhalter. Die 16-jährige Saskia ist über ihre Mutter zum Unimoto gekommen. „Ich hab anfangs bei den Rennen zugeschaut. Irgendwann wollte ich es selber versuchen.“ 2017 hat es in der E-Klasse nicht ganz aufs oberste Treppchen gereicht. „Wir konnten nur drei zweite Plätze einfahren. Unsere polnische Konkurrenz hat sich extrem verbessert“, sagt Jörg Hambsch.