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Wallrodas weißes Reh

2012 tauchte erstmals solch ein Tier im Arnsdorfer Ortsteil auf. Ein SZ-Leser verfolgte seitdem ein Ziel.

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© Werner Gräfe

Von Sylvia Gebauer

Eine Herde Rehe am Straßenrand. Ungewöhnlich ist es nicht, schon mehrfach gesehen. Doch SZ-Leser Werner Gräfe glaubte seinen Augen kaum zu trauen, unter den fünf Tieren war ein weißes Reh. Endlich. Im Jahr 2012 wurde solch ein Exemplar erstmals im Arnsdorfer Ortsteil Wallroda gesichtet. Werner Gräfe hatte von dessen Existenz immer nur aus der Zeitung erfahren. Ihm reicht das nicht, deshalb verfolgt der Rödertaler seit drei Jahren ein Ziel.

Glück gehört dazu

Es muss einfach alles passen, und ein bisschen Glück gehört auch dazu. Und genau das hatte SZ-Leser Werner Gräfe in dieser Woche. Mit seinem Auto fuhr er aus Richtung Kleinröhrsdorf nach Arnsdorf. Am Straßenrand stand die besagte Herde. „Seit drei Jahren habe ich auf den Augenblick gewartet, es zu fotografieren. Nun hat es endlich geklappt“, freut sich der Rödertaler. Gleich mehrmals drücke er auf den Auslöser. Jetzt hat er endlich die Beweisfotos für sein Fotoalbum. Und einige Wallrodaer haben auch solch einen Schnappschuss im Fotoalbum.

Den Anfang machte der Wallrodaer Dietmar Schutzeichel vor drei Jahren. Anfänglich glaubte er noch an eine optische Täuschung, schließlich lag Schnee, doch das Tier war echt. Ein Gendefekt sorgt für die weiße Fellfarbe, deshalb wird es als Albino-Reh bezeichnet. Auch in der Dresdner Heide wurden solche Rehe bereits gesichtet.

Unter Jägern gibt es einen Aberglauben

Im Februar 2013 sorgte wieder ein weißes Reh für Schlagzeilen. Es war in einen Verkehrsunfall verwickelt. Die 32-jährige Fahrerin konnte nicht mehr bremsen, mit ihrem Corsa prallte sie mit dem Tier zusammen. Die Verletzungen waren so schwer, dass es noch an der Unfallstelle verendete. Passiert war das auf der Straße zwischen Kleinröhrsdorf und Wallroda.

Viele glaubten, dass damit das letzte Kapitel in der Geschichte vom weißen Reh geschrieben ist, doch es kam anders. Bereits einen Monat später schoss eine Wallrodaerin ein Beweisfoto. Geknipst hatte es SZ-Leserin Christiane Arndt aus ihrem Wohnzimmerfenster. Viele schildern seitdem weitere Beobachtungen. Weiße Rehe fühlen sich offensichtlich im Rödertal wohl. Abschießen ist zwar nicht verboten, doch unter den Jägern gibt es einen alten Aberglauben. „Wer ein weißes Reh schießt, stirbt innerhalb eines Jahres - oder jemand aus der Familie des Jägers findet den Tod“, schildert Heiko Müller, Leiter des Dresdner Staatsforstbetriebs, nach der ersten Sichtung im Jahr 2012.

Weißes Reh schon vor 70 Jahren beobachtet

Übrigens reicht die Existenz eines weißen Rehs im Rödertal noch viel weiter zurück. SZ-Leserin Edeltraut Neuhäuser wurde im Ottendorfer Ortsteil Grünberg geboren. Hier wuchs sie auf, heute lebt sie in Kerpen, Rheinland-Pfalz. 2006 berichtete sie bereits unserer Zeitung von ihrem Kindheitserlebnis in Grünberg: „Ich kann mich zum Beispiel noch ganz genau an den Winter 1944/45 erinnern, da war auch ein weißes Reh auf den Feldern rings um Grünberg unterwegs.“ Edeltraut Neuhäuser war damals zwölf Jahre alt; die Familie lebte von der Landwirtschaft. „Und so hatten wir einige Ackerflächen, von denen uns das weiße Reh immer wieder die Rüben weggefressen hat …“ Das Ende des Tieres mit dem weißen Fell war ein gewaltsames; „die Russen haben das Reh dann im Frühjahr 1945 erschossen“, berichtete Edeltraut Neuhäuser.