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Welcher Trumpf sticht für die CDU?

Der Bautzener Kreisverband wählt den Direktkandidaten für den Bundestag. Die Bewerber könnten unterschiedlicher kaum sein.

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© Grafik: SZ/Gernot Grunwald

Von Sebastian Kositz

Bautzen. Vier Kandidaten – und nur einer wird gewinnen. Der Kreisverband der CDU will an diesem Sonnabend in Pulsnitz darüber entscheiden, wer im nächsten Jahr für die Bautzener Union als Direktkandidat bei der Bundestagswahl ins Rennen geht. Nach dem Rückzug der langjährigen Bundestagsabgeordneten Maria Michalk stellt sich diese Frage zwangsläufig. Dass gleich vier Bewerber Interesse an der Kandidatur angemeldet haben, macht die Abstimmung in mehrfacher Hinsicht äußerst spannend.

Die zwei Frauen und zwei Männer, die sich in Pulsnitz zur Wahl stellen, könnten unterschiedlicher kaum sein. Das lässt sich bereits an ihren Berufen festmachen. Mit der MDR-Moderatorin Bogna Koreng aus Panschwitz-Kuckau tritt eine Journalistin, mit der Landtagsabgeordneten Patricia Wissel aus Neukirch eine Berufspolitikerin an. Der Bernsdorfer Bäckermeister Roland Ermer, Präsident des Sächsischen Handwerkstags, steht für den Mittelstand, der Wittichenauer Professor Peter Schierack ist ein Vertreter der Wissenschaft. Und auch bei ihren Standpunkten lassen sich die Bewerber durchaus unterschiedlich verorten.

In jüngster Vergangenheit waren in der Wahrnehmung nach außen deutliche Risse im Kreisverband der CDU auszumachen. Offensichtlich wurde das in der Flüchtlingskrise. Demonstrativ hatten sich Mitglieder gegen den Kurs der Kanzlerin gestellt, andere wiederum die Politik Angela Merkels verteidigt – darunter auch die Abgeordnete Maria Michalk. Inzwischen, so versichert Thomas Israel, Geschäftsführer des Kreisverbandes, spielt die Asylfrage in der innerparteilichen Auseinandersetzung aber keine Rolle mehr. Und doch könnte sich das Ergebnis der Abstimmung in Pulsnitz ein Stück weit als interne Richtungsentscheidung interpretieren lassen.

Fokus auf Mittelstand

Denn vor allem bei denen, die in den vergangenen Monaten das Vorgehen der Bundesregierung mindestens kritisch gesehen haben, gilt der Bernsdorfer Roland Ermer als erste Wahl. Er sieht die CDU, unabhängig von der Asylpolitik, zu sehr nach links gerückt, bürgerliche Werte nicht mehr vollumfänglich vertreten. Ihm zugewandte Parteifreunde trauen dem 52-Jährigen zu, dass er diese Position mit Nachdruck im Parlament vertritt. Zugleich ist er mit seiner Ansage, den Mittelstand in Berlin wieder eine stärkere Stimme geben zu wollen, auch für Unternehmer interessant.

Ein anderes Auftreten erwarten Beobachter von Bogna Koreng. Die 51-Jährige war von Maria Michalk als ihre Nachfolgerin vorgeschlagen worden. Die scheidende Bundestagsabgeordnete stand bisher in einem vergleichsweise engen und guten Verhältnis zur Kanzlerin. Fernsehzuschauer kennen Bogna Koreng als Moderatorin des sorbischen MDR-Magazins „Wuhladko“.

Für viele Außenstehende unbekannt ist hingegen Peter Schierack. Innerhalb der CDU ist sein Gesicht jedoch den meisten vertraut. Er ist Beisitzer im Kreisvorstand. Der 48-Jährige arbeitet als Forscher im Bereich der Biotechnologie an der Brandenburgischen Technischen Universität in Senftenberg. Er pflegt die eher leisere Tonart. Der Wissenschaftler, der auf Lebensstationen rund um den Erdball verweisen kann, betont seine Weltoffenheit und fühlt sich zugleich in der Lausitz fest verwurzelt.

Keine klare Prognose

Bliebe noch Patricia Wissel. Die 41-Jährige sitzt bereits im Dresdner Landtag, will aber nach Berlin wechseln. Dort hatte sie als Büroleiterin des Dresdner CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Lämmel gearbeitet, bevor sie 2009 ins sächsische Parlament einzog. In der innerparteilichen Debatte ums Thema Asyl hielt Patricia Wissel sich öffentlich zurück. Beim Votum in Pulsnitz kann sie wohl vor allem auf die lokalen Verbände aus dem Oberland zählen.

Eine sichere Prognose über den Ausgang des Votums wagt allerdings niemand. Unter vorgehaltener Hand und aus dem Bauch heraus tippen einige auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen im zweiten Wahlgang zwischen Roland Ermer und Patricia Wissel. Kreisgeschäftsführer Thomas Israel verweist auf Einzelmeinungen: „Entscheidend ist, wie viele Stimmen am Ende jeder in der Wahlurne hat.“ Der Union sei es gelungen, vier Persönlichkeiten zur Wahl zu stellen.

Die Abstimmung findet direkt im Anschluss an einen Kreisparteitag statt. Dort will die CDU zunächst ihre Ideen und Konzepte für die Zukunft der Region beraten. Denkbar ist übrigens, dass sich bis kurz vor Beginn der Wahl noch weitere Bewerber melden. Mit abstimmen darf indes jedes anwesende Parteimitglied, das im Bundestagswahlkreis „Bautzen I“ wohnt. Der umfasst faktisch den gesamten Landkreis – mit Ausnahme der Ecke um Radeberg.

Mit Blick auf die bisherige Dominanz der CDU bei Bundestagswahlen in Sachsen galt eine Direktkandidatur für die CDU hierzulande stets als Ticket für den sicheren Einzug in den Bundestag. Der wird im Herbst 2017 neu gewählt. Bis dahin wird Maria Michalk im Amt bleiben. Ihren Abschied aus Berlin hatte die 66-Jährige mit familiären Gründen gerechtfertigt.