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Weißiger fühlen sich geadelt

Daniel Prinz von Sachsen weihte am Sonntag im Lampertswalder Ortsteil die Wettiner Straße ein.

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© Anne Hübschmann

Von Manfred Müller

Weißig. Die Einwohner des Dörfchens Weißig haben seit jeher ein Herz für die Wettiner. Im 19. Jahrhundert verfügte das sächsische Königshaus über Besitzungen im benachbarten Raschützwald. Förster und Waldarbeiter waren im Ort ansässig, und so profitierten auch die Bewohner von den wirtschaftlichen Aktivitäten des Adelsgeschlechts.

© Bildmontage/Anne Hübschmann

Am Dorfeingang befand sich bis in die 1950er Jahre hinein die sogenannte Wettiner Pflanzung, deren Hecken zu den Buchstaben A und H geformt waren – nach den Ahnherren Albert und Heinrich. Sie wurden über Jahrzehnte vom Weißiger Heinrich Mieth gepflegt.

Geschenk an Verärgerte

Im vorigen Jahr beschloss die Gemeinde Lampertswalde, die Straßennamen auf ihrem Territorium zu vereinheitlichen. Doppel- und Dreifachbenennungen sollten beseitigt werden, um Klarheit bei der Postzustellung und vor allem bei Rettungseinsätzen zu schaffen. Die Bezeichnungen „Hauptstraße“ und „Dorfstraße“ waren gleich mehrfach vorhanden und sorgten oft für Verwirrung. Viele Weißiger reagierten anfangs skeptisch.

Besonders die Bewohner der Dorfstraße sträubten sich gegen eine Umbenennung. Schließlich gelang es dem Ortschaftsrat aber, die Opponenten zu überzeugen. Am Sonntagvormittag bei der feierlichen Umbenennung der drei Straßen war das alles vergessen. Die Großenhainer Straße heißt künftig „Dreiberg“, die Dorfstraße „Weißiger Dorfstraße“ und die Hauptstraße „Wettiner Straße“. „So etwas gibt es nur einmal in einem Jahrhundert“, sagt Ortsvorsteherin Dana Wiedemann. „Deshalb war es uns wichtig, einen historischen Bezug zu finden.“

So wurde die Idee geboren, die Wettiner in einem Straßennamen zu verewigen. Dana Wiedemann nahm Kontakt zum Familienoberhaupt des Adelsgeschlechts auf, und Daniel Prinz von Sachsen erschien zur Einweihung. Er habe natürlich von den Besitzungen seiner Familie im Raschütz gewusst, sagt der Ururenkel von König Friedrich August III. Dass es in Weißig aber eine Wettiner Pflanzung gab, sei ihm erst von der Ortsvorsteherin mitgeteilt worden.

Daniel Prinz von Sachsen hat in Tharandt Forstwissenschaften studiert und bewirtschaftet seit einigen Jahren den Familienwald in Moritzburg. Der Forst am Raschütz gehört seit der Enteignung und Fürstenabfindung im Jahr 1924 nicht mehr zum Besitz der Wettiner. „Aber natürlich freue ich mich“, sagt Daniel Prinz von Sachsen, „dass die Erinnerung an seine Familie hier wach gehalten wird.“

Keine Kosten bei Adress-Änderung

Oliver Kube ist einer der Weißiger, die künftig auf der Wettiner Straße wohnen. „Heinrich Mieth, der die Pflanzung betreut hat, war mein Ururgroßvater“, erzählt er. „Er hat auf der heutigen Wettiner Straße gelebt – und so schließt sich gewissermaßen ein Kreis.“ Kube war mit 40 Dorfbewohnern zugegen, als Daniel Prinze zu Sachsen das neue Straßenschild enthüllte. Der feierliche Akt wurde standesgemäß zusammen mit einem uniformierten Großenhainer Husaren vollzogen.

Schließlich leistete Sachsenkönig Friedrich August im Regiment Nummer 18 der Röderstadt seinen Militärdienst ab und war dort zum Ehrenoberst ernannt worden. „Meine Mutter hat den König noch gesehen, als er auf einer Inspektion im Jahr 1912 durch Weißig kam“, sagt Ortschronistin Annelies Bennewitz. „Das war eine ihrer frühesten Kindheitserinnerungen, und sie hat immer ganz begeistert davon gesprochen.“

Die Weißiger durften sich durch den Besuch des Wettiner Familienoberhaupts gestern quasi geadelt fühlen. Nun allerdings kommen die ganz praktischen Konsequenzen der Umbenennungs-Aktion. „Bis die neuen Straßennamen überall angekommen sind – auch in der Software der Navigationssysteme – werden wohl noch einige Monate ins Land gehen“, sagt Lampertswaldes Bürgermeister Wolfgang Hoffmann.

Der Amts-Chef will sich beim Landkreis dafür stark machen, dass den betroffenen Weißigern wenigstens keine Kosten bei der Umschreibung der Kfz-Zulassung entstehen. Er habe aber bisher noch keine Rückmeldung aus Meißen. „Deshalb bitte nicht gleich morgen die Zulassungsstelle stürmen“, appelliert er an die Bürger.